Worin bestehen aus Sicht der in Deutschland aktiven Investor:innen derzeit die größten Risiken für ihre Portfoliounternehmen? Inwiefern beeinflussen Nachhaltigkeitsaspekte ihre Investitionsentscheidungen? Und wie hilfreich ist das Sustainabilityreporting von Unternehmen dabei?
Diese und weitere Fragen hat PwC insgesamt 345 Investor:innen weltweit gestellt. Davon investieren 102 auch oder ausschließlich in Unternehmen mit Sitz hierzulande. Die Ergebnisse sind in den Global Investor Survey 2023 von PwC eingeflossen. Er erscheint nun bereits zum dritten Mal in Folge. Dies sind die Ergebnisse für Deutschland.
Zunächst zu den Top-5-Risiken der nächsten zwölf Monate aus Sicht der in Deutschland aktiven Investor:innen: 49 Prozent von ihnen sahen in der Inflation die größte Bedrohung für ihre Portfoliounternehmen, mit 46 Prozent fast ebenso viele nannten die makroökonomische Volatilität. Für 41 Prozent ist der Klimawandel eine Schlüsselbedrohung. Auf den Plätzen vier und fünf landeten Cyberrisken (39 %) und geopolitische Konflikte (38 %). Vergleicht man die Werte mit den Vorjahreswerten, so fällt auf, dass sich Inflation und makroökonomische Volatilität verringert haben (65 % bzw. 57 %), wohingegen der Klimawandel um 22 Prozent gestiegen ist (19 %). Cyberrisiken und geopolitische Konflikte waren ungefähr auf dem gleichen Niveau in 2022.
Den Risiken stehen Chancen, also potenzielle Werttreiber, gegenüber: 67 Prozent nannten hier den technologischen Wandel und 56 Prozent veränderte Konsumentenpräferenzen. Den dritten Platz belegen die Chancen, die sich aus dem Klimawandel ergeben (54 %). Ebenfalls in die Top-5-Werttreiber kamen Aktivitäten von Wettbewerbern (45 %) und Regulatorik (44 %).
Ebenfalls entscheidend, um mehr Wertschöpfung zu erreichen, ist aus Sicht der Investor:innen künstliche Intelligenz (KI) schneller und stärker einzusetzen – 90 Prozent der Befragten äußerten sich so. Als Risiken, die mit dem KI-Einsatz verbunden sein können, nannten sie unzureichende Governanceprozesse und Kontrollen sowie die Datensicherheit (je 92 %). Auch Falschinformationen stellen aus ihrer Sicht ein nennenswertes Risiko dar (87 %).
Weitere Ergebnisse der Befragung lauten: Für 86 Prozent ist es mit Blick auf ihre Investmententscheidungen wichtig, wie Unternehmen mit Risiken und Chancen rund um Nachhaltigkeit umgehen. Bei den Bewertungsfaktoren spielt der Umgang mit dem Klimawandel ebenfalls eine große Rolle: 44 Prozent nannten diesen Aspekt – und damit fast ebenso häufig wie die Unternehmensführung (45 %). 68 Prozent der befragten Investor:innen haben eigenen Angaben zufolge sogar schon einmal ein Investment abgestoßen, weil das Unternehmen mit Blick auf Nachhaltigkeit nicht aktiv genug war. 71 Prozent zeigten sich bereit, dies in Zukunft zu tun.
Aber wie verlässlich empfinden die Investor:innen eigentlich die Nachhaltigkeitsberichte der Unternehmen? 98 Prozent konstatieren, dass das Sustainabilityreporting zumindest in gewissem Maße nicht untermauerte Behauptungen enthält. 40 Prozent nannten nicht untermauerte Behauptungen in großem Maße, 17 sogar in sehr großen Maße.
Besonders unzuverlässig sind nach Ansicht der Befragten Nachhaltigkeitsangaben, insbesondere mit Blick auf Umwelt- und Sozialbelange (85 % mindestens in mittlerem Ausmaß), gefolgt von anderen verbalen Formen der Berichterstattung (insgesamt 82 % mindestens mittleres Ausmaß) und Angaben zur Wesentlichkeitseinschätzung (insgesamt 81 % mindestens mittleres Ausmaß).
„Die Unternehmen bemühen sich erkennbar um eine konsistente Nachhaltigkeitsberichterstattung. Hier ist allerdings noch mehr möglich und nötig. Die Befragung zeigt, wie schon in den Jahren zuvor, wie groß das Bedürfnis der Investor:innen nach verlässlichen Nachhaltigkeitsinformationen ist.“
Angesichts der festgestellten Mängel in puncto Nachhaltigkeitsreporting ist es umso wichtiger, das Vertrauen in die berichteten Informationen zu erhöhen. Als eine der wichtigsten Maßnahmen, um dies zu erreichen, nannten 62 Prozent der Befragten die unabhängige Prüfung mit hinreichender Sicherheit („reasonable assurance“). Mit Blick auf ihre Prüfer:innen erachten Investor:innen Fachwissen bzw. Einbindung entsprechender Kollegen mit Fachwissen (90 %) und die Erfahrung mit der Prüfung komplexer Organisationen (86 %) als wichtig. Auch dass der Prüfer unabhängig ist, ethischen Standards unterliegt und im öffentlichen Interesse handelt, ist von großer Bedeutung (88 %).
Den veröffentlichten Nachhaltigkeitsinformationen würden Investor:innen eher vertrauen, wenn die Prüfer:innen sicherstellen könnten, dass die Berichterstattung vollständig den erforderlichen Standards und Anforderungen entspräche – dies sagten 73 Prozent der Befragten. Weitere 71 Prozent befürworten als Maßnahme, dass der Prüfer bestätige, dass die Gesellschaft auch tatsächlich das getan hat, was sie im Bericht angegeben hat.
„Investor:innen stellen an den Nachhaltigkeitsbericht ähnliche Anforderungen wie an den Konzern- bzw. Jahresabschluss. Dem Prüfer kommt somit beim Thema Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle zu.“
Dietmar Prümm,Mitglied der Geschäftsführung und Leiter Assurance bei PwC DeutschlandGlobal Investor Survey 2023
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Für die Studie hat PwC 345 Investor:innen, Asset Manager:innen und Analyst:innen in 43 Ländern befragt, davon 102 aus Deutschland. Unter den Befragten waren hauptsächlich institutionelle Anleger:innen mit einem breiten Spektrum an Assetklassen, Investitionsansätzen und Zeithorizonten. Das verwaltete Vermögen (Assets under Management) liegt zwischen 500 Millionen und einer Billion US-Dollar oder mehr.