Ausschüttung von Gewinnen chinesischer Tochtergesellschaften nach Deutschland

29 März, 2023

Lange standen für die in China engagierten deutschen Unternehmen Investition und Wachstum im Vordergrund. Das sich in den vergangenen Jahren wandelnde Marktumfeld haben jedoch einige zum Anlass genommen, in China erzielte Gewinne abzuschöpfen und für andere internationale Projekte verfügbar zu machen.

Rechtlicher Rahmen

Gewinnausschüttungen chinesischer Tochtergesellschaften nach Deutschland sind nicht nur nach lokalem Recht zulässig, sondern auch durch das Investitionsschutzabkommen zwischen China und Deutschland besonders geschützt. Dennoch unterliegen solche Ausschüttungen in China sowohl rechtlichen als auch praktischen Beschränkungen.

Bitte beachten Sie: Eine Ausschüttung darf nach dem chinesischen Gesellschaftsgesetz (Company Law) nur bis zur Höhe des im geprüften Jahresabschluss ausgewiesenen ausschüttungsfähigen Gewinns (Retained Earnings) erfolgen. Das ist der Gewinn nach Abzug der chinesischen Körperschaftsteuer (in der Regel 25 Prozent des steuerpflichtigen Einkommens) sowie nach Bedienung der gesetzlichen Gewinnrücklage (10 Prozent des Gewinns nach Steuern, bis 50 Prozent des registrierten Kapitals erreicht sind).

Das erste Nadelöhr bei der Gewinnausschüttung über Chinas Grenzen in der Praxis ist die strenge Devisenaufsicht. Sie greift bei allen grenzüberschreitenden Zahlungen und wird auch von den Banken umgesetzt. Das zweite ist die Quellenbesteuerung.

Devisenaufsicht

Wer Zahlungen über die Grenze anweisen will, muss in der Regel ein Paket von Dokumenten schnüren, das Hintergrund und Zulässigkeit der Zahlung dokumentiert. Bei Gewinnausschüttungen gehören dazu typischerweise die folgenden Schriftstücke: Beschluss der Geschäftsleitung (Board of Directors), geprüfter Jahresabschluss des Vorjahres und Nachweis über die Entrichtung der Quellensteuern.

Hier lauert in der Praxis bereits die erste Stolperfalle: Geschäftsjahre enden in China meist am 31. Dezember und die geprüften lokalen Jahresabschlüsse werden in der Regel im April oder Mai des Folgejahres ausgestellt. Allein aus diesen Anforderungen ergibt sich: Gewinnausschüttungen müssen gewöhnlich zwischen Juni und Dezember des Folgejahres umgesetzt werden.

Ist die Ausschüttung bis Dezember nicht erfolgt, fordern Banken für die Überweisung häufig die Vorlage des geprüften Abschlusses für das anschließende Jahr, der aber erst ab April oder Mai des neuen Jahres vorliegt. So können ungeplante Verzögerungen bei der Auszahlung entstehen.

Quellenbesteuerung

Grenzüberschreitende Gewinnausschüttungen unterliegen in China einem allgemeinen Quellensteuersatz von 10 Prozent der Ausschüttung. Der ausländische Anteilseigner erhält bei einer Ausschüttung also lediglich 90 Prozent des beschlossenen Ausschüttungsvolumens sowie eine (in chinesischer Sprache verfasste) Steuerbescheinigung über die abgeführten 10 Prozent. In Deutschland sind Quellensteuern auf Gewinnausschüttungen für Körperschaften in der Regel weder anrechenbar noch abzugsfähig, da Gewinnausschüttungen für Körperschaften weitgehend steuerfrei gestellt werden. Insoweit besteht ein großes Interesse, den Umfang der Quellenbesteuerung bereits in China zu reduzieren.

Das chinesisch-deutsche Doppelbesteuerungsabkommen sieht tatsächlich eine Reduzierung der Quellensteuer auf 5 Prozent vor für Fälle, in denen der wirtschaftlich Berechtigte (Beneficial Owner) an der Ausschüttung eine in Deutschland ansässige Kapitalgesellschaft (nicht Personengesellschaft) ist, die unmittelbar mindestens 25 Prozent am registrierten Kapital der chinesischen Tochtergesellschaft hält.

Was einfach klingt, birgt im Einzelfall ebenfalls Überraschungen. So können Ausschüttungen beispielsweise ungeachtet des Wortlauts nicht von der Vergünstigung des Doppelbesteuerungsabkommens profitieren, wenn sie aus Gesellschaftsanteilen stammen, die innerhalb der vorangegangenen zwölf Monate steuerbegünstigt zum Buchwert übertragen wurden.

Bitte beachten Sie dabei: Personengesellschaften sind kategorisch von der Reduzierung der Quellensteuer ausgeschlossen und daher aus steuerlicher Sicht ungeeignet als Anteilseigner.

Wirtschaftlich Berechtigte

Die Definition des wirtschaftlich Berechtigten schließt in China neben dem Konzept der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (wer also unabhängig von der rechtlichen Ausgestaltung tatsächlich an der Gewinnausschüttung berechtigt ist) auch Regelungen gegen einen möglichen Missbrauch von Vorteilen aus Doppelbesteuerungsabkommen (also Antimissbrauchsregelungen) mit ein.

Für die Prüfung der wirtschaftlichen Berechtigung werden nach chinesischer Lesart vorrangig drei Fragen gestellt:

  1. Zahlt der ausländische Anteilseigner innerhalb von zwölf Monaten nach Vereinnahmung der Ausschüttung mindestens die Hälfte an den Ansässigen eines Drittlands oder ist er verpflichtet, sie zu zahlen?
  2. Geht der ausländische Anteilseigner einem eigenen Geschäft nach und hat dazu einen ausreichend eingerichteten Geschäftsbetrieb (Einnahmen, Mitarbeiter, Büro, Arbeitsgerät etc.)?
  3. Wird die Gewinnausschüttung im Ansässigkeitsstaat des Anteilseigners nicht oder nur niedrig besteuert?

Die Kriterien sollen ganzheitlich geprüft werden. Bedenken bei einem Kriterium schließen also nicht notwendigerweise die Vergünstigung aus, wenn andere Kriterien umso unbedenklicher sind. Daher führt die in Deutschland systemimmanente weitgehende Steuerfreistellung von Einnahmen aus Gewinnausschüttungen für Körperschaften (siehe Kriterium 3) allein noch nicht dazu, dass der günstigere Quellensteuersatz versagt wird.

In der Praxis geht es für deutsche Unternehmen mit ihren chinesischen Tochtergesellschaften vorrangig um die Frage nach dem eigenen Geschäftsbetrieb (siehe Kriterium 2). Das gilt vor allem, wenn die beteiligte Gesellschaft nicht eine durch Produktion oder Handel ohnehin operativ tätige Gesellschaft ist, sondern beispielsweise eine aus haftungsrechtlichen oder organisatorischen Gründen zwischengeschaltete Beteiligungsgesellschaft.

In solchen Fällen ist tatsächlich eine genaue Analyse erforderlich, ob die (eng gefassten) Voraussetzungen für einen Durchgriff auf die nächsthöhere (vielleicht substanzstärkere) Gesellschafterebene erfüllt sind oder ob im Vorfeld einer Gewinnausschüttung in der GmbH sukzessive substanznachweisende Elemente aufgebaut werden sollten.

Reinvestitionen von Gewinnausschüttungen in China

Eine andere Form der Begünstigung ergibt sich nach lokalem Steuerrecht für Fälle, in denen eine Gewinnausschüttung über die Grenze zwar beschlossen wird, das Geld aber direkt wieder in China investiert werden soll. Sind die Voraussetzungen erfüllt, verzichtet das Finanzamt temporär auf die Erhebung der Quellensteuer insgesamt. Auch hier steckt der Teufel im Detail. Daher ist im Einzelfall zu prüfen, ob und wie die Voraussetzungen erfüllt werden können und welche Vorteile sich tatsächlich ergeben.

Währung

Ein eigenes Thema kann sich in der Praxis aus der im Ausschüttungsbeschluss genannten Währung ergeben. Während Buchhaltung und Steuererklärungen in China naturgemäß in der lokalen Währung Renminbi (RMB) abgebildet werden, kann der Beschluss der Geschäftsleitung eine Ausschüttung in fremder Währung (etwa Euro) vorsehen. In diesem Fall ist die Transaktion grundsätzlich tagesgenau in Renminbi umzurechnen.

In der Praxis ergeben sich daraus zwei Probleme: Zum einen darf die tatsächliche Ausschüttung den im Jahresabschluss in Renminbi ausgewiesenen ausschüttungsfähigen Gewinn nicht übersteigen. Schwankungen des Umrechnungskurses können so zu einem Auseinanderklaffen zwischen tatsächlicher Ausschüttung und Ausschüttungsbeschluss führen.

Zum anderen ist die Umrechnung in Renminbi auch für die Quellensteuererklärung erforderlich. Erfolgt die Erklärung einige Tage vor der tatsächlichen Zahlung, weicht diese Umrechnung sehr wahrscheinlich von der tatsächlichen Zahlung ab und es kommt gegebenenfalls zu einer Über- oder Unterzahlung, die korrigiert werden muss.

Fazit

Obwohl Gewinnausschüttungen rechtlich zulässig und üblich sind, ist ihre praktische Umsetzung an komplexe Vorgaben geknüpft. Viele Themen während der Ausschüttung ergeben sich erst in Zusammenhang mit den Besonderheiten des Einzelfalls. Insoweit empfiehlt sich gerade bei den ersten Ausschüttungen eine übergreifende Planung und Vorbereitung, bis sich eine gewisse Routine herausgebildet hat.

Alexander Prautzsch

Alexander Prautzsch

Alexander Prautzsch ist Tax Director bei PwC China im Büro Shanghai und Mitglied der European Business Group. Er berät europäische Kunden bei Investitionen in China. Seine Schwerpunkte liegen auf chinesischen, deutschen und internationalen Steuerfragen für Firmenkunden und deren Mitarbeiter und Bereichen wie Anlageberatung, Restrukturierung, Gewinnrückführung und Planung der Lieferkette. Der deutsche Muttersprachler spricht fließend Englisch und Mandarin.

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