Nachhaltige Fonds im Aufwind

PwC-Studie 2021: The state of ESG disclosure in­ Asset & Wealth Management­ – From fund issuer to end investor

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Martin Weirich
Partner, AWM Consulting, ESG AWM Lead bei PwC Deutschland
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Bereits ein Drittel des europäischen Fondsvermögens als nachhaltig klassifiziert

Das Angebot an Fonds für Anleger, die Wert auf umweltbezogene und soziale Aspekte sowie eine gute Unternehmensführung (ESG) legen, ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Mittlerweile ist fast ein Drittel (32 Prozent) des gesamten europäischen Fondsvermögens als nachhaltig im Sinne von Artikel 8 oder 9 der Offenlegungsverordnung eingestuft. Treiber für das wachsende Angebot „grüner“ Fonds ist nicht nur die Regulierung, sondern auch der Wunsch der Anleger nach mehr Nachhaltigkeit bei Finanzprodukten.

Seit Inkrafttreten der EU-Offenlegungsverordnung im März 2021 haben viele Asset Manager ihre Fonds überarbeitet oder komplett neue Fonds aufgelegt, die als Artikel 8 oder 9 eingestuft werden. Dieser Anteil wird in den kommenden Monaten weiter steigen, denn auch der Druck seitens der Anleger nach nachhaltigen Finanzprodukten nimmt stetig zu.

Die Studie im Überblick

Der Anteil grüner Finanzprodukte wird weiter steigen 

Bereits knapp ein Viertel (22 Prozent) aller Fonds auf dem europäischen Fondsmarkt und fast ein Drittel (32 Prozent) des gesamten europäischen Fondsvermögens sind nach Artikel 8 oder 9 der Offenlegungsverordnung klassifiziert. Bei der Einstufung der Fonds gehen die Asset Manager jedoch noch sehr unterschiedlich vor.

Die Klassifizierung nach Art. 8 oder 9 stellt kein formales ESG-Label dar, und das bevorstehende Inkrafttreten der erweiterten MiFID II-Anforderungen zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden im Vertrieb sorgt für weitere Komplexität. Insbesondere könnten Reputationsrisiken entstehen, wenn beispielsweise Art. 8 Produkte unter MiFID II nicht geeignet sind, um die Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden zu bedienen.

Der Trend zu grünen Finanzprodukten wird sich fortsetzen, so auch die Einschätzung der Finanzberater: 56 Prozent rechnen in den kommenden beiden Jahren mit einem starken Anstieg (um mehr als 50 Prozent) von Produkten, die Artikel 8 oder 9 der Offenlegungsverordnung erfüllen. In der Konsequenz wollen 27 Prozent der befragten Fondsvertreiber den Verkauf konventioneller Produkte ohne Referenz auf ESG-Themen komplett einstellen.

Zur Sustainable Finance Disclosure Regulation

Im März 2021 trat die Sustainable Finance Disclosure Regulation, kurz SFDR, in Kraft. Ziel dieser sogenannten Offenlegungsverordnung ist es, die Transparenz zu Nachhaltigkeitsauswirkungen und -risiken in der Finanzindustrie zu erhöhen. Teil der Regulierung ist die Einteilung von Fonds in Kategorien: Nicht-nachhaltige Finanzprodukte fallen unter Artikel 6 der Verordnung. Als Artikel 8 klassifizierte Angebote bewerben unter anderem ökologische oder soziale Merkmale. Anlageprodukte, die als Artikel 9 eingestuft werden, müssen explizit ein nachhaltiges Investitionsziel verfolgen.

Nachhaltigkeit kein Trend, sondern langfristiger Systemwechsel

Der Druck zu nachhaltigen Finanzprodukten kommt dabei auch von den Kunden: Eine klare Mehrheit (89 Prozent) der Verbraucher ist der Meinung, dass Maßnahmen zur Umsetzung von Nachhaltigkeit keinen kurzfristigen Trend darstellen, sondern einen langfristigen Systemwechsel. 9 von 10 Befragten finden, dass auch die Finanzbranche einen Beitrag zu Nachhaltigkeit leisten kann – sei es bei der Bekämpfung des Klimawandels oder beim Kampf gegen Armut.

Finanzdienstleister werden als wichtiger Treiber für Nachhaltigkeitsthemen gesehen und tragen deshalb eine große Verantwortung. Entsprechend müssen sie aktiv daran arbeiten, Nachhaltigkeit transparent in ihren Angeboten zu verankern.

Anleger fordern mehr Engagement in Sachen Nachhaltigkeit

Viele Kunden haben jedoch den Eindruck, dass das Engagement der Branche in diesem Bereich noch zu wünschen übrig lässt: Nur ein Drittel der Umfrageteilnehmer:innen sind der Meinung, dass sich ihr Finanzinstitut ausreichend für Nachhaltigkeit einsetzt.

Zudem fordern die Anleger mehr Transparenz und genügend Auswahlmöglichkeiten, um überhaupt in nachhaltige Finanzprodukte investieren zu können. Eine klare Mehrheit der Befragten spricht sich dafür aus, dass mindestens die Hälfte eines Portfolios in nachhaltige Investitionen fließen sollte.

Die Verfügbarkeit der Daten als größte Hürde

Die Forderung nach mehr Transparenz kommt dabei nicht nur von den Anlegern, sondern auch von den Finanzberatern: Eine wichtige Voraussetzung für den Vertrieb nachhaltiger Produkte ist, dass ihnen detaillierte Informationen zu den Anlageprodukten zur Verfügung stehen. Mehr als die Hälfte (53 Prozent) ist jedoch nicht zufrieden mit den Angaben, die ihnen die Anbieter der Finanzprodukte bereitstellen. Als größte Schwierigkeit in den kommenden zwei Jahren bezeichnen 80 Prozent der Finanzberater folglich die Verfügbarkeit von Daten, die notwendig sind, um die regulatorischen Anforderungen in Bezug auf Nachhaltigkeit erfüllen zu können.

Ab Juli 2022 werden die Anbieter der Fonds gesetzlich dazu verpflichtet, noch detailliertere Informationen rund um nachhaltigkeitsbezogene Chancen und Risiken zur Verfügung zu stellen – so sieht es Level 2 der Offenlegungsverordnung vor, die voraussichtlich im Juli 2022 in Kraft treten wird.

Allerdings ist noch offen, auf welche Detailtiefe und welches Transparenzniveau sich die Branche einigen wird, um die aktuell klaffende Informationslücke zu schließen, wie dies sowohl die Anleger also auch die Vertreiber der Fonds fordern.

Nachhaltigkeit im Asset Management: Drei Perspektiven

Die Produktangebote der Fondsgesellschaften

Das Angebot an „grünen“ Anlageprodukten ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Die Offenlegungsverordnung hat diesen Trend verstärkt – so haben Fondsgesellschaften sowohl zahlreiche neue Fonds aufgelegt, als auch bestehende Angebote angepasst. 

Bei der Klassifizierung ihrer Angebote gehen die Asset Manager jedoch sehr unterschiedlich vor: Einige legen die Vorschriften konservativer aus als andere. Dabei ist es wichtig zu beachten, dass eine Klassifizierung nach Artikel 8 oder 9 kein formales ESG-Label ist. Für Anleger gilt deshalb: Sie sollten sicherstellen, dass sie die individuellen ESG-Ziele eines Fonds sowie den Investitionsprozess genau verstehen.

Die Perspektive der Anleger

Verbraucher fordern verstärkt ein Bekenntnis zu Nachhaltigkeit von Unternehmen – das gilt mehr denn je auch für die Finanzbranche. Dabei sind die Menschen davon überzeugt, dass Finanzinstitute großen Einfluss auf Nachhaltigkeit haben können und erwarten von ihnen, dass sie sich aktiv für die Umwelt, soziale Aspekte und eine gute Unternehmensführung einsetzen. Insbesondere die jungen Generationen fordern hier ein Umdenken. 

Ein großer Teil der Kunden ist jedoch unzufrieden mit dem Engagement ihres Finanzinstituts in Sachen Nachhaltigkeit. Die größten Kritikpunkte sind mangelnde Transparenz rund um die Finanzprodukte und ein Informationsdefizit. 

Die Herausforderungen im Fondsvertrieb

Auch die Finanzberater stehen bei der Implementierung von ESG-Regularien vor zahlreichen Herausforderungen. Als größte Schwierigkeit in den kommenden zwei Jahren bezeichnen 80 Prozent die Verfügbarkeit von Daten, die notwendig sind, um die regulatorischen Anforderungen zu erfüllen. 

Dieses Informationsdefizit stellt ein Problem für den Fondsvertrieb dar, der auf diese Daten und Angaben angewiesen ist, um nachhaltige Finanzprodukte erfolgreich zu vertreiben.

56 Prozent sehen die größte Herausforderung darin, einen transparenten Prozess der Investitionsberatung für ihre Kunden sicherzustellen und dabei die komplexen regulatorischen Vorgaben zu erfüllen. 

Die Transformation zu mehr Nachhaltigkeit im Asset and Wealth Management hat längst begonnen. Bis zur glaubwürdigen und transparenten Umsetzung liegt aber noch ein gutes Stück Weg vor der Branche.

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Partner, Financial Services Sustainability Consulting Lead, Banking and Asset Management Sustainability Co-Lead, PwC Germany

Sylvia  Brunner

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