Mit dem Abkommen über das CO2-Grenzausgleichssystem bepreist die Europäische Union Emissionen, die bei der Produktion von Waren entstanden sind, die in die EU eingeführt werden. In Kraft trat der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) bereits am 1. Oktober 2023. Die Übergangsfrist endet am 31. Dezember 2025 und wird am 1. Januar 2026 vom operativen CBAM abgelöst.
Ursprünglich wurde der CBAM als Teil des „Fit for 55“-Pakets der EU-Kommission angekündigt. Diese Initiative zielt darauf ab, die Nettotreibhausgasemissionen bis 2030 im Vergleich zu 1990 um mindestens 55 Prozent zu reduzieren. Der CBAM soll dazu beitragen, die Verlagerung von CO2-Emissionen zu reduzieren. Eine solche Verlagerung von CO2-Emissionen liegt in diesem Kontext dann vor, wenn die Bemühungen der EU zur Verringerung der CO2-Emissionen durch einen Anstieg der Emissionen in Nicht-EU-Ländern ausgeglichen werden. Dazu kann es kommen, wenn Unternehmen ihre Produktion in Nicht-EU-Länder mit weniger ambitionierten CO2-Richtlinien verlagern und/oder ihre Importe von CO2-intensiven Produkten aus diesen Ländern erhöhen. Der Mechanismus soll folglich verhindern, dass CO2-Emissionen einfach verlagert werden. Im Kern besteuert die EU-Kommission mit dem CBAM also die Einfuhr CO2-intensiver Produkte aus Ländern außerhalb der EU.
Nach der Verordnung (EU) 2023/956 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Mai 2023 zur Einführung des CBAM unterliegen ihm Importeure von Waren und Zollagenten, die als indirekte Vertreter mit Sitz in der EU handeln – „CBAM-Anmelder“. Die Verordnung gilt für Waren, die in Anhang I der Verordnung (EU) 2023/956 aufgeführt sind und aus einem Drittland stammen, wie zum Beispiel aus China. Die vorgeschlagenen Produktkategorien für den Geltungsbereich des CBAM sind Aluminium, Eisen und Stahl, Zement, Düngemittel, Elektrizität, Wasserstoff sowie nachgelagerte Erzeugnisse und Vorläuferwaren aus Stahl und Eisen. Eine Ausweitung auf weitere Kategorien, zum Beispiel Produkte aus Polymeren oder Chemikalien, ist in naher Zukunft möglich.
Der CBAM verläuft in zwei Phasen: einer Übergangs- oder Startphase und der operativen Phase. Die Importeure müssen seit dem 1. Oktober 2023 vierteljährlich CBAM-Berichte erstellen und einreichen, in denen sie Rechenschaft ablegen über die „eingebetteten grauen Emissionen“ („embedded emissions“). Der CBAM-Bericht verlangt auch die Offenlegung aller in Nicht-EU-Ländern gezahlten CO2-Preise. In der Übergangszeit dient das nur Informationszwecken, wird also nicht angerechnet.
China ist einer der wichtigsten Handelspartner für die EU und die Einführung des CBAM wird die Handelsbeziehungen zwischen diesen beiden Wirtschaftsmächten vermutlich stark beeinflussen. Glaubt man den Prognosen von S&P Global, wird China zwischen 2026 und 2040 CBAM-Waren in einem Umfang von 868,94 Millionen Tonnen in die EU exportieren. Laut dem S&P Global Trade Atlas werden dies voraussichtlich Eisen- und Stahlwaren, Aluminium und Chemikalien sein. Die betroffenen Unternehmen in der EU und speziell auch in China werden die Auswirkungen des CBAM daher deutlich spüren und sollten dessen Folgen auf ihre Lieferketten und Beschaffungsstrategien antizipieren. Die vom CBAM betroffenen Unternehmen sollten sich vor allem auf fünf Aufgaben einstellen.
Die durch den CBAM vergrößerte unmittelbare Abhängigkeit zwischen den chinesischen Produktionsbetrieben und den in die EU importierenden Unternehmen kann zu Spannungen führen. Dabei sollten die Parteien die folgenden Fragen beantworten.
Diese und weitere Fragen sollten sich Unternehmen bei der zukünftigen Auswahl von Produktionsstandorten in China stellen, da sie vor dem Hintergrund des CBAM einen direkten Einfluss auf ihre wirtschaftlichen Aktivitäten haben werden.
Es gibt keine Patentlösung für die Umsetzung des CBAM. Zu empfehlen sind allerdings Maßnahmen und Strategien, die europäische und chinesische Unternehmen dabei unterstützen, die Chancen und Risken des CBAM präzise zu erfassen, sich sorgfältig darauf vorzubereiten und sich den neuen Erfordernissen bestmöglich anzupassen.
Viel Zeit bleibt den Unternehmen nicht. Infolge des ab dem 1. Januar 2026 fälligen CO2-Preises auf die Einfuhr der CBAM-Produkte werden außer den Meldepflichten auch seine finanziellen Auswirkungen umfassend zu spüren sein. Europäische Unternehmen, die Investitionen und Kooperationen mit chinesischen Herstellerbetrieben planen, sollten die Risiken, aber auch die Chancen des CBAM zeitnah analysieren und entsprechend handeln. Die Experten der PwC Customs and International Trade Expertise stehen Ihnen in der Schweiz und in Deutschland gern mit Rat und Tat zur Seite.
Oliver Hulliger
Oliver Hulliger ist Handels- und Zollexperte mit langjähriger Berufserfahrung. Er arbeitet seit 15 Jahren in der Beratung und war früher mehrere Jahre beim Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit tätig. Oliver Hulliger unterstützt nationale und internationale Unternehmen bei Zoll-, Außenhandels- und Nachhaltigkeitsthemen. Seine Schwerpunkte sind Zoll- und Prozessmanagement, Supply-Chain-Projekte, Nachhaltigkeitsthemen wie CBAM sowie Umweltsteuern und -abgaben, Warenursprung und Präferenzen sowie Zollverfahren.
Tel.: +41 58 792 56 96
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