20 Mai, 2020
Obwohl sich ihr Wachstum stetig verlangsamte, expandierte die chinesische Wirtschaft in den letzten Jahren schneller als die anderer Weltregionen. Daran wird auch die Coronapandemie nichts ändern. Im Gegenteil: China wird den dramatischen Einbruch der Wirtschaft wesentlich besser kompensieren als
die meisten anderen Volkswirtschaften. Thomas Heck, Leiter der China Business Group Deutschland und Europa, spricht im Interview darüber, was Unternehmen jetzt beachten sollten.
Bleibt China als Investitionsstandort interessant?
Thomas Heck: China ist und bleibt ein äußerst wichtiger Produktionsstandort und Absatzmarkt. Die im Rahmen der Coronakrise ergriffenen Maßnahmen zwingen im Moment alle Wirtschaftsbeteiligten weltweit, auf Sicht zu fahren. Ungeachtet dessen spricht vieles dafür, dass die Wachstumsraten in China auch in den kommenden Jahren deutlich über denen des Euroraums oder der USA liegen werden.
Selbst wenn Lieferketten und Wertströme in Zukunft teilweise neu strukturiert und regionalisiert werden, wird China ein zentraler Bestandteil der Weltwirtschaft bleiben – in der Produktion, aber auch als Absatzmarkt.
Welche Besonderheiten sollten Unternehmer bei einem Markteintritt beachten?
Thomas Heck: Wenn sich die aktuellen Irritationen im Rahmen der Pandemiebekämpfung gelegt haben, sollte auch in Zukunft im ersten Schritt der Marktzugang überprüft werden. China ist trotz aller Reformmaßnahmen in vielen Bereichen weiterhin eine gelenkte Staatswirtschaft und schützt die heimische Wirtschaft durch aktive Industriepolitik vor ausländischer Konkurrenz. Die zweite Grundsatzfrage lautet, ob der Markteintritt allein oder mit einem lokal ansässigen Joint-Venture-Partner erfolgen soll. Beide Varianten haben Vor- und Nachteile. Deutsche Produkte genießen in China nach wie vor ein sehr hohes Ansehen. Das erleichtert vieles, ist aber kein Garant für Erfolg.
Wie beurteilen Sie die Entwicklungsperspektiven Chinas nach der Coronakrise?
Thomas Heck: Unabhängig von der Coronakrise und ihren Folgen werden die Wachstumsraten in China in den kommenden Jahren deutlich höher liegen als in Europa oder Nordamerika. Unter diesem Aspekt bleiben die wirtschaftlichen Perspektiven sehr gut.
Wenn die Pandemie bewältigt sein wird, wird Chinas sich mit den alten Herausforderungen auseinandersetzen müssen, die auch die Wirtschaft des Landes stark beeinflussen.
Dazu gehören demografische Veränderungen, Überkapazitäten in vielen Schlüsselindustrien, hohe Verschuldung von Staat und Unternehmen, Umweltverschmutzung, Korruption und eine verbesserungswürdige Rechtsstaatlichkeit. All dies gilt es bei Investitionen in China zu berücksichtigen.
Wie sehen Sie China als Investor? Wie sind hier die Erfahrungen von Unternehmen und Mitarbeitern?
Thomas Heck: Chinesische Unternehmen, ob nun in staatlicher Hand oder im Privateigentum sind schon seit einigen Jahren dabei, sich an Firmen im Ausland zu beteiligen. In den Jahren von 2015 bis 2017 gab es einen regelrechten Boom. Hier sehen wir heute eine gewisse Normalisierung. Chinesische Investoren treten heute meist mit einer langfristigen Perspektive auf. Sie befassen sich genau mit dem zu erwerbenden Unternehmen und ziehen nur dann einen Kauf in Betracht, wenn neben dem Preis auch der strategische Fit passt. Allerdings gibt es in der konkreten Zusammenarbeit zwischen chinesischen Gesellschaftern und dem Management in Europa auch viele Herausforderungen, um gemeinsam Projekte durchzuführen. Hier können in Zukunft aus unserer Sicht noch erhebliche Synergien geschaffen werden.
Thomas Heck
Partner, PwC USA Business Group Leader & China Business Group, PwC United States
Tel.: +49 175 9365-782