Trends in der Steuerfunktion deutscher Versicherer

PwC Studie 2020: Steuerexperten unterstützen das operative Geschäft – Governance-Aufgaben und Digitalisierung nehmen deutlich zu

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Till Hannig
Leiter Tax & Legal Insurance bei PwC Deutschland
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Steuerabteilungen an den meisten operativen Prozessen beteiligt

Steuerabteilungen in Versicherungen sind für gewöhnlich mit dem Ermitteln von Steuern und dem Erstellen von Steuererklärungen, -reportings, und -bilanzen beschäftigt. Neben diesen Kernaufgaben lassen sie ihre Expertise jedoch auch in andere, operative Geschäftsprozesse einfließen. Besonders häufig ist dies bei der Gründung von Betriebsstätten und Tochtergesellschaften (88 Prozent der befragten Unternehmen), M&A Transaktionen (84 Prozent) und Kapitalanlageentscheidungen (76 Prozent) der Fall. Das zeigt die quantitative und qualitative Studie „Die Steuerfunktion in der Deutschen Versicherungswirtschaft – Quo vadis?“, die unter etwa 100 deutschen Unternehmen aus allen Versicherungssparten durchgeführt wurde. Danach kommen die Steuerexperten in der Dokumentation und der Verrechnungspreisfestlegung seltener zum Einsatz (62 Prozent).

Ein weiteres Ergebnis der Studie: Die personelle Ausstattung in den Steuerabteilungen variiert mitunter stark. Während bei börsennotierten und international tätigen Versicherern durchschnittlich rund 27 Mitarbeiter mit steuerlichen Aufgaben betraut sind, sind es bei lokal verankerten Unternehmen nur zwei bis drei Mitarbeiter.

Die Studie im Überblick

Governance-Aufgaben nehmen zu, Tax-CMS wird zum Marktstandard

Neben der Beschäftigung mit ihren Kern- und spezifischen Unterstützungsaufgaben hatten die Steuerabteilungen in den letzten Jahren immer häufiger auch mit Projekten aus den Bereichen der Governance und der Regulierung zu tun. Die Beschäftigung mit diesen Bereichen, die nicht mehr nur steuerfachliche, sondern auch prozessuale Fachkenntnisse voraussetzt, hat bei vielen Versicherern zum Einsatz sogenannter Tax Compliance Management Systeme (Tax-CMS) geführt. Mit ihnen lassen sich grundlegende prozessuale Rahmenbedingungen und eine dokumentierte Steuerstrategie festlegen. Nur ca. 11 Prozent der befragten Versicherungen haben ein entsprechendes Compliance System bisher noch nicht im Einsatz. Alle anderen haben sie entweder bereits zertifiziert (11 Prozent), implementiert (26 Prozent), befinden sich in der Implementierungsphase (30 Prozent) oder zumindest in der konkreten Planung (18 Prozent). Von den Unternehmen, die bereits über ein Tax-CMS verfügen, haben etwa 40 Prozent die Implementierung schon vor 2018 abgeschlossen, 60 Prozent erst 2018 oder später. Von den Versicherungen, die noch nicht so weit sind, rechnen rund 80 Prozent mit einem Abschluss bis Ende 2020.

„In der Versicherungswirtschaft hat sich das Tax-CMS zu einem Marktstandard entwickelt. Eine flächendeckende Zertifizierung der eingerichteten Tax-CMS ist zwar noch nicht erfolgt. Die Anzahl der zertifizierten Unternehmen dürfte jedoch stark zunehmen, da sich derzeit noch fast 50 Prozent in der Implementierungs- oder Planungsphase befinden.“

Till Hannig,Leiter Tax & Legal Insurance bei PwC Deutschland

Steuerabteilungen werden digitaler

Ein weiterer Aufgabenbereich, der die Steuerabteilungen immer häufiger beschäftigt, ist die Digitalisierung. So verfügen knapp 28 Prozent der befragten Versicherungen bereits über einen „digitalen Fahrplan“, weitere 20 Prozent befinden sich in diesem Zusammenhang noch in der konkreten Planung. Im Mittelpunkt der Bestrebungen stehen hier Prozesse wie Steuerberechnungen, Quartalsabschlüsse oder Steuerdeklaration im Bereich der operativen Steuern. Um diese Prozesse stärker zu automatisieren, greifen die Unternehmen auf eine Fülle verschiedener Technologien und Tools zurück. Dabei kommen neben den am Markt bekannten Anbietern auch selbst hergestellte Tools und Software von kleineren IT-Dienstleistern zur Anwendung. Eine einheitliche IT-Lösung für die überwiegende Anzahl an steuerlichen Prozessen ist eher die Ausnahme. Vielmehr zeigt sich, dass die Unternehmen hier einen Ansatz des „Cherry Pickings“ verfolgen und sich für verschiedene Anwendungsbereiche passende Tools gezielt heraussuchen. Zu diesem Zweck befindet sich eine Vielzahl an Versicherern in einem laufenden Austausch mit internen und externen IT-Experten. Besonders bemerkenswert: Bei zwei Versicherern kommen eigens für die Fachabteilung abgestellte IT-Experten zum Einsatz, die die Automatisierung direkt aus der Abteilung vorantreiben sollen.

„Das Thema Digitalisierung ist allgegenwärtig: Auch in den Steuerabteilungen der Versicherungswirtschaft beschäftigt man sich intensiv damit. Die eingesetzten Tools sind dabei sehr unterschiedlich und es besteht eine ‚bunte‘ IT-Systemlandschaft.“

Till Hannig,Leiter Tax & Legal Insurance bei PwC Deutschland

Steuertransparenz und Nachhaltigkeit als Zukunftsthema

Die zunehmende Aufgabenvielfalt in den Steuerabteilungen ist ein Trend, der sich wahrscheinlich fortsetzen wird. Kommende Entwicklungen liegen laut Studie in den Bereichen der Steuertransparenz und der Nachhaltigkeit. Ein Indiz dafür ist die Publikation sogenannter Tax Transparency Reports, die derzeit von vier der befragten Versicherer veröffentlicht und von drei weiteren geplant wurden. Die Berichte werden freiwillig angefertigt und stellen steuerliche Informationen bereit, die über das gesetzlich verpflichtende Maß hinausgehen (etwa im Rahmen der nichtfinanziellen Berichterstattung nach §§ 289b ff. HGB sowie §§ 315b ff. HGB). Bisher handelte es sich bei den publizierenden Unternehmen allerdings ausschließlich um größere, international tätige und kapitalmarktorientierte Versicherungsgruppen. Grundsätzlich dürfte es aufgrund der gesellschaftlichen Relevanz des Themas aber auch für andere Unternehmen interessant sein, Stakeholder regelmäßig über steuerliche Aktivitäten zu informieren.

Mit dem neuen Reporting-Standard „GRI 207: Tax“ der Global Reporting Initiative (GRI) könnte sich die Entwicklung beschleunigen. Der Standard soll eine offenere Kultur in Steuerangelegenheiten vermitteln und transparent sowie ausgewogen über die Steuerstrategie und -zahlungen der Versicherungsunternehmen berichten. Auch wenn der Standard nicht verpflichtend ist, dürfte seine Einführung einen gewissen faktischen Druck ausüben und einzelne Stakeholder bestärken (insbesondere institutionelle Investoren und NGOs), eine noch weitergehende Transparenz einzufordern.

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