22 September, 2016
Seit Jahren geht die Zahl der Krankenhäuser – speziell der kommunalen – zurück. Das liegt zum einen an Zusammenschlüssen, zum anderen an Übernahmen durch private Betreiber. Damit solche Transaktionen gelingen, ist eine adäquate Bewertung der Krankenhäuser elementar. Worauf es dabei ankommt, erläutern der PwC-Healthcare-Experte Armin Albat und Dr. Michael Patzak, PwC-Spezialist für Krankenhausbewertungen.
Der Krankenhaussektor ist im Umbruch. Damit rückt für viele Träger eine Frage in den Mittelpunkt, mit der sie sich früher gar nicht beschäftigen mussten: „Was ist mein Krankenhaus überhaupt wert?“ Welche Antwort gibt es darauf?
Armin Albat: Zunächst einmal bemisst sich der Wert natürlich an der Ertragslage – in dieser Hinsicht unterscheidet sich ein Krankenhaus nicht von einem „normalen“ Unternehmen. Was den Sektor speziell macht, ist der Umstand, dass gerade die kommunalen Krankenhäuser häufig defizitär arbeiten. Hinzu kommt meist ein jahrelanger Investitionsstau. Das gilt naturgemäß besonders für jene Häuser, die von ihren Trägern zur Disposition gestellt werden. Denn je größer die Probleme, desto größer der Druck zu verkaufen oder zu fusionieren.
Lässt sich denn für Krankenhäuser, die hoch defizitär sind, überhaupt noch ein positiver Verkaufspreis erzielen?
Dr. Michael Patzak: In vielen Fällen ja. Das hängt von diversen Faktoren wie zum Beispiel der geographischen Lage oder möglichen Synergieeffekten ab. Und es kommt auch darauf an, wie intensiv der Bieterwettbewerb unter den Interessenten abläuft. Auch hier gilt, was für jede Transaktion gilt: Ein Krankenhaus ist in letzter Konsequenz das wert, was die andere Seite zu zahlen bereit ist. So kommt es zum Beispiel vor, dass ein privater Betreiber innerhalb seines Konzernverbunds Synergien erzielt, die der Verkäufer nicht realisieren konnte. Solch ein Interessent wird unter Umständen auch für ein defizitäres Krankenhaus viel Geld bieten.
Ein kommunaler Träger verfügt in aller Regel über weniger Transaktionserfahrung als ein Krankenhauskonzern, der schon mehrere Krankenhauskäufe durchgeführt hat. Wie lässt sich dieses Informationsdefizit reduzieren?
Armin Albat: Kommunale oder kirchliche Träger führen in der Regel nur ein Mal eine Krankenhaustransaktion durch. Damit sie auf Augenhöhe mit den potenziellen Käufern verhandeln können, sind sie auf externe Beratung angewiesen. Dadurch gelingt es auch weniger erfahrenen Transaktionsteilnehmern, sich einen Überblick über marktgerechte Preise und die üblichen Bewertungsverfahren zu verschaffen.
Welche Methoden werden für Krankenhausbewertungen angewandt?
Patzak: Die in Deutschland am häufigsten verwendete Bewertungsmethode ist das Ertragswertverfahren, das vor allem auf die zukünftigen Überschüsse abstellt. Diese hängen von vielen, zum Teil branchenspezifischen Faktoren ab. Dazu gehört beispielsweise der demografische Wandel in der betreffenden Region genauso wie die „Ambulantisierung“ stationärer Fälle oder die scheinbar banale Frage, ob in naher Zukunft ein Chefarztwechsel ansteht. Letzten Endes fließen die verschiedenen Faktoren in ein Bewertungsmodell ein, mit dem die für die Zukunft erwarteten Erträge in die Gegenwart diskontiert werden.
Albat: Neben der Ertragswertmethode gibt es auch die Discounted-Cash-Flow-Methode (DCF-Methode). Diese ist bei Krankenhäusern allerdings nicht so verbreitet. Allerdings unterscheiden sich die beiden Methoden eher im Detail und kommen zu vergleichbaren Ergebnissen.
Wie aufwendig sind die Verfahren?
Patzak: Das hängt von der Vorbereitung des Unternehmens ab und ist in Abstimmung mit dem Mandanten gestaltbar. Beide Methoden laufen letzten Endes auf einen mehrstufigen Prozess hinaus. Als erster Schritt muss das Bewertungsobjekt exakt abgegrenzt werden. Das ist zum Beispiel dann existenziell, wenn das Krankenhaus, das verkauft werden soll, zu einer größeren Organisationseinheit gehört. Der nächste Schritt ist die Analyse der historischen und gegenwärtigen Ertrags- und Finanzlage – denn die bildet die Basis für die Prognose der zukünftigen Überschüsse. Aus denen wiederum lässt sich danach ein sogenannter nachhaltiger Überschuss (im Fachjargon „ewige Rente“ genannt) ableiten. Und darauf basiert, etwas vereinfacht ausgedrückt, letztlich der Unternehmenswert.
Aus Sicht des Trägers, der sich zunächst einmal ein ungefähres Bild über den Wert seines Krankenhauses machen will: Gibt es ein Verfahren, das weniger aufwendig ist als die DCF- oder die Ertragswertmethode?
Albat: Ja. In der Praxis kommt es regelmäßig vor, dass Unternehmenswerte anhand eines vereinfachten Verfahrens überschlägig ermittelt werden: In diesem Fall nimmt man als Ausgangspunkt die Umsatzerlöse oder den Vorsteuergewinn (Ebitda). Diese Zahlen werden dann mit einem Faktor multipliziert, der sich aus vergleichbaren Transaktionen ableitet. Im Krankenhausmarkt liegt der Umsatzmultiplikator grob gesagt in einer Bandbreite 0,8 bis 1,3.. Von dem Wert, den man erhält, werden dann noch die Schulden, die nötigen Investitionen und andere Belastungen abgezogen. Mit diesem sogenannten marktpreisorientierten Verfahren erhält man in aller Regel eine brauchbare Schätzung. Dennoch empfehlen wir für einen belastbaren Wert die DCF- oder die Ertragswertmethode.
Roland M. Werner
Partner, Leiter Gesundheitswirtschaft & Pharma, PwC Germany
Tel.: +49 170 7628-557