DER BETRIEB
Managed Services im Finanzbereich – Die Steuerfunktion

Managed Services im Finanzbereich – Die Steuerfunktion

StB Frank Kosner / RA/StB David Koisiak / StB Lukasz Mehl

Unternehmen sind gerade im Finanzbereich durch die digitale Transformation und die zunehmenden regulatorischen Anforderungen mit komplexen Herausforderungen konfrontiert. Durch die enge Verzahnung von Finanz- und Steuerfunktion müssen für beide Unternehmensbereiche gemeinsame, abgestimmte Lösungen erarbeitet werden. Eine besondere Chance ergibt sich bei der Auslagerung von Prozessen durch sog. Managed Services.

StB Frank Kosner
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Als Grundlage sollte stets ein gemeinsames Verständnis für den Begriff „Managed Services“ im Umfeld von Professional Services geschaffen werden. Im Nachfolgenden werden Managed Services als eine besondere Form der Dienstleistungserbringung verstanden, bei der ein Dienstleister (der Managed Service Provider, MSP) wiederholt bestimmte Prozesse für den Auftraggeber übernimmt. Der MSP stellt dabei das notwendige Personal, das Fachwissen und die IT. Bei Bedarf koordiniert der Serviceprovider auch weitere Anbieter.

RA/StB David Koisiak
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StB Lukasz Mehl
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Das Service-Portfolio, das in Anspruch genommen werden kann, erstreckt sich auf alle nur denkbaren Unternehmensbereiche, wobei der Auftraggeber lediglich einzelne Haupt- oder Subprozesse oder auch ganze Funktionen auslagern kann.

In Abgrenzung zum bereits seit langem verbreiteten Outsourcing ergibt sich hierbei die Besonderheit, dass eine skalierbare und kostengünstige Übernahme dieser Funktionen durch den MSP auch für komplexe Tätigkeiten möglich ist. Denn der MSP bringt neben seinem Fachwissen insb. Prozess Know-how mit und unterlegt seinen Service mit einem hohen Digitalisierungsgrad.

Enge Verzahnung von Accounting und Steuern

Managed Services haben erhebliches Potenzial für aktuelle Herausforderungen im Finanzbereich und gehören bereits in einem gewissen Umfang zur Unternehmensrealität (siehe hierzu Loitz/Gruss, DB 15/2022 S. M4 = DB1410152). Der volumenmäßig größte Teilbereich der Finanzfunktion, der sich auf einen MSP auslagern lässt, ist sicherlich das Accounting und Reporting. Dies wird im täglichen Wirtschaftsleben bereits vielfach praktiziert.

Als logischer Reflex stellt sich damit die Frage der Übernahme der Steuerfunktion, in Teilen oder im Gesamten. Denn kaum ein anderer Unternehmensbereich ist so eng mit der Buchhaltung verzahnt: Ein- und Ausgangsrechnungen müssen aus steuerlicher Sicht korrekt beurteilt werden, gleichzeitig ist die Buchführung die Grundlage für mannigfache steuerliche Erklärungspflichten. Dieser Zusammenhang liegt bei der transaktionalen USt auf der Hand, gilt aber gleicher‐

DB 16/2023 S. M5

maßen für Ertragsteuern einschließlich Quellensteuern und sonstiger steuer(naher) Anmeldungen. Insb. für aktuelle BEPS und Tax-Transparency-Themen wie DAC6 und Pillar 2 gilt dies erst recht, da die Reporting-Anforderungen zukünftig nur noch komplexer und aufwendiger werden.

Bei dieser Verzahnung mit der Steuerfunktion wird auch die Notwendigkeit eines ganzheitlichen Projektansatzes im Bereich Managed Services deutlich. Eine steuerlich nicht abgestimmte Buchführung führt unweigerlich zu Serienfehlern mit durchaus erheblichem steuerlichen Impact. Im schlimmsten Fall ergeben sich fehlerhafte Steuererklärungen oder aufwendige Korrekturen im Nachgang.

Steuern bereits bei Projektbeginn berücksichtigen

Es gilt daher, den Faktor Steuern bereits bei der Einrichtung eines Finance Managed Services miteinzubeziehen. Möchte ein Unternehmen eine weitgehende Automatisierung des Accountings erreichen, gilt es, den Kontenrahmen, die Buchungslogik und -vorgaben, Steuerkennzeichen u.v.m. auch und gerade aus dem steuerlichen Blickwinkel auszugestalten. Eine enge Absprache zwischen einem Finance MSP und Steuerexperten und -expertinnen ist unerlässlich.

Best practice ist es hierbei, bestehende Routinen und Geschäftsvorfälle zu identifizieren, um sicherzustellen, dass steuerliche Geschäftsvorfälle und sonstige Sachverhalte bisher richtig erfasst wurden, diese nunmehr zutreffend übernommen werden und sodann vor allem effizient und fortlaufend (weiter-)verarbeitet und genutzt werden können. Erfahrungen zeigen, dass regelmäßig zunächst ein zusätzlicher Aufwand durch die Aufbereitung fehlerhafter historischer Sachverhalte bzw. von Unvollständigkeiten entsteht, bevor neue Systeme vollends integriert und genutzt werden können. Hier gilt es zwei Faktoren zu berücksichtigen: Daten und Systeme inklusive Systemkonfigurationen. Liegen Daten beim Kunden (on premise oder cloud), müssen diese im Regelfall zum MSP migriert werden – vollständig und korrekt. Die Erfahrungen der letzten Jahre im Bereich R3/S4 zeigen, welche Komplexität solche Migrationen haben können. Im Steuerbereich sind dabei jedoch grds. je nach Steuerart verschiedene Vorsysteme, Systeme, VAT-Engines und sonstige Tools und Datensätze im Einsatz, was den Grad der Komplexität noch erhöht. Hier ist es sinnvoll, wenn der MSP Migrationserfahrung und automatisierte vollumfängliche Validierungslösungen besitzt. Sollte der MSP andere Systeme/Tools als der Kunde einsetzen, birgt dies weitere Komplexitäten.

Das System steht – die Benefits

Im laufenden Betrieb des Managed Service sorgt der Einsatz von auf Künstlicher Intelligenz und Machine Learning basierter Systeme für eine weitgehende Automatisierung der Prozesse. Auch wenn der derzeitige Digitalisierungsgrad noch keine vollautomatische Verarbeitung ermöglicht, kann der MSP durch das entsprechende Know-how eingreifen und die notwendigen Aufgaben übernehmen. Darüber hinaus kann er eine laufende – zur Sicherstellung der Tax Compliance angezeigte – begleitende Überwachung der Prozesse in Form von standardisierten Kontrollen und Maßnahmen abdecken.

Diese Automatisierung zeigt sich beim Einsatz von bestimmten Tools, die ein Auslesen bspw. von Rechnungen ermöglichen. Mit zunehmendem Training werden diese immer präziser darin, die richtigen Steuerkennzeichen zuzuordnen. Die Tools arbeiten dabei teilweise mit einem Confidence-Level: Ist für eine „sichere“ Einordnung der Confidence-Level nicht genügend hoch, nehmen Menschen eine manuelle Einordnung vor. Basierend darauf lernt die Maschine weiter. Die Anzahl der manuellen Eingriffe nimmt so graduell ab. Dennoch darf der Aufwand durch diese Eingriffe in einem Umfeld, in dem tausende Geschäftsvorfälle pro Tag zu verarbeiten sind, nicht unterschätzt werden. Die dafür benötigten Kapazitäten werden vom MSP gestellt. Dies gilt im Idealfall auch gleich für die Verbuchung von steuerlichen Sondersachverhalten wie z.B. der Bildung von Rückstellungen.

Sind der Managed Service und damit auch neue Technologien erfolgreich implementiert, ergeben sich daraus vielfältige Vorteile für Unternehmen. Einige davon: Steuererklärungen werden auf Knopfdruck verfügbar und es bedarf weniger manueller Anpassungen, die Buchführung entspricht den steuergesetzlichen Vorgaben, Positionen der Summen- und Saldenliste können automatisiert in die Ertragsteuererklärungen übernommen werden. Unternehmen können somit Ressourcen sparen bei gleichzeitiger Einhaltung der Compliance.

Da der MSP durch die laufende steuerliche Involvierung im Accounting bereits einen umfassenden Blick auf die steuerlichen Herausforderungen und operativen Prozesse hat, bietet es sich an, dass dieser auch die Erstellung der Steuererklärungen (ggf. im In- und Ausland) übernimmt. Dadurch entfällt mühseliger Mehraufwand durch den Informationsbeschaffungsaufwand beim Unternehmen oder das Einarbeiten bei einem externen Steuerberater. Der Reporting-Prozess verläuft damit ebenfalls effizienter und kostengünstiger.

Zusammenfassend gilt, dass sich Teile oder die gesamte Steuerfunktion unkompliziert an MSP auslagern lassen. Unternehmen profitieren dabei von modernsten und erprobten Technologien und fachlichem Know-how, insb. bei einem Zusammenspiel mit einem Finance bzw. Accounting Managed Service. Zusätzlich werden bestehende Arbeitsabläufe nachhaltig optimiert, automatisiert und effizient gestaltet. Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels dürfte eine solche Form der Serviceerbringung künftig weiter an Bedeutung gewinnen.