Ein Interview mit Axel Fohler, Partner im Bereich Deal-Advisory bei PwC Deutschland. Die Rolle der HR-Funktion wird im Zuge von M&A-Transaktionen häufig unterschätzt. Doch sie entscheidet häufig mit darüber, wie erfolgreich Deals sind. Wo personalbezogene Risiken lauern und wie sich Chancen optimal nutzen lassen.
Herr Fohler, welche Rolle spielt die Human-Ressources Funktion bei Transaktionen?
Axel Fohler: Eine sehr wichtige! Vielleicht ist sie sogar mit entscheidend, um Potentiale von Transaktionen auszuschöpfen und nachhaltig Vorteile aus der Umsetzung von Separationen, Carve-outs und der Integration von Unternehmen bzw. Unternehmensteilen zu schaffen. Schließlich steht und fällt der Erfolg und Mehrwert von Deals auch damit, inwiefern es gelingt, Mitarbeiter und Führungskräfte in den Transaktionsprozess in engagierter und motivierter Weise einzubinden und zu halten. Dabei geht es gemeinsam mit den Beschäftigten darum, die mit einer Transaktion verbundenen Lösungen und Ziele zu erreichen – zum Beispiel in Bezug auf Synergien, Umsatzsteigerungen, Bindung von Talenten, erforderlichen Transformationen oder Kostenreduktionen.
Welchen typischen Herausforderungen begegnen Ihnen diesbezüglich in der Praxis?
Fohler: Nun, zunächst ist es oft herausfordernd, das von den erfahrenen Mitarbeiter:innen abhängige Tagesgeschäft während einer Transaktion in demselben Maße wie vorher aufrechtzuerhalten.
Dann geht es darum, Schlüsselpersonal zu halten und in die Umsetzung der Deal-Aktivitäten effektiv einzubinden, organisatorische Veränderungen der Transaktion zu begleiten, Transformationen zu gestalten und auf mögliche Unsicherheiten in der Belegschaft frühzeitig einzugehen. All dies erfordert in der Regel besondere Anstrengungen auf Seiten von Personalabteilungen. Diese haben dann eine Doppelfunktion.
Inwiefern?
Fohler: Zum einen muss die HR-Funktion selbst integriert oder aus einem operierenden Unternehmen herausgelöst werden – dies betrifft das HR Betriebsmodell, HR Prozesse, Systeme und Applikationen sowie das eigene Personal. Und zum anderen muss sie die Unternehmensentwicklung und Deal-Teams bei allen transaktionsspezifischen Fragen rund um Mitarbeiter und Organisation unterstützen, also beispielsweise der Personalplanung und dem Personalbestand, den Verhandlungen mit Arbeitnehmervertretern, der Allokation und dem Transfer von Beschäftigten sowie der Anpassung von Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen. Das gleicht oft einem Spagat. Für die personenbezogenen Aspekte von Transaktionen einfache, aber effiziente und effektive Lösungen zu finden, ist also häufig mit großen Herausforderungen verbunden.
Wie kann die HR-Funktion denn dazu beitragen, die Transaktionsziele zu erreichen und den Wert von M&A-Deals zu steigern?
Fohler: Auch hier gibt es wieder zwei Seiten.
Sie muss in der Lage sein, Chancen zur Wertsteigerung durch eine Transaktion zu erkennen und integrierte Lösungen zu unterstützen sowie personalbezogene Risiken zu reduzieren.
Können Sie die drei größten dieser personalbezogenen Risiken nennen?
Fohler: Die Zielsetzungen einer Transaktion gehen ja häufig mit der Veränderung von Geschäftsmodellen und der Schaffung von Wertsteigerungen einher. Ein Risiko betrifft die erwartete finanzielle Performance.
Möglicherweise bleiben Chancen in Bezug auf finanzielle Ziele der Transaktion, Synergien oder Märkte ungenutzt, weil die Führungsebene nicht richtig abgestimmt ist oder divergente Ziele verfolgt. Oder Fachkräfte mit spezifischen Kenntnissen, Kompetenzen oder Kundenzugängen verlassen das Unternehmen, weil es den Verantwortlichen nicht gelungen ist, den Mehrwert der Transaktion überzeugend zu vermitteln. Manchmal fehlen auch Anreize, um von der Transaktion besonders betroffene Mitarbeiter:innen zu involvieren und zu motivieren.
Können Sie ein weiteres nennen?
Fohler: Ja, es betrifft die Organisationsstruktur. Manchmal unterstützt sie die Vision der Organisation, ihr Kosten- oder Betriebsmodelle sowie die Strategie nicht optimal. Auch Skalierungshürden kommen vor – zum Beispiel, wenn die HR-Funktion auf eine geografische Ausweitung nicht ausreichend vorbereitet ist.
Und worin besteht das dritte Hauptrisiko?
Fohler: Darin, die Business Continuity von Tag eins an zu gewährleisten, Kaufvertragsbedingungen zum Closing umzusetzen und den Veränderungsprozess der Organisation zu managen. Dazu gehören die vollständige Umsetzung von Mitarbeiterallokationen und -transfers, der rechtzeitige Abschluss aller Verhandlungen mit Arbeitnehmervertretern, ein zielgerichtetes Recruitment bei kritischen Vakanzen und möglichen Dissynergien, eventuell auch Restrukturierungsmaßnahmen oder die Einführung eines Retention Plans zur Bindung von Talenten und kritischen Kompetenzen. Hier spielt eine geeignete Kommunikation im Rahmen eines übergreifenden Change Programms eine durchaus wichtige Rolle bei zunehmend engeren Arbeitsmärkten. Und selbstverständlich eine funktionsfähige HR-Organisation an Tag 1 inkl. aller relevanten operativen Prozesse, Systeme und Applikationen. Eines möchte ich aber betonen.
Woran denken Sie?
Fohler: In all den genannten Risiken stecken zugleich zahlreiche Chancen, mit denen sich der Mehrwert von Transaktionen heben lässt. Als sinnvoll hat es sich erwiesen, Deals mit erfahrenen, interdisziplinären Teams ganzheitlich anzugehen, einschließlich aller Aspekte rund um komplexe Transaktionsprozesse und Organisationsstrukturen, die Bindung der Beschäftigten und Führungskräfte, aber auch das in die Transaktion passende Betriebsmodell für die HR-Funktion.
So ist es unser Anspruch, unsere Kunden entlang des gesamten Deal Zyklus passgenau in ihren Transaktionen zu begleiten, indem wir breite HR Transaktionsexpertise für Mitarbeiter, Organisation und HR Funktion mit tiefgreifender Expertise im Bereich HR Transformation, Arbeitsrecht, Change & Kommunikation oder Pensionen kombinieren. Dann können auch komplexe M&A-Transaktionen gelingen und von Tag 1 an Mehrwert generieren.
Unterstützung der Geschäftskontinuität während der Separation / Integration
Separation oder Integration der HR-Funktion