EU-Taxonomie 2022: Nachhaltigkeitsberichterstattung im Wandel

PwC-Studie: Standardprozesse für Datenlieferung kaum vorhanden

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Nadja Picard
Partnerin und Global Reporting Leader bei PwC Deutschland
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Die EU-Taxonomie motiviert Unternehmen wirkungsvoll, nachhaltiger zu wirtschaften

Seit Anfang 2022 müssen Unternehmen zur EU-Taxonomie berichten, einem neuen Klassifikationssystem für „grüne“ Umsätze, Investitions- und Betriebsausgaben. Und sollten die geplanten Änderungen durch die Einführung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) greifen, werden diese Kennzahlen nicht nur berichts-, sondern ab 2024 auch prüfungspflichtig. Außerdem werden Unternehmen künftig zu weiteren Themen berichten müssen.

Bereits im letzten Jahr hat PwC Unternehmen zur nichtfinanziellen Berichterstattung befragt. Im Fokus stand dabei, inwiefern Unternehmen sich mit der EU-Taxonomie auseinandergesetzt haben und wie gut die aktuelle Datenlage und Verarbeitung der nicht-finanziellen Daten ist, um den Anforderungen durch die EU-Taxonomie gerecht werden zu können. Jetzt wollten wir herausfinden, was sich in der Zwischenzeit bei den Unternehmen getan hat und wie sie die Implementierung der EU-Taxonomie gemeistert haben. Dazu wurden 170 Unternehmen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden befragt. Gesprochen hat PwC außerdem mit neun Großbanken aus acht europäischen Ländern. Auch für sie gewinnt die EU-Taxonomie und damit die nichtfinanzielle Berichterstattung an Relevanz, weil sie wichtig sind, um den „Green Deal“ der Europäischen Union umzusetzen. So müssen sie unter anderem ihre „Green Asset Ratio“ angeben – das ist der Anteil „grüner“ Kredite bzw. Investments in ihrem Portfolio.

Ein Kernergebnis vorweg: Etwa die Hälfte der befragten Unternehmen hat bereits mit der Konformitätsberichterstattung zur EU-Taxonomie begonnen.

„Das Anforderungsniveau der EU-Taxonomie steigt weiter. Den mit der Umsetzung verbundenen Aufwand sollten die Unternehmen auf keinen Fall unterschätzen und rechtzeitig die erforderlichen Ressourcen bereitstellen oder beschaffen.“

Nadja Picard,Partnerin und PwC Global Reporting Leader bei PwC Deutschland

Die Studie im Überblick

Die EU-Taxonomie wirkt häufig als Katalysator für nachhaltigere Unternehmensaktivitäten: Ihretwegen hat für immerhin 42 % der Unternehmen Nachhaltigkeit an Bedeutung gewonnen – und 63 % der Befragten erklärten, Nachhaltigkeit habe in ihrer Organisation einen hohen Stellenwert.

Umsetzungsaufwand nicht unterschätzen

48 % der Unternehmen haben bereits mit der Konformitätsberichterstattung gemäß EU-Taxonomie begonnen – und von denen, die noch nicht damit begonnen haben, haben sich 80 % immerhin bereits mit den Konformitätskriterien auseinandergesetzt. Am häufigsten beschäftigen sich die Befragten mit den Kriterien zum wesentlichen Beitrag (59 %). Das war zu erwarten, weil dies der Logik der EU-Taxonomie entspricht.

Den mit der Berichterstattung verbundenen Aufwand sollten Unternehmen nicht unterschätzen: Nur 13 % der taxonomieerfahrenen Befragten schätzen diesen als gering ein, und 46 % gehen davon aus, wegen der Berichtspflichten im Laufe des Jahres mehr Personal zu benötigen. Bereits 61 % der Befragten setzen bei der Berichterstattung auf externe Dienstleister – deutlich mehr, als dies im letzten Jahr erwartet hatten (49 %). Offenbar haben die Unternehmen den Aufwand häufig unterschätzt.

Die meisten Unternehmen haben noch keinen Standardprozess

Das für uns bemerkenswerteste Ergebnis: 67 % der Unternehmen haben noch keine standardisierten Prozesse für die Berichterstattung zur EU-Taxonomie etabliert. Nur 20 % der Befragten haben bisher einen Standardprozess für taxonomiefähige Informationen etabliert – dabei sind solche Standardprozesse unerlässlich dafür, dass die berichteten Daten auch verlässlich sind.

Entsprechend sehen auch nur 13 % der Befragten ihr Unternehmen gut darauf vorbereitet, in den kommenden Jahren taxonomierelevante Daten zu erheben – für knapp die Hälfte (49 %) wird dies dagegen mit viel Aufwand verbunden sein. Die Unternehmen sollten Prozesse und Verantwortlichkeiten so schnell wie möglich definieren, denn das Anforderungsniveau wird weiter steigen.

Knappes Drittel der Unternehmen nutzt dezidiertes Reportingtool

Etwa jedes dritte Unternehmen (31 %) nutzt dezidierte Reportingtools für die Nachhaltigkeitsberichterstattung – nur 9 % verfügen über ein Tool speziell für die Taxonomieberichterstattung. Allerdings planen 41 %, ein solches Tool künftig einzusetzen. Bisher nutzen 72 % der Unternehmen Excel, 24 % Word und 21 % E-Mails für die Berichterstattung. Das ist kritisch zu betrachten, denn diese Tools erlauben keine prüfsichere Dokumentation.

Kreditkonditionen zukünftig von Taxonomiekonformität abhängig

Der Umsetzungsaufwand für die EU-Taxonomie ist für Banken noch einmal deutlich größer als für Unternehmen, weil sie die Klassifizierung auf Ebene der Unternehmen und auf Ebene der Einzelgeschäfte vornehmen müssen – und dies für sehr viele Fälle.

Die intensive Befragung von neun europäischen Großbanken ergab, dass insbesondere die Ergebniskonsistenz vielfach herausfordernd ist: Vor allem bei der Einwertung zur ab 2023 verpflichtenden Taxonomiekonformität kämen unterschiedliche Sachbearbeiter:innen ohne prozessgesteuerte Tools möglicherweise häufig zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Zu rechnen ist außerdem damit, dass die Regulierungsbehörden bei nicht-taxonomiekonformen Krediten eine höhere Eigenkapitalunterlegung von den Banken verlangen werden. In der Folge werden sehr wahrscheinlich auch die Banken ihrerseits preislich zwischen taxonomiekonformen und -nicht-konformen Krediten unterscheiden.

Kosten bisher im Rahmen, Kontrollen meist noch manuell

Kosten meist unter 100.000 Euro

Gut die Hälfte der Unternehmen musste bisher weniger als 100.000 Euro ausgeben, um die EU-Taxonomie zu implementieren. Etwa jedes vierte Unternehmen (26 %) hatte Kosten zwischen 100.000 und 500.000 Euro, 16 % der Unternehmen gaben mehr als 500.000 Euro aus. Die Verteilung entspricht damit in etwa den Größen der befragten Unternehmen. Wir rechnen allerdings damit, dass mit steigendem Berichtsaufwand in Zukunft auch die Umsetzungskosten steigen werden.

Qualitätssicherung selten automatisiert

Von den Unternehmen, die bereits Bericht erstatten, setzen bisher nur 7 % auf automatische interne Kontrollen. Gut ein Drittel der Unternehmen (36 %) führt manuelle Kontrollen durch, jedes fünfte (21 %) teils automatische, teils manuelle. Ein knappes Viertel der Befragten hat nur für einige Daten automatische oder manuelle Kontrollen eingeführt, 12 % der Unternehmen kontrollieren die erhobenen Daten gar nicht.

Große Herausforderung für Banken

Banken müssen aufgrund der EU-Taxonomie von ihren Kunden viele Daten abfragen, die bisher nicht im Fokus standen. Das bedeutet, dass sie in kurzer Zeit beispielsweise IT-Systeme umstellen oder neu entwickeln müssen, um Informationen mit den Kernbankensystemen abgleichen zu können – eine sehr herausfordernde Aufgabe. Aus unserer Sicht sind dabei standardisierte, prozessorientierte Eingabemasken zentral.

„Standardisierte Prozesse sind für eine funktionierende Berichterstattung unerlässlich. Nur so sind die gelieferten Daten verlässlich und ermöglichen es, Unternehmen zuverlässig zu steuern. Wer noch keine Standardprozesse etabliert hat, sollte dies schleunigst nachholen.“

Nadja Picard,Partnerin und PwC Global Reporting Leader bei PwC Deutschland

Die Methodik

Für Teil A haben wir zwischen April und Juni 2022 insgesamt 170 Unternehmen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden befragt.

Die Schweiz ist zwar als Nicht-EU-Mitglied nicht zwingend von der EU-Taxonomie betroffen; doch Schweizer Unternehmen orientieren sich häufig an den Berichtspflichten der EU-Staaten. Außerdem können Schweizer Konzerne indirekt betroffen sein, wenn sie Einzelunternehmen mit Sitz in der EU haben. Diese unterliegen dann ebenfalls den Regelungen der EU-Taxonomie. Für Teil B standen uns insgesamt neun Großbanken aus acht europäischen Ländern für intensive Gespräche zur Verfügung.

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