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Roland Werner
Leiter Gesundheitswirtschaft & Pharma bei PwC Deutschland
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Es ist ein eindeutiger Befund: Der wirtschaftliche Druck auf die Kliniken in Deutschland steigt weiter – bei öffentlichen, freigemeinnützigen und privaten Einrichtungen gleichermaßen. Dies ist eines der Kernergebnisse einer Benchmark-Analyse, die die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) durchgeführt hat. Für die Studie hat PwC die Jahresabschlüsse des Jahres 2018 von mehr als 100 Kliniken in Deutschland analysiert und die wichtigsten Kennzahlen miteinander verglichen. Wie steht es um die Rentabilität? Welche Kliniken arbeiten am wirtschaftlichsten? Antworten auf diese und weitere Fragen gibt das aktuelle PwC-Krankenhaus-Benchmarking.
Ein weiteres Studienergebnis lautet: Die Rentabilität der Kliniken aller Trägerschaften (öffentlich, freigemeinnützig, privat) war auch im Jahr 2018 insgesamt sehr niedrig. In dieser angespannten Situation gelingt es den Kliniken in privater Trägerschaft noch am besten, rentable Strukturen aufrechtzuerhalten – obwohl sie relativ wenige Fördermittel erhalten.
Zum Vergleich zieht die Studie die EBITDA-Quote heran, die um Abschreibungen und damit auch den Effekt von Fördermitteln bereinigt ist. Bei den privaten Kliniken lag die Quote 2018 bei 7,6 Prozent (2017: 8,5 Prozent, 2016: 10,0 Prozent). Bei den freigemeinnützigen Krankenhäusern waren es 2018 3,3 Prozent (2017: 4,7 Prozent, 2016: 5,4 Prozent) und bei den öffentlichen Krankenhäusern -0,2 Prozent (2017: 0,7 Prozent, 2016: -0,01 Prozent).
Die deutschen Kliniken haben 2018 ihr Cash-Management verbessert. So lautet ein weiterer Befund der Studie. Die Forderungsreichweite und damit die Finanzierungskosten sind gesunken, wodurch liquide Mittel freiwerden. Die privaten Kliniken lagen hierbei vor den Einrichtungen in anderer Trägerschaft. Die DSO (Days Sales Outstanding, die Anzahl der Tage zwischen Rechnungserstellung und Geldeingang) sind bei ihnen um 3,2 Tage auf 43,6 Tage gesunken, die DPO (Days Payables Outstanding, die Anzahl der Tage vom Rechnungseingang bis die Rechnung beglichen wird) um 1,7 Tage auf 20,3 Tage.
Die DSO bei den freigemeinnützigen Einrichtungen lagen bei 43,7 Tagen, die DPO bei 41,3 Tagen. Und obwohl auch sie ihr Cash-Management verbessert haben, sind die öffentlichen Kliniken nach wie vor das Schlusslicht (DSO: 57,2 Tage, DPO 42,6 Tage).
„Insgesamt stehen die Kliniken wirtschaftlich schlechter da als 2017.“
Die Studie hat auch danach gefragt, wofür die Krankenhäuser ihre Einnahmen ausgeben. Darüber gibt die Material- und Personalaufwandsquote Aufschluss. 2018 war sie vor allem bei den öffentlichen Kliniken mit 92 Prozent des Umsatzes sehr hoch (2017: 91 Prozent). Dies bedeutet, dass von 100 Euro, die eine Klinik verdient, 92 Euro für Material- und Personal ausgeben. Ihnen blieben somit von 100 Euro nur acht Euro für Instandhaltungen, Finanzierung und weitere Ausgaben. Bei den freigemeinnützigen Einrichtungen lag die Material- und Personalaufwandsquote bei 87 Prozent (86 Prozent im Jahr 2017) und bei den privaten Kliniken betrug sie 83 Prozent (82 Prozent im Jahr 2017).
Unter den Krankenhäusern aller Trägerschaften erhalten öffentliche Einrichtungen die meisten Investitionsfördermittel, und zwar mit Abstand. Ihre Fördermittelquote, also das Verhältnis der fördermittelfinanzierten Abschreibungen zu den gesamten Abschreibungen, lag 2018 bei 68 Prozent. Demgegenüber erhalten private und freigemeinnützige Einrichtungen deutlich weniger Fördermittelzuwendungen (49 bzw. 52 Prozent).
Private Kliniken wollen bei Investitionen häufig nicht auf Fördermittel warten. Sie setzen daher stärker auf eine Finanzierung mit Eigenmitteln. Die Vergabevorschriften verursachen einen zusätzlichen Arbeitsaufwand. Die Eigenmittelfinanzierung ist demgegenüber flexibler – und bietet Kliniken größere Freiheiten beim Einsatz der Mittel. Hier stellt sich die Frage, ob die Gelder für investitionsbezogene Fördermittel schneller und weniger bürokratisch ausbezahlt werden sollten, zum Beispiel in Form von Pauschalen wie zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen oder Hessen.
Ein weiteres Ergebnis der Studie: Die Infrastrukturen der Krankenhäuser aller Trägerschaften werden moderner bzw. wachsen. Dies zeigt die Modernisierungsquote, also das Verhältnis von Investitionen zu Abschreibungen. Liegt die Quote bei über 100 Prozent, übersteigen die Investitionen im Geschäftsjahr die jährlichen Abschreibungen. Die freigemeinnützigen Kliniken haben 2018 den höchsten Modernisierungsgrad erreicht, und zwar mit 173 Prozent. Bei den öffentlichen Krankenhäusern war die Quote 145 Prozent, bei den privaten immerhin noch 111 Prozent.
Da die privaten Kliniken seit Jahren über 100 Prozent liegen, kann unterstellt werden, dass die privaten Kliniken regelmäßig in Modernisierungen investieren. Demgegenüber haben die öffentlichen und freigemeinnützigen Einrichtungen eher volatile Quoten. 2018 wurden einige größere Bauvorhaben begonnen, von denen viele erst nach 2020 beendet sein werden. Ob das Investitionsvolumen danach wieder sinken wird, lässt sich derzeit noch nicht absehen.
Casemixpunkte je Vollkraft – auch diese Kennzahl zieht die Studie zum Vergleich heran. Sie ist ein Indikator für den Ressourcenverbrauch einer Klinik für die durchgeführten Behandlungsfälle. Im Jahr 2018 haben private Krankenhäuser 30 Punkte erreicht, freigemeinnützige und öffentliche Kliniken jeweils 27 Punkte.
Relevant ist diese Kennzahl angesichts der aktuellen Debatte um das „Pflegepersonal-Stärkungs-Gesetz (PpSG)“: Die Studienautoren monieren, das Gesetz unterstelle, dass mehr Pflegepersonal automatisch die Qualität der Pflege erhöhe. Die Weiterempfehlungsraten etwa der Weißen Liste ließen diesen Schluss jedoch nicht zu. Nach dieser öffentlich zugänglichen Liste lässt sich kein Zusammenhang zwischen Weiterempfehlungsrate und Trägerschaft. Deshalb bezweifeln die Studienautoren, dass mit dem neuen Gesetz die Patientenzufriedenheit signifikant zunimmt.
„Das PpSG bietet Anreize, das Pflegepersonal aufzustocken, da die Personalkosten erstattet werden. Aber: Pflegekräfte werden aktuell auch für nicht betroffene Tätigkeiten eingesetzt wie z.B. die Betreuung in Aufwachräumen. Insofern bevorzugt das Gesetz diejenigen, die in Zeiten des Pflegemangels ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben. Deshalb werden die Antworten auf das PpSG virtuelle Umschichtungen von Pflegekräften in abrechnungsrelevante Bereiche sein.“
Roland M. Werner
Partner, Leiter Gesundheitswirtschaft & Pharma, PwC Germany
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