Interview: „Unternehmen nutzen Transaktionen gezielt, um neue Produkte und Märkte zu erschließen“ 

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  • 21 Apr 2023

Ein Interview mit Samy Walleyo. Trotz Pandemie, Ukraine-Krieg und wirtschaftlichen Unsicherheiten haben viele Unternehmen ihre Fusionen und Übernahmen in den vergangenen drei Jahren ausgebaut. Die neue M&A Integration Study von PwC zeigt: Transaktionen, durch die sich Unternehmen Zugang zu neuen Produkten und Märkten verschaffen, finden auch trotz der volatilen Situation statt. Worauf es bei solchen transformativen Deals ankommt und wieso Technologien ein wichtiger Enabler für die Transformation sind, erläutert PwC-Experte Samy Walleyo im Interview.

Über Samy Walleyo: Samy Walleyo leitet seit 2018 den Bereich „Separation & Integration“ bei PwC Deutschland. Während seiner 25-jährigen Erfahrung in der Transaktionsberatung hat er unter anderem große internationale Integrations- und Carve-out-Projekte für DAX-Unternehmen und internationale Konzerne verantwortet.

Samy Walleyo - PwC Deutschland

Die vergangenen drei Jahre waren für Unternehmen relativ turbulent. Inwiefern hat sich dies auf die M&A-Aktivitäten ausgewirkt?

Samy Walleyo: Viele Unternehmen haben ihre M&A-Aktivitäten in den vergangenen drei Jahren ausgebaut – trotz Pandemie, Ukraine-Krieg und wirtschaftlichen Unsicherheiten – ebenso wie ihr Engagement bei der Integration von Zukäufen. 

Sie haben im Schnitt mehr Zeit, Energie und Geld in Transaktionen gesteckt und dabei größere Risiken in Kauf genommen, um Wert zu schaffen.

Im Trend liegen transformative Transaktionen: Firmen nutzen Deals gezielt, um ihre Organisation an die großen Umbrüche, die derzeit in vielen Branchen im Gange sind, anzupassen.

Woran liegt es, dass transformative Deals wieder im Aufwind sind?

Walleyo: Unternehmen agieren zunehmend in Märkten, die sich durch Technologien rasant verändern. Dazu kommen die Nachwirkungen der Pandemie sowie geopolitische und ökonomische Unsicherheiten.

In der Folge setzen CEOs auf transformative Transaktionen, um sich neu auszurichten und ihr Geschäftsmodell für den langfristigen Erfolg neu zu justieren. Derartige Anpassungen intern bzw. organisch, also ohne Transaktion durchzuführen, dauert häufig einfach zu lange.

Bei jedem zweiten Deal, den wir für unsere Studie analysiert haben, handelte es sich um eine transformative Transaktion, bei der die Erschließung neuer Produkte und Märkte im Fokus stand.

Können Sie dafür einige Beispiele nennen?

Walleyo: Zahlreiche Branchen stehen derzeit vor großen Veränderungen. Nehmen wir den Energiesektor, der durch die Energiewende und die damit verbundene Abkehr von fossilen Energien vor großen Umbrüchen steht.

Ähnlich sieht es in der Automobilbranche aus: Verbrenner werden im kommenden Jahrzehnt weitestgehend durch elektrische Fahrzeuge ersetzt werden müssen. Um diesen Wandel zu bewältigen und die Geschäftsmodelle entsprechend anzupassen, setzen viele Firmen auf Zukäufe oder auch Joint Ventures. So können sie die für die Transformation benötigten Produkte, Märkte und das erforderliche Know-how schnell aufbauen.

Ähnlich sieht es im Handel und der Konsumgüterindustrie aus. Um sich auf das veränderte Verhalten der Konsument:innen in Folge der Digitalisierung einzustellen, müssen sich die Unternehmen stark verändern. Dabei hilft die Übernahme von Firmen, die sich auf bestimmte Teilaspekte spezialisiert haben, etwa im Bereich Data Analytics oder Online-Handel.

PwC’s 2023 M&A Integration Survey

Companies are beginning to crack the code on how to make big, transformative deals successful: leveraging experience, early and sustained investment in integration, and a commitment to creating and implementing new long-term operating models.

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Wie gut gelingt es den Unternehmen, über solche Deals Wert zu schaffen?

Walleyo: Immer besser. Unsere Studie zeigt, dass Unternehmen bei vielen Kennzahlen, die den finanziellen, strategischen und operativen Erfolg einer Transaktion messen, im Vergleich zu 2020 besser abschneiden. Dennoch besteht bei fast allen Firmen, die wir analysiert haben, noch Verbesserungspotenzial - insbesondere bei der Art und Weise, wie sie Zukäufe integrieren, wie sie neue Betriebsmodelle entwickeln und Technologien einsetzen, um sich durch Transaktionen so zu verändern, wie der Markt es fordert.

Was ist die Formel, um transformative Deals zum Erfolg zu führen?

Clevere Deal-Maker nutzen große, transformative Fusionen und Übernahmen als Katalysatoren, um ihre Unternehmen für den zukünftigen Erfolg neu zu positionieren. Derartige Transaktionen dienen häufig als Beschleuniger dieser Veränderungsprozesse. Ohne Akquisitionen verlaufen solche Vorhaben häufig eher zäh oder nicht ausreichend „disruptiv“.

Walleyo: Aus meiner Sicht kommt es vor allem darauf an, im Zuge einer Transaktion neue und langfristig ausgerichtete Betriebsmodelle zu entwickeln und zu implementieren. Dazu gehört es, früh und vor allem nachhaltig in die Integration zu investieren. Das haben die meisten Deal-Maker verstanden: Die Mehrheit investiert mehr als sechs Prozent des Deal-Volumens in die Integration – das ist ein deutlicher Zuwachs seit 2019. Außerdem beginnen die meisten Unternehmen heute deutlich früher mit der Integration – meist schon während der Due-Diligence-Phase.

Was sind die konkreten Erfolgsfaktoren bei der Integration?

Walleyo: Einerseits hängt der Erfolg einer Fusion oder Übernahme stark davon ab, ob es gelingt, die Talente im Unternehmen zu halten. Dabei spielen finanzielle Anreize – etwa die Beteiligung am Unternehmen über Aktien oder auch direkte Zahlungen – eine ebenso wichtige Rolle wie nicht-finanzielle Anreize wie Karriereperspektiven und die Firmenkultur. Wichtig ist zudem ein gutes Change Management. Zentrale Treiber eines erfolgreichen Veränderungsmanagements sind die Kommunikation und das rasche Besetzen wichtiger Führungspositionen.

Der aktuell wichtigste Erfolgsfaktor der M&A-Integration ist aus meiner Sicht aber das Thema Technologie – sie ist meines Erachtens der zentrale Enabler für die Transformation.

Inwiefern?

Walleyo: Datenanalysen, maschinelles Lernen und andere innovative Technologien sind längst im Mainstream angekommen. Es ist deshalb kaum überraschend, dass der Zugang zu Technologien eines der wichtigsten Ziele darstellt, die Unternehmen aktuell mit einer Transaktion verfolgen: So geben fast drei von vier Befragten an, dass der Zugang zu neuen Technologien ein sehr wichtiges oder sogar das wichtigste Transaktionsziel darstellt. Und beinahe neun von zehn Befragten betrachten die technologischen Fähigkeiten des Zielunternehmens als Chance, um ihre eigene digitale Transformation zu beschleunigen.

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Samy Walleyo

Samy Walleyo

Partner, Delivering Deal Value Leader, PwC Germany

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