Chinas 14. Fünfjahresplan – eine erste Sichtung

17 Juni, 2021

Im März 2021 haben die Delegierten des Nationalen Volkskongresses der Volksrepublik China im Rahmen der „Two Sessions“ den neuen Fünfjahresplan genehmigt und verabschiedet. Es ist die 14. Auflage seit der Gründung der Volksrepublik (abgekürzt: 145) und wird die wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Entwicklung des Landes in den nächsten Jahren stark beeinflussen.

Xi ist der erste Präsident seit Mao, der einen zweiten Fünfjahresplan verantwortet

Das umfangreiche, aber kompakte Werk umfasst 19 Kapitel und 65 Unterkapitel auf 148 Seiten. Es ist eine gute Navigationshilfe, um sich in der Wirtschaft Chinas zurechtzufinden und die Ziele der chinesischen Regierung zu verstehen. Dem gerade verabschiedeten Dokument werden in den nächsten Wochen und Monaten noch viele Schwestern und Brüder folgen: Alle Provinzen, größeren Städte und Gemeinden sowie jedes Staatsunternehmen werden eigene 145 erstellen, um sie von den verantwortlichen Regierungsstellen genehmigen zu lassen. Diese auf den nächsten Detaillierungsgrad heruntergebrochenen Fünfjahrespläne können umfangreicher sein als das nationale Dokument. Inwieweit sie die gesetzten Ziele umsetzen, wird seit dem ersten Fünfjahresplan akribisch erfasst und dokumentiert. Sie dienen als Vorgabe für die Definition der Leistungsziele und -kriterien für Millionen von Kadern auf allen Ebenen des chinesischen Staatsapparats.

Die Bedeutung des Dokuments und des sich alle fünf Jahre wiederholenden Rituals wird dadurch erhöht, dass Generalsekretär Xi Jinping nun das zweite Mal einen Fünfjahresplan unter seiner Führung erstellen und implementieren kann. Seit Mao Zedong hatte kein anderer Präsident der Volksrepublik China diese Möglichkeit, denn Xi Jinpings Amtsdauer geht über die bisher übliche Amtsdauer von zehn Jahren hinaus. Weiteres Gewicht erhält der 145 dadurch, dass die Volksrepublik im Juni 2021 das 100-jährige Bestehen der Kommunistischen Partei Chinas feiert. 

Es ist deshalb nicht überraschend, dass der Zeithorizont des neuen Fünfjahresplans weit über die üblichen fünf Jahre hinausgeht und bereits Ziele für die nächste Dekade (2030) skizziert. Das aktuelle Dokument dokumentiert das bisher Erreichte, um es als Projektion für die künftige Entwicklung zu nutzen. Es werden strategische Weichenstellungen angekündigt, die nach Aussage der chinesischen Regierung von historischer Bedeutung sind: 

„The core of the plan is to realize the biggest strategic shift since the Third Plenary Session of the 11th Central Committee (1977–1982) and the establishment of a market economy system.“

Li Junru, Vizepräsident der zentralen Parteischule

Diese Aussage ist von zentraler Bedeutung, weil mit dem von Deng Xiaoping eingeleiteten Paradigmenwechsel vor 40 Jahren der Aufschwung Chinas zur zweitgrößten Wirtschaftsmacht der Welt begann.

Alle Unternehmen, die in China tätig sind oder mit China Geschäfte machen, sind gut beraten, den 145 kritisch zu würdigen und auf Auswirkungen auf den eigenen Industriebereich zu überprüfen. Das gilt auch für vor- und nachgelagerte Industriezweige. Die eigene Situation – Chance oder Bedrohung – kann dann mithilfe einer Risikoanalyse beurteilt und eine eigene Strategie für die neue Situation erstellt oder angepasst werden. So können negative Entwicklungen frühzeitig erkannt werden, seien dies neue Konkurrenten oder ein für die eigene Geschäftsaktivitäten ungünstiges regulatorisches Umfeld.

Resilienz der Lieferketten

Ein beherrschendes Thema des 145 ist die „duale Zirkulation“: Der enorm große Binnenmarkt soll für die nächsten Schritte der wirtschaftlichen Entwicklung genutzt werden. Einerseits wird der Zugang zu diesem Markt einfacher, andererseits erhalten nur die Marktteilnehmer Zugang, die mit der Fünfjahresplanung der chinesischen Regierung im Einklang stehen. 

Die Bausteine in diesem Prozess werden wie folgt beschrieben:

  • domestic large circulation 
  • expand domestic demand
  • domestic and international synergies

Mit anderen Worten: ein „balanced import-export development“.

Dies geht einher mit dem Fokus auf die Resilienz der Versorgungsketten. Die Pandemie hat auch in China Mängel und Schwächen von Lieferketten aufgezeigt. Sie sollen nun im Interesse der Risikominimierung behoben werden.

Daten sind in den letzten Jahren ein erheblicher Produktionsfaktor der globalen Wirtschaft geworden. Der 145 widmet sich diesem Megatrend ausführlich und will durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass die Konsum- und Personendaten der 1,4 Milliarden Einwohner Chinas im Interesse des Staates und der Sicherung der Vormachtstellung der eigenen Wirtschaft genutzt werden. 

Weitere Schwerpunkte sind der Umweltschutz und die digitale Wirtschaft. Sie sollen das Weiterkommen der chinesischen Gesellschaft auf dem Weg zu einem wohlhabenden Staat unterstützen. Dasselbe gilt für den Einfluss Chinas auf internationale Reglementierungen (darunter 5-G-Technologie), Innovation und die zunehmende Zusammenarbeit von Staat und Privatwirtschaft, um staatlich gesetzte Ziele zu erreichen.

Felix Sutter
Tel.: +41 79 4052785
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Fazit

Das Verstehen und Einschätzen der eigenen unternehmerischen Situation in China ist essenziell. Der
14. Fünfjahresplan ist ein äußerst wirkungsvolles Hilfsmittel dafür. Im Gespräch mit chinesischen Funktionären, Regierungsmitgliedern und Unternehmern ist es von großem Vorteil, die Aussagen des Fünfjahresplans zu kennen, die für das eigene Industrieumfeld relevant sind. 

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Thomas Heck

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Partner, PwC USA Business Group Leader & China Business Group, PwC United States

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