PwC-Whitepaper: Strombeschaffung wird strategische Aufgabe

Grünen Strom wirtschaftlich, sicher und nachhaltig beschaffen

Zwei Männer planen Projekt zu erneuerbaren Energien
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  • 11 Mrz 2025

Strom kommt günstig und zuverlässig – über viele Jahrzehnte reichte dies den meisten Unternehmen, vereinfacht gesagt, als Strombeschaffungsstrategie aus. Doch die Zeiten haben sich geändert: Vor allem die Energiekrise, die der völkerrechtswidrige russische Angriff auf die Ukraine im Jahr 2022 verschärfte, hat gezeigt, dass ein sicherer Zugang zu bezahlbarem Strom nicht mehr selbstverständlich ist.

Hinzu kommt, dass Unternehmen aufgrund der Klimaziele und anderer Nachhaltigkeitsanforderungen – nicht zuletzt von Seiten ihrer Stakeholder – Strom beschaffen müssen, der auch nachhaltig erzeugt ist.

Wie können Unternehmen diese komplexe Aufgabe angehen und ihre Strombeschaffung auf den Dreiklang Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit und Verlässlichkeit ausrichten? Die wichtigsten Prinzipien und Modelle für die Umsetzung einer zeitgemäßen Strombeschaffungsstrategie erfahren Sie im Folgenden.

Das Wichtigste
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  • Die Energiebeschaffung hat für Unternehmen heutzutage strategische Relevanz – doch der Status quo dieser Funktion wird ihrer neuen Bedeutung in vielen Fällen noch nicht gerecht. Denn bisher kümmerten sich in den meisten Unternehmen die Einkaufsabteilungen mehr oder weniger „nebenbei“ um die Energiebeschaffung: operativ, nicht strategisch.
  • Um den gestiegenen Anforderungen zu entsprechen, müssen Unternehmen ihre Energiebeschaffung neu organisieren.

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Am Anfang steht die Strategie

Auf den Punkt gebracht: Energie muss heute zur Chefsache werden. Der Stromeinkauf sollte Gegenstand einer Energiestrategie sein, die eng mit der Nachhaltigkeits-, der Einkaufs- und der allgemeinen Geschäftsstrategie verzahnt ist. Sie sollte kurz-, mittel- und langfristige Handlungsoptionen für Energiebeschaffung und -verbrauch formulieren, um eine nachhaltige, wirtschaftliche und zuverlässige Stromversorgung sicherzustellen.

Ein sinnvoller Ausgangspunkt für die strategischen Überlegungen ist der Stromverbrauch: Wo schlummern beispielsweise Einsparpotenziale? Denn der günstigste Strom ist der, der gar nicht erst verbraucht wird. Wichtig ist zudem, an diesem Punkt die Potenziale von Eigenversorgung zu identifizieren. Bei der Strombeschaffung im engeren Sinne sollten die Unternehmen prüfen, inwieweit sie ihren Verbrauch an die Marktentwicklung anpassen können – das sogenannte Demand Side Management.

Die Strategie sollte dabei stets berücksichtigen, dass die gewählten Maßnahmen nicht nur wirtschaftlich sind, sondern auch die Zuverlässigkeit und die Nachhaltigkeit der Strombeschaffung verbessern. Deshalb nehmen gute Strombeschaffungsstrategien verschiedene Szenarien in den Blick, etwa was die geopolitische Entwicklung angeht.

Zwischen Eigen- und Fremdverantwortung

Angesichts der komplexen Herausforderungen führt mehr als ein Weg zum Ziel. So kann es für ein Unternehmen sinnvoll sein, eine eigene Tochtergesellschaft für Stromerzeugung und -handel zu gründen, während die beste Option für ein anderes Unternehmen die Vollversorgung durch einen regionalen Erzeuger ist. Für die meisten Unternehmen wird die optimale Lösung ein Mittelweg sein, der Eigen- und Fremdverantwortung für die Beschaffung kombiniert.

Wie auch immer der gewählte Weg aussieht – wichtig ist, dass er Resultat einer strategischen Analyse ist. Übrigens: Funktionieren kann eine solche Analyse nur auf Grundlage verlässlicher Daten. Unternehmen sollten Stromverbrauch und -beschaffung daher gründlich monitoren.

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Prinzipien einer zeitgemäßen Strombeschaffung

Um die oben dargestellten Veränderungen in der Strombeschaffung umzusetzen, sollten Unternehmen die folgenden Prinzipien berücksichtigen:

  • Unternehmen sollten mit der Strombeschaffung verbundene Risiken analysieren und quantifizieren: etwa Versorgungs-, Preis- oder Reputationsrisiken. Anschließend können sie die identifizierten Risiken diversifizieren, zum Beispiel indem sie im Stromhandel verschiedene Handelswege und Vertragspartner suchen.
  • Wer an den Strommärkten aktiver agiert, kann zügiger auf Preisschwankungen eingehen. Unternehmen sollten ihr Stromportfolio also aktiv managen. Dafür müssen sie Marktperformance, Stromangebot und die eigenen Strominfrastrukturen gründlich monitoren.
  • Unternehmen sollten möglicherweise auch auf neue Strategien und Betriebsmodelle setzen, etwa Power Purchase Agreements (PPAs) für grünen Strom oder den Handel mit Herkunftsnachweisen (HKN). Häufig ist es auch sinnvoll, eigene Assets wie Photovoltaikanlagen zu nutzen. Zudem sollten sie neue Kooperationspartner wie Energiedienstleister oder Erzeuger grünen Stroms in ihre Überlegungen einbeziehen.
  • Die gestiegene Bedeutung der Strombeschaffung erfordert ein neues Rollenverständnis und häufig auch neue Fähigkeiten von den verantwortlichen Mitarbeiter:innen. Um sie darauf vorzubereiten, sollten das Unternehmen ihnen Trainings und Coachings anbieten und den Prozess mit einem Change Management begleiten. Einen möglichen höheren Personalbedarf in der Strombeschaffung sollten sie angesichts des Fachkräftemangels frühzeitig antizipieren.
  • Bestehende Stromlieferanten sollten Unternehmen frühzeitig in den Veränderungsprozess einbeziehen. Zu prüfen ist außerdem, inwieweit die beachsichtige Neuausrichtung mit den bestehenden Verträgen kompatibel ist.

Modelle für die strategische Strombeschaffung

Herkunftsnachweise beschaffen

Anlagenbetreiber, die grünen Strom erzeugen, können sich dafür sogenannte Herkunftsnachweise (HKN) ausstellen lassen und mit diesen handeln. Unternehmen können HKN zusätzlich zum beschafften Strom erwerben und diesen damit unabhängig vom physikalischen Strommix als nachhaltig deklarieren. Da HKN sich nur einmal entwerten lassen, kann grüner Strom mit ihnen nicht missbräuchlich mehrfach verwendet werden. Wer HKN nutzen will, sollte sich allerdings mit möglichen Reputationsrisiken, die insbesondere aus Greenwashing-Vorwürfen resultieren können, auseinandersetzen.

„Unternehmen müssen den Stromeinkauf als strategische und nicht mehr nur als operative Aufgabe verstehen. In vielen Fällen bedeutet das, die Energiebeschaffung grundlegend neu zu organisieren.“

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