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Dr. Bernd Kliem
Partner, Enforcement Services bei PwC Deutschland
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Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ist seit Anfang 2022 allein verantwortlich für die Bilanzkontrolle („Enforcement“). Ziel ist es, damit das Enforcement zu beschleunigen und es transparenter und effizienter durchzuführen. Dazu hat die BaFin ein neues und umfangreiches Instrumentarium an Rechten erhalten.
Inwiefern sind Unternehmen und speziell deren Rechnungswesen auf das einstufige Enforcement-Verfahren eingestellt? Haben die Unternehmen ihre Accounting Compliance und die damit verbundenen Prozesse angepasst? Und wie steht es generell um die Accounting Compliance in deutschen Unternehmen?
Dies wollte die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland herausfinden und hat dazu insgesamt 100 Unternehmen in Deutschland befragt. Mehr als die Hälfte von ihnen unterliegt dem deutschen Enforcement. Die detaillierten Befragungsergebnisse finden Sie in der Studie „Accounting Compliance 2022. Wie gut sind Unternehmen aufgestellt und auf die Bilanzkontrolle der BaFin vorbereitet?“. Die Ergebnisse dieser Studie werden mit der letzten Studie zur Accounting Compliance aus dem Jahr 2017 verglichen. Lesen Sie hier die wichtigsten Erkenntnisse vorab.
„Etwa zwei von drei Unternehmen wissen noch nicht genau, was mit dem neuen Enforcement auf sie zukommt. Das heißt: Es fehlt häufig noch eine vertiefende Analyse. Aus unserer Sicht ist die Vorbereitung in puncto Accounting Compliance durchaus bereits möglich – und auch nötig.“
Ein wesentliches Studienergebnis lautet: 77 Prozent der Unternehmen, die dem Enforcement unterliegen, rechnen mit einem verschärften Verfahren. Aber: Sieben von zehn Unternehmen haben sich noch nicht auf das neue Bilanzkontrollverfahren vorbereitet – und etwa jedes zweite plant dies derzeit nicht. Vorbereitet hatten sich im Befragungszeitraum erst 22 Prozent der Unternehmen, weitere 22 Prozent planten dies zumindest.
Fast alle Unternehmen, die sich auf ein Enforcement-Verfahren vorbereiten, wollen die Dokumentation verbessern. Das erscheint sinnvoll, weil die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) dies bereits als einen Prüfungsschwerpunkt angekündigt hat. Demgegenüber planen deutlich weniger Unternehmen, die Prozesse (56 Prozent) oder die Organisation (44 Prozent) zu verändern.
Unternehmen, die sich derzeit nicht vorbereiten, fühlen sich einerseits gut aufgestellt (71 Prozent) oder wollen andererseits abwarten, weil sie nicht wissen, was mit dem neuen Enforcement auf sie zukommt.
Seit der letzten Studie 2017 sind die Bilanzierungsstandards nicht nur komplexer geworden, es sind auch neue hinzugekommen. Bemerkenswert ist deshalb, dass derzeit nur noch 58 Prozent der befragten Unternehmen angeben, über „Centers of Excellence“ (CoEs) beziehungsweise fachliche Bilanzierungsexpert:innen für komplexe Bilanzierungsfragen zu verfügen. 2017 waren es deutlich mehr, nämlich 67 Prozent.
Genau wie 2017 binden die befragten Unternehmen ihre Centers of Excellence derzeit mehrheitlich dann verpflichtend ein, wenn Unsicherheit über die Bilanzierung eines Sachverhalts besteht (je 81 Prozent). Daneben waren neue Bilanzierungssachverhalte (2022: 62 Prozent; 2017: 70 Prozent) und eine bestimmte Größenordnung des Sachverhalts (2022: 53 Prozent; 2017: 27 Prozent) die meistgenannten Gründe für eine CoE-Pflichteinbindung.
Bei 76 Prozent der Befragten bearbeitet das Konzernrechnungswesen bestimmte Fachthemen zentral (neben der eigentlichen Konsolidierung und Konzernabschlusserstellung). 2017 waren es fast ebenso viele (73 Prozent). Etwas häufiger als damals grenzen die Unternehmen die Zuständigkeiten von Konzernrechnungswesen und dem Rechnungswesen der Tochtergesellschaften ab (52 Prozent gegenüber 43 Prozent). Aktuell sagen 44 Prozent der Befragten, dass die Aufgaben zwar nicht klar verteilt, aber gut eingespielt seien. 2017 sagten dies 52 Prozent.
Knapp zwei Drittel der befragten Unternehmen setzen das Konzernrechnungswesen bei komplexen Sachverhalten nach festgelegten Standards ein – deutlich häufiger als 2017 (44 Prozent). Derzeit haben zudem 50 Prozent klar definiert, was als „wesentlicher Bilanzierungssachverhalt“ gilt. 2017 waren es mit 38 Prozent noch deutlich weniger.
Das Rechnungswesen tauscht sich in allen befragten Unternehmen mit anderen Fachbereichen aus. Standardisiert und regelmäßig geschieht dies aktuell in 60 Prozent der Unternehmen, bei 40 Prozent lediglich bei Bedarf (2017: 18 Prozent beziehungsweise 82 Prozent). Deutlich intensiver als 2017 ist außerdem der Austausch mit Einkauf und Vertrieb. Neue Vorschriften zur Umsatzrealisierung und zur Leasingbilanzierung dürften ein Grund dafür sein; ein weiterer ist, dass Unternehmen das Rechnungswesen offenbar häufiger als unternehmensinternen Business Partner einbinden, ähnlich wie andere Zentralfunktionen.
Rund 76 Prozent der befragten Unternehmen führen aktuell feste, regelmäßige Schulungen durch, um das Fachwissen der Mitarbeitenden im Rechnungswesen zu aktualisieren – 2017 waren es 63 Prozent. Unternehmen reagieren damit offensichtlich auf die vielfältigeren und komplexeren Berichtspflichten. Für die Weiterqualifizierung nutzen sie nach wie vor mehrheitlich externe Kurse (je 85 Prozent) und Fachzeitschriften (2022: 82 Prozent; 2017: 75 Prozent).
Fast alle Unternehmen wollen wie schon 2017 mit dem Konzernabschluss in erster Linie die geltenden Gesetze erfüllen. Acht Prozent mehr als 2017 sehen im Konzernabschluss zudem ein Kommunikationsmedium für Investoren (78 Prozent gegenüber 70 Prozent im Jahr 2017). Und jedes fünfte Unternehmen will damit sogar einen Benchmark setzen, das sind sechs Prozentpunkte mehr als 2017.
Bei acht von zehn befragten Unternehmen ist die Vergütung der Mitarbeitenden nicht an die Qualität des Konzernabschlusses gebunden. Das ist lediglich bei 14 Prozent der Fall (2017: 18 Prozent). Wenn die Vergütung mit der Abschlussqualität verknüpft ist, bestehen in drei von zehn Unternehmen individuelle Zielvereinbarungen beziehungsweise Bonusregelungen nach Zielerreichung. Zwei von zehn Unternehmen bieten ihren Beschäftigten im Rechnungswesen einen allgemeinen Bonus. Eins von zehn Unternehmen hat eine arbeitsvertragliche Regelung über Gehaltsgruppen beziehungsweise regelt dies im gemeinsamen Austausch.
„Qualität und Effizienz sind und bleiben die wichtigsten Maßstäbe im Rechnungswesen. Darüber hinaus gewinnt die Rolle des Rechnungswesens als Business Partner im Unternehmen immer mehr an Bedeutung.“
Für die Studie hat PwC insgesamt 100 Unternehmen in Deutschland befragt. 59 von ihnen unterliegen dem deutschen Enforcement. Die Befragungen fanden im November und Dezember 2021 statt.