Ihr Experte für Fragen
Uwe Rittmann
Leiter Familienunternehmen und Mittelstand bei PwC Deutschland
E-Mail
Der energieintensive Mittelstand in Deutschland steht unter enormen Druck. Die 7.000 Einzelunternehmen mit 2,1 Millionen Mitarbeitenden in den Sektoren wie Chemie, Glas, Metall oder Papier kämpfen mit zahlreichen Herausforderungen und sind gleichzeitig Innovations- und Wachstumstreiber der deutschen Industrie. Die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Standortes hat besonders für diese Branchen in den letzten Jahren stark gelitten. Denn stark gestiegene, volatile Energie- und Rohstoffkosten, zunehmende Bürokratie, stagnierende Produktivität setzen dem Sektor zu. Anders als große Konzerne kann und will der Mittelstand diesen Herausforderungen nicht mit Verlagerungen ins Ausland begegnen.
Der Mittelstand muss in dieser Lage stärker Gehör finden. Dazu haben die PwC/Strategy&-Expert:innen die Situation der Mittelständler am Standort Deutschland, den (inter)nationalen Investitionsfokus und die Handlungsoptionen aus Sicht der Unternehmen basierend auf über 300 Befragungen und individuellen Interviews analysiert.
Diese Analyse zeigt auf, wo die größten Herausforderungen des energieintensiven Mittelstandes liegen, wie die Unternehmen aktuell reagieren und wo Unternehmen und Politik ansetzen sollten, um das Rückgrat der deutschen Wirtschaft zu erhalten und zu stärken.
„In unseren Gesprächen berichten viele Mittelständler, dass sie überlegen aufzuhören. Teilweise geht das über reine Überlegungen hinaus und es laufen bereits aktive Entscheidungsprozesse.“
Während die energieintensiven Industrien global stark wachsen, ist der deutsche Rückgang einzigartig. Laut unseren Studienergebnissen attestiert der energieintensive Mittelstand dem Standort Deutschland in den vergangen fünf Jahren eine deutliche Verschlechterung der Standortattraktivität. Im internationalen Kontext bildet Deutschland hier das klare Schlusslicht. Stark gestiegene Energie- und Rohstoffkosten, der stetig zunehmende Fachkräftemangel bei stagnierender Produktivität und mangelnde Planungssicherheit setzen den Unternehmen zu.
„Energie in China oder den USA ist nicht nur günstiger, sondern auch deutlich leichter grün zu bekommen als in Deutschland.“
Die Unternehmen sehen sich einer so existenzbedrohenden Lage konfrontiert, dass die wichtigen Themen der letzten Jahre wie ESG-Regularien an das Ende der Prioritätenliste gerutscht sind.
Obwohl die Unternehmen die Attraktivität des Standorts Deutschland schwach bewerten und pessimistisch in die Zukunft blicken, ziehen aktuell nur 15 % der Befragten eine Produktionsverlagerung aus Deutschland ins Ausland in Erwägung. Ist dies ein Zeichen für Entwarnung? Nein, eher im Gegenteil. Die Hemmschwellen für mittelständische Unternehmen ins Ausland abzuwandern sind schlichtweg höher. Die Gründe dafür sind vielfältig: In der angespannten Lage fehlt zum einen das Kapital, zum anderen sind die regionalen Verflechtungen mit Lieferanten und Kunden sehr eng. Viele Unternehmen sind zudem nicht international ausgerichtet und besonders für kleinere Unternehmen ist mit einer großen Auslandsinvestition ein immenses Risiko verbunden. Zusätzlich wollen viele Familienunternehmen ihre Heimat schlichtweg nicht verlassen.
Wir haben die Entscheider:innen mittelständischer Unternehmen befragt, wie relevant, aber auch risikoreich sie die folgenden strategischen Handlungsoptionen einschätzen. Je nach Branche ergeben sich unterschiedliche Schwerpunkte der strategischen Ausrichtung. Bei einem sind sich die meisten Unternehmen allerdings einig: Die Potenziale zur Kostensenkung und Optimierung sind bereits weitgehend ausgeschöpft. Kostenoptimierte Produktion ist seit jeher Alltag im deutschen Mittelstand. Die Studie zeigt, wo die Entscheider der einzelnen Branchen ihren Schwerpunkt setzen und analysieren welche Potenziale sich für die Unternehmen eröffnen.
Unternehmen und Politik müssen jetzt handeln, um das Rückgrat der deutschen Industrie zu stärken, die tiefliegenden, strukturellen Probleme des Sektors anzugehen und die Deindustrialisierung am Standort Deutschland aufzuhalten. Dazu zeigen wir in dieser Studie Handlungsoptionen und Empfehlungen für den Weg aus der Krise auf.
„Der energieintensive Mittelstand steht vor großen Herausforderungen. Unsere Studie benennt die aktuellen Problemfelder aus der Sicht der Unternehmen und zeigt mögliche Handlungsoptionen auf.“
Sebastian Hock,Director bei Strategy& DeutschlandEnergieintensiver Mittelstand in Deutschland
Kontaktieren Sie unsere Experten
In unserer Studie haben wir analysiert, inwiefern sich die Attraktivität des Standorts Deutschland im internationalen Vergleich verändert hat. Zudem haben wir Strategien und Investitionsentscheidungen des energieintensiven Mittelstandes untersucht. Damit wollen wir einen sachlichen Beitrag in einer zuweilen hitzig geführten Debatte leisten und Handlungsoptionen sowie mögliche Lösungswege aufzeigen, mit denen sich die aktuellen Krisen bewältigen lassen könnten.
Wir haben, basierend auf Recherchen und Analysen zwischen Dezember 2023 und Mai 2024, 300 Führungskräfte deutscher energieintensiver Mittelständler durch einen Fragebogen befragt. Im Anschluss haben wir individuelle Interviews mit wichtigen Entscheidungsträgern ausgewählter Unternehmen geführt.