31 Mai, 2022
Um erfolgreich zu bleiben, müssen Energieversorgungsunternehmen (EVUs) sich fragen, ob ihre Strategien, Geschäftsmodelle, Kompetenzen, Prozesse und Strukturen zukunftstauglich sind. Dabei lohnen Blicke zu Technologie-, Plattform- und Ökosystempionieren wie Amazon, Apple, Tesla und Co – auch, weil Unternehmen wie diese sowohl neue Wettbewerber, als auch potenzielle Kooperationspartner etablierter EVUs sind. Im Energiemarkt der Zukunft sollten EVUs in branchenübergreifenden Business-Ökosystemen agieren. Denn das Energiesystem von morgen ist integriert.
Wie könnte ein modernes Business-Ökosystem für Ihr EVU aussehen? Sollte es ein eigenes aufbauen – oder bestehenden Ökosystemen beitreten? Und welche Geschäftsmodelle kommen dabei für Ihr Unternehmen infrage? Und wo setzen Sie auf bewährte Modell, wo wagt man den Schritt in ein neues?
Die PwC-Studie „Die Zukunft der Energieversorger sind Business-Ökosysteme. Mit dem Ecosystemizer-Ansatz in die Energiewirtschaft von morgen starten“ führt Sie in die Welt der Business-Ökosysteme ein. Als Fallbeispiel – nach einer grundlegenden Einführung – haben die Studienautoren dekarbonisierte Wärme gewählt.
Ihr Experte für Fragen
Alexander Rösch
Lead Ökosystem Expert Hub bei PwC Deutschland
Tel.: +49 173 7067401
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Ob die deutschen EVUs auch künftig erfolgreich sind, hängt wesentlich davon ab, ob sie mehrdimensional agieren – in sich ständig wandelnden, branchenübergreifenden Business-Ökosystemen. Die Mehrheit der Entscheider:innen in EVUs sieht dies ebenso, belegen Umfragen. Sie möchten deshalb eigene digitale Plattformen – das Energie-Ökosystem in diesem Kontext holistisch zu berücksichtigen ist dabei aus unserer Sicht essentiell.
Plattformmodelle eröffnen riesige Chancen – und sind zugleich riskant. Insbesondere klassische Energieanbieter müssen damit rechnen, dass ihnen disruptive Kräfte die bislang zum Teil immer noch stark sprudelnden Umsatzquellen streitig machen. Die Grenzen zu anderen Branchen – beispielsweise zum Mobilitäts- oder Immobiliensektor – sind bereits fließend geworden. Beispiele dafür sind die sich dynamisch entwickelnden Stromladesäulen-Infrastruktur und das Smart-Home-Business mit seinen neuen, intelligenten Heizkörperthermostaten.
Mit den richtigen Strategien können EVUs die Grenzen ihres klassischen Kerngeschäfts einfacher überschreiten und für ihre Kunden wertstiftende, integrierte und profitable Angebote schaffen. PwC unterstützt Sie von der Entwicklung bis zur Umsetzung Ihrer Ökosystem-Strategien.
Was ist ein Business-Ökosystem? Wir von PwC definieren den Begriff wie unser wissenschaftlicher Kooperationspartner für dieses Thema: Julian Kawohl, Professor für Strategisches Management an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin, hat es in seinem im März 2022 erschienenen Buch „Ecosystemize Your Business“ so formuliert: Ein Business-Ökosystem vereint eine weitgehend unabhängige, dynamische Gruppe von Akteuren, die sich gegenseitig ergänzen, um miteinander verbundene Angebote für ihre Kunden zu schaffen. Die einzelnen Angebote dieser Akteure sind mehr Wert, wenn die Kunden sie integriert nutzen. Das ultimative Ziel eines Ökosystems ist, grundlegende menschliche Bedürfnisse zu entdecken, zu adressieren und zu erfüllen.
Wenn das funktioniert, ermöglichen Ökosysteme hohe Wertschöpfungen mit integrierten Erfahrungen. Und ihr Gesamtnutzen ist höher als die Summe der Einzelleistungen der im System agierenden Unternehmen (1 + 1 = 3). Allerdings funktionieren Business-Ökosysteme nur, wenn sie jeweils auf einer Plattform aufgebaut sind. Sie sind eine Weiterentwicklung traditioneller Plattformkonzepte.
Traditionelle Plattformen sind meist hierarchisch strukturiert. Anbieter digitaler Plattformen kontrollieren sie und verantworten ihre Qualität. Eine Plattform braucht nicht zwingend ein Ökosystem, um zu funktionieren. Wesentliche Vorteile von Plattformen sind:
Erfolgreiche, darauf aufbauende Business-Ökosysteme bieten zusätzlich folgende Vorteile:
Die Kundenzentrierung in modernen Ökosystemen ist kompromisslos. PwC orientiert sich in seiner Beratungspraxis am „Ecosystemizer“-Ansatz von Prof. Dr. Julian Kawohl, die eine ganz neue Perspektive auf grundlegende Unternehmensfunktionen und -strukturen impliziert: hin zur ökosystemorientierten Sicht auf interne Prozesse, Mitarbeiter:innen, Produkte, Services, Geschäftsmodelle, Monetarisierungsstrategien und Kooperationsformen. Dabei geht es um nicht weniger als ein neues Paradigma: „Ecosystem-to-Human“ (E2H). Es ist die nächste Evolutionsstufe der Unternehmensfokussierungen nach B2C (Business-to-Consumer) und B2B (Business-to-Business).
E2H braucht ein Betriebsmodell, das auf einer kollektiven, statt auf einer Einzelidentität basiert. Und es erfordert die Konzentration auf menschliche, kundenorientierte, statt auf egozentrierte, funktionale Bedürfnisse von Unternehmen.
Diese radikal nutzerzentrierte Perspektive haben zuerst frühere B2C-Unternehmen wie Apple, Tesla und Amazon eingenommen. Bereits vor etlichen Jahren verstanden sie, dass sie eine direkte Beziehung zu ihren Kund:innen haben – und dass sie für alle Lebensbereiche der Menschen umfassende Fragen beantworten müssen:
Wenn Unternehmen sich von einem B (für „Business“) zu einem E (für „Ecosystem“) wandeln, fragen sie sich:
Die Antworten darauf sind ganzheitlich, also auch branchenübergreifend und komplexer als bisher, bringen jedoch größere Effizienzgewinne. Digitalisierung hilft dabei. Antworten auf solche Fragen finden EVU mit PwC- bzw. Ecosystemizer-Unterstützung.
Auch Wärmeversorger müssen sich in Ökosysteme hineintransformieren. Welche Positionierungen und Geschäftsmodellerweiterungen hierbei möglich sind, vermitteln die Studienautoren anhand eines anonymisierten Beispiels aus der PwC-Beratungspraxis mit dem Ecosystemizer.
Ergänzend dazu erläutern zwei Unternehmensvertreter in Interviews die Ökosystemansätze ihrer Unternehmen:
Der Finanzvorstand der Vattenfall Wärme Berlin AG, Stefan Hadré, erläutert, wie Vattenfall innerhalb einer Generation ein fossilfreies Leben ermöglichen will, welche Leuchtturmprojekte zur Dekarbonisierung von Wärme dazu beitragen, warum Geopolitik zurzeit ein Innovationstreiber ist und welche sektorenübergreifenden Lösungen stark gestiegene Energie- und Rohstoffpreise erfordern.
Und Norbert Neuhaus, Leiter des Vertriebs an Energieversorger und Energiedienstleister beim Heiztechnologiespezialisten Viessmann, erzählt, wie das Familienunternehmen eigene und andere Business-Ökosysteme nutzt, um seinen Vertrieb zu transformieren, wie Viessmann-Ökosysteme funktionieren und welche Vorteile sie bieten.
Wenn man den dekarbonisierten Wärmemarkt von heute auf der Ecosystem Strategy Map (ESM) des Ecosystemizers veranschaulicht, wird klar: die Durchdringung des Angebots ist aktuell noch Mangelware. Die wesentlichen Technologien in diesem Umfeld wie beispielsweise Wasserstoff/ Brennstoffzellen, Wärmepumpen, Biomasse oder Abwärme sind technisch verfügbar, aber noch nicht in der Breite etabliert. Die Abbildung zeigt, dass selbst in den Lebensbereichen „Living“ und „Work“ ihr Anteil im Jahr 2022 noch gering ist, da EVUs entweder noch auf fossile Energieträger setzen (müssen) – oder Konsument:innen neue Zieltechnologien wie die Wärmepumpe noch nicht konsequent mit nachhaltigem Strom betreiben.
Geeignete Technologien für dekarbonisierte Wärme sind also verfügbar und grundsätzlich einsatzfähig. Sie sind aber noch nicht vollumfänglich operationalisiert. Doch bei allen bisherigen Defiziten steht auch fest: Der Anfang ist gemacht. Für das Jahr 2030 erwarten wir ein deutlich umfassenderes Leistungsangebot im Zusammenhang mit dekarbonisierter Wärme. Dies veranschaulicht auch die ESM der Zukunft (siehe Grafik). Die Kapazitäten für „grünen“ Strom und „grünen“ Wasserstoff werden erweitert. Mitunter wird der Wärmemarkt durch die Elektrifizierung stärker mit dem Strommarkt verknüpft.
EVUs werden künftig stärker das Potenzial haben, als Realiser die Endkund:innen-Bedarfe in zahlreichen weiteren Lebensbereichen aufzugreifen und ihre BusinessModelle danach auszurichten. So kann dekarbonisierte Wärme beispielsweise auch im Bereich Mobility relevanter werden, da in Elektrofahrzeugen künftig (analog zum Antriebsstrang) Wärme elektrisch bereitgestellt wird.
Daneben wird „grüne“ Wärme stärker eine „Super-Enabler“-Rolle einnehmen. Das heißt, Unternehmen werden als B2B-Versorger in allen Lebensbereichen auftreten.
Unternehmen können mit der ESM auch strategische Szenarien analysieren, um neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. In der Studie sind drei Beispiele genannt, u.a. die Konvergenz mit dem Mobilitätsbereich, integrierte Wärmeangebote durch neue Marktakteure sowie das Angebot von (Ab-)Wärmequellen durch Industrieakteure.
Im letzten Kapitel werden die Implikationen für die verschiedenen Akteure aufgezeigt. Eine Aussage lässt sich dabei vorwegnehmen: EVU und andere Unternehmen müssen im Wärmemarkt die Verfügbarkeit von dekarbonisierter Wärme zügig erhöhen. Der Ecosystemizer-Ansatz kann dabei helfen, und PwC begleitet Sie auf diesem Weg.
Der Leitfaden für die erfolgreiche Transformation von Unternehmen in die Welt moderner, digitaler Business-Ökosysteme
Die Wissenschaftler Prof. Dr. Julian Kawohl (HTW Berlin) und Dr. Denis Krechting (RWTH Aachen) haben einen anschaulichen, kurzweiligen und maximal praxistauglichen Leitfaden für die Positionierung in Business-Ökosystemen entwickelt. Wir empfehlen die Lektüre, weil der darin vermittelte „Ecosystemizer“-Ansatz aus unserer Sicht derzeit der beste wissenschaftlich fundierte Ansatz zum Thema ist. PwC berät EVU und andere Unternehmen nach diesem Ansatz auf ihrem Weg in neue und bestehende Ökosysteme. Die oben verlinkte Publikation erhöht Ihr Verständnis dafür.
„Der Ecosystemizer-Ansatz unterstützt Unternehmen dabei, die eigene Position in Ökosystemen besser zu verstehen, systemtaugliche Geschäftsmodelle zu entwickeln und Ökosysteme strategisch als Wachstumstreiber zu nutzen.“