Interview „Personalisierte Produkte sind ein klarer Wettbewerbsvorteil“

27 März, 2019

Industrieunternehmen arbeiten mit Nachdruck an der Entwicklung digitaler Produkte und Services. Das bedeutet auch: Die Produktentwicklung selbst muss digitaler werden. Was die Vorreiter dabei besser machen als ihre Wettbewerber, zeigt die jüngste PwC-Studie „Digital Product Development 2025: Agile, Collaborative, AI Driven and Customer Centric“. 

Dazu wurden 200 Industrieunternehmen zum digitalen Reifegrad ihrer Produktentwicklung befragt. Die wichtigsten Ergebnisse erläutert Dr. Reinhard Geissbauer, Partner bei PwC Deutschland und Leiter der Studie.

Die digitale Transformation der Industrie – häufig als Industrie 4.0 bezeichnet – schreitet immer weiter voran. Inwiefern betrifft das auch die Produktentwicklung?

Reinhard Geissbauer: Die Innovations- und Produktzyklen von Unternehmen haben sich in den letzten Jahren über fast alle Branchen dramatisch beschleunigt. Wer in dieser Situation den Anschluss nicht verlieren will, muss neue Produkte und Services schneller, effizienter und vor allem mit klarem Kundenfokus auf den Markt bringen können. Unsere Studie zeigt: Die Produktentwicklung mit digitalen Tools und Prozessen bringt hier eindeutig bessere Ergebnisse.

Eine grundlegende Anpassung von Prozessen erfordert in der Regel hohe Anschubinvestitionen…

Geissbauer: Das stimmt, aber große Investitionen sind nicht alleine entscheidend. Die Vorreiter der digitalen Transformation – wir nennen sie „Digital Champions“ – geben im Schnitt zwar mehr für Forschung und Entwicklung aus. Aber gleichzeitig bleibt die Mehrheit von Ihnen deutlich unter den Ausgaben der 1000 forschungsintensivsten Unternehmen weltweit. Wenn man die erwarteten Effizienzsteigerungen, schnellere Produkteinführungen und die generellen Kostenersparnisse hinzunimmt, spricht viel für die Digitalisierung der Produktentwicklung.

„Digitale Champions nutzen Datenanalysen und Künstliche Intelligenz schon jetzt um ihre Produkte und Dienstleistungen konsequent zu verbessern – und verschaffen sich so klare Wettbewerbsvorteile.“

Reinhard Geissbauer,Partner bei PwC Deutschland und Experte für Industrie 4.0

Was machen die digitalen Vorreiter denn besser als andere?

Geissbauer: Unsere Studie zeigt beispielsweise, dass vier von zehn Unternehmen schon heute Datenanalysen und Künstliche Intelligenz für die Produktentwicklung nutzen – allerdings eher ausschnitthaft. Die digitalen Vorreiter unterscheiden sich dadurch, dass sie digitale Tools und Fertigkeiten nicht nur häufiger, sondern auch konsequenter einsetzen. Dadurch generieren sie tiefere Erkenntnisse über Kundenbedürfnisse und können personalisierte, individuell anpassbare Produkte entwickeln – ein klarer Wettbewerbsvorteil.

Können Sie uns ein Beispiel geben?

Geissbauer: Das genaue Wissen um die Bedürfnisse der eigenen Kunden ist der Grundstein für die Entwicklung und Verfeinerung einer modularen Produktpalette. Digitale Champions können ihren Kunden auf diese Weise zum einen immer genau das Produkt liefern, das sie benötigen. Gleichzeitig halten sie den Engineering-Anteil der Individualisierung gering und können die personalisierten Produkte dadurch zu deutlich geringeren Kosten herstellen. Im Rahmen unserer Studie haben wir mit mehreren Unternehmen gesprochen, die diese Strategie bereits äußerst erfolgreich anwenden.

Mehr Daten bedeuten auch größere Risiken für die Cybersicherheit. Wie verhalten sich die Unternehmen bei diesem Thema?

Geissbauer: Laut unserer Studie bislang leider oft erschreckend nachlässig, das muss man so deutlich sagen: Ein Drittel der Unternehmen hat überhaupt keine standardisierten Sicherheitsmaßnahmen implementiert. Selbst die Vorreiter-Unternehmen haben noch Nachholbedarf. Aus dieser Situation ergeben sich nicht nur Sicherheitsrisiken, es ist auch aus Kostensicht eine verpasste Chance. Denn würden die Unternehmen ihre Risiken beispielsweise eindeutig clustern und priorisieren, könnten sie ihre Ressourcen viel effizienter einsetzen.

Der PwC-Experte zum Thema

Dr. Reinhard Geissbauer

Dr. Reinhard Geissbauer ist Partner bei PwC Deutschland und Leiter des globalen PwC Digital Operations Impact Center sowie des EMEA Industrie 4.0 Teams. Er hat mehr als 20 Jahre Industrie- und Beratungserfahrung. Sein Fokus liegt in den Bereichen Smart Factory, Integrated Supply Chain, Digital Product Development und Procurement 4.0.

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