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Jörg Asma
Partner, Digitalisierung und Sicherheit Healthcare bei PwC Deutschland
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Digitale Systeme sind heute aus dem Krankenhaus nicht mehr wegzudenken. Sie ermöglichen moderne Behandlungsmethoden und tragen zur Arbeitserleichterung, Fehlervermeidung, Steigerung der Patienten- und Mitarbeiterzufriedenheit sowie der Behandlungsqualität und -sicherheit bei. Eine fundierte Quantifizierung der monetären Nutzeneffekte der Digitalisierung im Gesundheitswesen steht jedoch noch aus. Es zeigt sich, dass eine umfassende digitale Reife, die auch sektorenübergreifende Optimierungen umfasst, notwendig ist, um signifikante Kosteneinsparungen zu erzielen.
Derzeit findet eher eine elektronische Abbildung analoger Prozesse statt als eine tatsächliche Optimierung der Gesundheitsversorgung durch Digitalisierung. Wird die Digitalisierung jedoch leistungserbringer- und sektorenübergreifend betrachtet, bedeutet dies auch, dass die Kosten auf der Ebene der einzelnen Behandlung im Krankenhaus steigen können. Das duale Finanzierungssystem ist veraltet und kann die Kosten der Digitalisierung nicht adäquat abbilden. Die derzeitigen Förderprogramme decken nur einen Teil der Investitionen ab und die Betriebskosten könnten langfristig unterfinanziert sein.
„Die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser ist seit Jahren angespannt. Aktuelle Entwicklungen verschärfen die Situation dramatisch. Trotz der Mittel, die für die KHZG-Projekte bereitgestellt wurden, ist der Spielraum für Investitionen in Digitalisierung und Innovation im Allgemeinen gering bis nicht vorhanden.“
Der Fokus liegt auf konkreten Digitalisierungsvorhaben im Gesundheitswesen, insbesondere in Krankenhäusern. Es werden die Förderprogramme des KHZG und die Anbindung an die Telematikinfrastruktur betrachtet. Die Untersuchung basiert auf einer Literaturanalyse, Tiefeninterviews mit Krankenhausleitungen und Expert:innen sowie Begleitung durch Fachteams von PwC Deutschland. Das Ergebnis kartiert Argumente und Aspekte zum Nutzen und den Kosten der Digitalisierung von Krankenhäusern.
„Die Digitalisierung ist eines der bestimmenden Themen in der Gesundheitsversorgung. Es herrscht Einigkeit über die Notwendigkeit und Dringlichkeit. Doch die Kosten- und Nutzen-Aspekte sind erschreckend wenig untersucht. Insbesondere hinsichtlich der wirtschaftlichen Auswirkung auf die Leistungserbringer fehlen belastbare Kalkulationsgrundlagen. Mit dieser Untersuchung wollen wir beginnen, diese Lücke für die Krankenhäuser zu schließen.“
Wir haben 56 Quellen analysiert, um Argumente hinsichtlich Nutzen und Kosten der Digitalisierung zu kartieren. Die analysierten Publikationen betonen den generellen Nutzen der Digitalisierung im Krankenhaus, jedoch fehlen ausführliche Informationen zu den damit verbundenen Kosten. Auch der Nutzen wird in der Literatur kaum beziffert. Es wird deutlich, dass Kosten hauptsächlich während der Erstellungs- und Einführungsphasen entstehen, während sich die Nutzeneffekte erst im laufenden Betrieb zeigen und schwer abzuschätzen sind. Einige Publikationen behandeln das Gesundheitssystem insgesamt anstelle der stationären Behandlung im Krankenhaus. Es besteht ein Bedarf an fundierten Untersuchungen zu den Effekten und Kosten der Digitalisierung in Krankenhäusern, da derzeit keine ausreichende Datengrundlage für politische und wirtschaftliche Entscheidungen vorhanden ist.
„Fördermittel werden oft schon während der Implementierungsphase vollständig aufgebraucht, sodass für den laufenden Betrieb keine Fördermittel mehr zur Verfügung stehen und diese aus dem operativen Betrieb erwirtschaftet werden müssen.“
In Tiefeninterviews sowie Diskussionen mit verschiedenen Krankenhäusern und Expert:innen aus dem deutschen Gesundheitswesen haben wir die Planung und Umsetzung von Digitalisierungsprojekten untersucht. Die Interviews haben gezeigt, dass die Krankenhäuser die Kosten für zukünftige Digitalisierungsprojekte nur schwer abschätzen können, ebenso wie die tatsächlichen Kosten im laufenden Betrieb nicht trennscharf erfasst werden können. Die Unvorhersehbarkeit regulatorischer Vorgaben und der Anbietermarkt für digitale Lösungen erschweren eine Prognose. Tatsächlich werden die Betriebskosten in Förderanträgen häufig nicht berücksichtigt, da die verfügbaren Fördermittel nicht ausreichen, um die Kosten über die Anfangsinvestition hinaus zu decken.
Die Umsetzung von Digitalisierungsprojekten belastet das vorhandene Personal, führt zu Mehrarbeit und steigenden Betriebskosten. Sowohl im IT- als auch im medizinischen Bereich wird ein erhöhter Personalbedarf erwartet, wobei der Fachkräftemangel im IT-Bereich die Rekrutierung erschwert. Die Digitalisierung kann zwar perspektivisch zu einer zeitlichen Entlastung des medizinischen Personals führen, die Auswirkungen auf den Personalbedarf und die Kosten werden aber nicht unmittelbar ökonomisch wirksam. Eine gut gesteuerte Digitalisierung kann jedoch zu Qualitätsverbesserungen führen und zu einem Differenzierungsmerkmal für Krankenhäuser werden. Die Digitalisierung bietet auch Potenzial für neue Erlösmodelle, erfordert aber zusätzliche Ressourcen und einen weiteren Entwicklungsprozess. Nur wenige Krankenhäuser haben derzeit die Kapazitäten, digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln und entsprechendes Personal zu beschäftigen.
Die Digitalisierung stellt die deutschen Krankenhäuser vor große Herausforderungen, ist aber unumgänglich. Öffentliche Förderprogramme helfen bei den Anfangsinvestitionen, decken aber nicht die langfristigen Betriebskosten. Es zeigt sich, dass die duale Krankenhausfinanzierung nicht geeignet ist, die Kosten der Digitalisierung abzubilden. Die Auswirkungen der Digitalisierung auf Einsparungen und Effizienz im Krankenhausbereich werden allgemein positiv erwartet, sind aber noch nicht seriös quantifizierbar. Der Nutzen der Digitalisierung liegt derzeit vor allem in der Qualitätsverbesserung, aber noch nicht in direkten Kosteneinsparungen. Den erwarteten Einsparungen stehen zudem hohe IT-Kosten für Implementierung und Betrieb gegenüber und der Mangel an IT-Fachkräften erschwert die Umsetzung. Um eine effektive und nachhaltige Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen zu ermöglichen, muss die Finanzierung von Investitionen und Betriebskosten sichergestellt werden.
„Das Gesundheitssystem in Deutschland hat ‚Digitale Schulden‘, die nach jahrzehntelangem Investitionsstau in Digitalisierung jetzt aufgeholt werden müssen. Was wir derzeit in den KHZG-Vorhaben und dem Ausbau der Telematikinfrastruktur sehen, wird im ersten Schritt nicht zu unmittelbaren Einsparungen führen, sondern längst überfällige Grundlagen schaffen und Standards etablieren.“
„In Zukunft wird sich die Spreu vom Weizen trennen: Nicht alle Krankenhäuser werden es schaffen, den Nutzen der Digitalisierung zu heben und eigene Digitalkompetenzen und digitale Geschäftsmodelle zu etablieren.“
Jörg Asma,Partner, Digitalisierung und Sicherheit Healthcare bei PwC DeutschlandDigitalisierung im Krankenhaus
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