Die europäische FiDA-Verordnung (Financial Data Access) verspricht einen bedeutenden Schritt in Richtung einer digitalisierten Versicherungswelt. Mit ihrem voraussichtlichen Inkrafttreten im Jahr 2025 soll sie den Verbraucherschutz stärken, Echtzeit-Kundenservices ermöglichen und Datenstandards vereinheitlichen.
Damit hat die Verordnung das Potenzial, die digitale Transformation und Marktintegration innerhalb der EU und die Positionierung der EU als führende Kraft in der globalen, datengesteuerten Wirtschaft zu unterstützen.
Mehr noch: FiDA bietet Versicherern eine gute Gelegenheit, ihre Wertschöpfungskette zu modernisieren und durchgängig zu digitalisieren. Indem sie Schnittstellen und IT-Anwendungen gezielt nutzen, können sie ihre Geschäftsmodelle skalierbarer gestalten, engere Verbindungen zu Kunden und Partnern aufbauen sowie modernisierte Versicherungsprodukte in andere Dienstleistungen einbetten. Gleichzeitig drängt FiDA zum Handeln: Eine reine Fokussierung auf regulatorische Compliance mit maximal möglicher „Abschottung“ geht mit strategischen Risiken einher. Eine frühzeitige strategische Auseinandersetzung mit FiDA lohnt sich also doppelt.
FiDA ebnet den Weg: Versicherer können künftig auf Basis umfassender Daten innovative Produkte und Dienstleistungen entwickeln, die Kundenzufriedenheit und -bindung steigern. Die Verordnung ermöglicht es beispielsweise, Transaktionsdaten zu analysieren und darauf aufbauend maßgeschneiderte Beratung und Versicherungsangebote anzubieten, die genau auf die Bedürfnisse der Kunden abgestimmt sind. Darüber hinaus ermöglicht der Zugang zu detaillierten Finanzdaten eine präzisere Risikobewertung und damit eine genauere Prämienkalkulation. Dies kann zu wettbewerbsfähigeren Preisen und einem höheren Kundennutzen führen.
Partnerschaften mit InsurTechs und anderen Branchenakteuren bieten Chancen, um Prozesse zu optimieren und neue Märkte zu erschließen. Die Entwicklung rund um Open Banking hat es gezeigt, aber auch nur den Grundstein gelegt – weitgehende Effekte erwarten wir erst mit FiDA, und dann auch in der Versicherungsbranche: InsurTechs bringen moderne Technologien und innovative Ansätze mit, die den traditionellen Versicherern helfen können, ihre Effizienz zu steigern und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Das gilt insbesondere für die Integration von Versicherungsservices in digitale Plattformen und Ökosysteme, wodurch Versicherungsprodukte nahtlos in den Alltag der Kunden eingebettet werden können.
Zudem eröffnet FiDA die Möglichkeit, durch Kooperationen mit anderen Finanzdienstleistern und branchenfremden Unternehmen, wie beispielsweise Energieversorgern oder Einzelhändlern, Cross-Selling-Potenziale zu nutzen. Diese Partnerschaften können zu neuen, datengetriebenen Geschäftsmodellen führen, die sowohl den Versicherern als auch ihren Partnern Vorteile bringen. Beispielsweise könnten Versicherer und Banken gemeinsam Produkte entwickeln, die sowohl Finanz- als auch Versicherungslösungen bieten, wodurch ein umfassenderes und attraktiveres Angebot für die Kunden entsteht.
Die Umsetzung von FiDA bringt jedoch auch Herausforderungen mit sich. Versicherer müssen ihre IT-Systeme anpassen und sicherstellen, dass sie weiterhin sämtliche Datenschutz- und Sicherheitsstandards erfüllen. Auch die Integration neuer Datenquellen und die Anpassung bestehender Verträge sind gegebenenfalls mit Investitionen verbunden. Zudem müssen Versicherer neue Governance- und Risikomanagement-Mechanismen implementieren, um den Missbrauch von Daten zu verhindern. FiDA fordert von Versicherern, Kunden ein Berechtigungs-Dashboard zur Verfügung zu stellen, über das sie ihre Datenzugriffsberechtigungen eigenständig verwalten können. Die Teilnahme an einem oder mehreren Financial Data Sharing Schemes wird verpflichtend, um den Datenaustausch zu standardisieren und zu erleichtern. Während Unternehmen erst 24 Monate nach Inkrafttreten der FiDA-Verordnung alle Anforderungen erfüllen müssen, ist die Mitgliedschaft in einem Scheme schon nach 18 Monaten verpflichtend.
Gelingt es Unternehmen, nach den initialen Aufwänden schnell Projekte auf der neuen Infrastruktur aufzubauen, ergeben sich lukrative Wettbewerbsvorteile. Denn die Fähigkeit, rasch auf Kundenbedürfnisse zu reagieren und maßgeschneiderte Angebote zu erstellen, führt langfristig zu einer höheren Kundenzufriedenheit. Dabei sollten Unternehmen auch weitere regulatorische Initiativen wie DORA und den EU AI Act im Hinterkopf behalten, um zielgerichtet Ressourcen ein- und integrativ optimale Lösungen aufzusetzen.
Die FiDA-Verordnung stellt somit nicht nur eine regulatorische Herausforderung dar, sondern auch eine große Chance für Versicherer, ihre Geschäftsmodelle zu transformieren und sich in einem zunehmend datengetriebenen Markt erfolgreich zu positionieren. Unternehmen, die diese Gelegenheit nutzen, können sich als Vorreiter in der Branche etablieren und langfristig von den Vorteilen einer modernen, datengetriebenen Infrastruktur profitieren.