Die Bundesanstalt für Finanzaufsicht (BaFin) hat am 24. Oktober 2024 ihre nationalen Prüfungsschwerpunkt für das kommende Jahr bekannt gegeben.
Zusätzlich zu den gemeinsamen Schwerpunkten der Europäischen Wertpapier- und Aufsichtsbehörde (ESMA) wird die BaFin bei der Prüfung der IFRS-Abschlüsse für das Geschäftsjahr 2024 den Fokus auf die „Werthaltigkeit von finanziellen und nichtfinanziellen Vermögenswerten“ legen.
Die diesjährigen gemeinsamen europäischen Prüfungsschwerpunkte für die IFRS-Abschlüsse 2024 umfassen entscheidende Themen wie Liquiditätsüberlegungen sowie Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden, Ermessensentscheidungen und signifikante Schätzungen. Im Bereich der Liquiditätsüberlegungen wird die Wichtigkeit der Angaben zum Liquiditätsrisiko betont und die neuen verpflichtenden Angaben zu Lieferantenfinanzierungsvereinbarungen hervorgehoben. Verträge mit Covenants im Kontext des IAS 1 und IAS 10 sollen ebenfalls besonders beachtet werden. Zudem wurden häufige Fehler im Zusammenhang mit Kapitalflussrechnungen als weiterer Schwerpunkt identifiziert.
Bei den Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden, Ermessensentscheidungen und signifikanten Schätzungen gibt es allgemeine Anforderungen an die Darstellung wesentlicher Rechnungslegungsgrundsätze, Ermessensentscheidungen und Schätzungsunsicherheiten. Erneut weist die ESMA darauf hin, dass Angaben unternehmensspezifisch und konsistent sein sollen. Im Speziellen geht sie auf die Notwendigkeit der Angabe von Schätzungen mit signifikanten Auswirkungen auf Beträge im Abschluss sowie der wichtigsten zukunftsbezogenen Annahmen und sonstigen wesentlichen Quellen von Schätzungsunsicherheiten ein, durch die ein beträchtliches Risiko entstehen kann, dass innerhalb des nächsten Geschäftsjahres eine wesentliche Anpassung der Buchwerte der ausgewiesenen Vermögenswerte und Schulden notwendig wird.
Die ESMA betont die Notwendigkeit von Angaben zu maßgeblichen Ermessensausübungen und getroffenen Annahmen bei der Beurteilung von Beherrschung, gemeinschaftlicher Führung und maßgeblichem Einfluss. Darüber hinaus können Angaben zu signifikanten Ermessensentscheidungen im Zusammenhang mit Erlösen aus Verträgen mit Kunden erforderlich sein.
„Die BaFin legt vor dem Hintergrund der aktuellen wirtschaftlichen und geopolitischen Entwicklungen einen besonderen Fokus auf die Werthaltigkeit von finanziellen und nichtfinanziellen Vermögenswerten. Dies spiegelt sich auch in dem europäischen Schwerpunkt der Liquiditätsrisken wider. In Abhängigkeit von ihrer Betroffenheit müssen Unternehmen daher eine durchgehende konsistente Analyse der Auswirkungen dieser Entwicklungen auf alle Berichterstattungsteile vorlegen können.“
Beim nationalen Schwerpunkt der BaFin steht die Werthaltigkeit von finanziellen und nichtfinanziellen Vermögenswerten im Fokus. Als Hintergrund für diese Auswahl führte die BaFin aus, dass die Bewertung von finanziellen und nichtfinanziellen Vermögenswerten – gerade im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld mit seinen geopolitischen Entwicklungen sowie Nachhaltigkeitsaspekten – die Unternehmen vor Herausforderungen stellt und entsprechend ermessensbehaftet ist. Die BaFin wird sich dabei insbesondere auf die Vermögenswerte fokussieren, die in die Anwendungsbereiche der Regelungen des IAS 36 und des IFRS 9 fallen.
In Bezug auf die Werthaltigkeit von Sachanlagen, Nutzungsrechten und immateriellen Vermögenswerten, einschließlich des Geschäfts- oder Firmenwerts, wird die BaFin unter anderem hinterfragen, wie die Überwachung von Wertminderungsindikatoren erfolgt ist. Außerdem soll die Abgrenzung der zahlungsmittelgenerierenden Einheiten, die verwendeten Parameter sowie die zugrunde liegenden Annahmen überprüft werden. Bezüglich der unter den Anwendungsbereich des IFRS 9 fallenden Finanzinstrumente wird der Fokus auf Forderungen und deren Einbringlichkeit liegen.
Die BaFin hatte in der jüngeren Vergangenheit wiederholt die Notwendigkeit von nachvollziehbaren und nachprüfbaren Buchführungsunterlagen hervorgehoben. Im Rahmen ihres Prüfungsschwerpunkts wird sie daher auch überprüfen, was und wie in der (Konzern-)Buchführung des Unternehmens hierzu dokumentiert wurde. Im Zusammenhang mit dem Werthaltigkeitstest gemäß IAS 36 sollte die Dokumentation dabei grundsätzlich nicht nur die durchgeführten Werthaltigkeitstests, sondern auch die Abgrenzung der CGU-Struktur und den Prozess zur Identifizierung der „Triggering Events“ einschließen.
Die ESMA hat auch Schwerpunkte im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung definiert. Eine gründliche Wesentlichkeitsprüfung ist der Ausgangspunkt für die Bestimmung der Informationen, die in der Nachhaltigkeitsberichterstattung offengelegt werden müssen. Dabei legt die ESMA besonderen Wert auf die entsprechenden Anhangangaben. Zudem geht die ESMA auf wesentliche Anforderungen in Bezug auf Umfang und Struktur der Nachhaltigkeitsaussage ein und empfiehlt die Anwendung der Beispielstruktur aus Appendix F des ESRS 1. Im Zusammenhang mit der EU-Taxonomie (Artikel 8) verweist die ESMA auf ihre bereits im Jahr 2023 gemachten Empfehlungen.
Die BaFin hat bekanntgegeben, bei der Durchsetzung der Nachhaltigkeitsberichte einen integrierten Ansatz zu verfolgen. Künftig sollen (Konzern-)Abschlüsse im Rahmen eines Verfahrens sowohl hinsichtlich der Finanz- als auch der Nachhaltigkeitsberichterstattung geprüft werden. Wie bereits bei der Finanzberichterstattung wird es sich nicht um eine Vollprüfung handeln, sondern einzelne Aspekte oder Themen werden in den Fokus genommen. Aufgrund des Endes der Ampelkoalition und der daraus resultierenden Unsicherheit, welche Gesetze noch in 2024 beschlossen werden, ist jedoch derzeit unklar, ob es bereits 2025 zu einem Enforcement der Nachhaltigkeitsberichte in Deutschland kommen wird.
Bei der ESEF-Berichterstattung (European Single Electronic Format) liegt der Schwerpunkt auf häufigen Fehlern, die bei der Erstellung der ESEF-Dokumente festgestellt wurden. Die ESMA nennt dabei insbesondere die Verwendung der korrekten Auszeichnungselemente, die Verwendung von Erweiterungselementen und deren Verlinkung sowie eine konsistente und vollständige Auszeichnung. Weitere häufige Fehler betreffen die Verwendung der richtigen Vorzeichen, Skalierung und Genauigkeit sowie die konsistente Berechnung von ausgezeichneten Elementen.
Darüber hinaus verweist die ESMA auf weitere relevante Themengebiete, insbesondere die Verbindung zwischen finanzieller und nichtfinanzieller Berichterstattung.