China Compass, Sommer 2024

Chinas Appetit auf Fleisch

Blick über Einkaufswagen in Supermarktgang
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  • 28 Jun 2024

China nimmt eine führende Position auf dem globalen Lebensmittelmarkt ein, mit einem Marktvolumen von 1,26 Billionen US-Dollar im Jahr 2022, deutlich vor den USA mit 965 Milliarden US-Dollar. Ein Teil der Ausgaben der Chinesen für Lebensmittel fließt in den Kauf von Fleisch. China ist bereits der weltweit größte Fleischmarkt und die Nachfrage wächst weiter.

Fleischkonsum steigt weiter an

Es wird erwartet, dass der Fleischkonsum von derzeit 35 Kilogramm pro Kopf bis 2026 auf etwa 52 Kilogramm ansteigt. Obwohl der Fleischverbrauch pro Kopf in China im Vergleich zu vielen Industrieländern noch gering ist, konsumieren die Chinesen bereits heute knapp ein Drittel des weltweiten Fleischangebots, was etwa 28 Prozent im Jahr 2021 entsprach. Dies entspricht auch etwa 73 Prozent des asiatisch-pazifischen Fleischmarkts. Laut Statista wird der Markt für Frischfleisch voraussichtlich um 109 Prozent von 76,35 Milliarden US-Dollar im Jahr 2023 auf 159,6 Milliarden US-Dollar im Jahr 2027 wachsen.

Produktsicherheit und Nachhaltigkeit sind von Bedeutung

Schweine- und Geflügelfleisch sind traditionell die beliebtesten Fleischsorten in China. Insbesondere Schweinefleisch ist nach wie vor die bevorzugte Wahl und ein fester Bestandteil der chinesischen Küche. Im Jahr 2022 entfielen etwa 60 Prozent des chinesischen Fleischverbrauchs auf Schweinefleisch, gefolgt von Geflügel mit 20 Prozent und Rindfleisch mit 10 Prozent. Es wird jedoch erwartet, dass der Konsum von Rindfleisch in Zukunft zunehmen wird, insbesondere bei wohlhabenden Konsumenten, die Rindfleisch für gesünder erachten als Schweinefleisch.

Chinesische Verbraucher achten beim Kauf von Fleisch zunehmend auf Produktsicherheit und Nachhaltigkeit. Sie interessieren sich dafür, wie die Tiere gehalten werden und ob beispielsweise Antibiotika bei der Aufzucht eingesetzt wurden. Auch Ausbrüche von Seuchen wie die der Afrikanischen Schweinepest im Jahr 2020 haben nicht nur die Nachfrage, sondern auch das Verbraucherbewusstsein in den letzten Jahren stark beeinflusst. Fleischalternativen gewinnen zwar leicht an Bedeutung, führen aber bisher noch nicht zu einem signifikanten Umdenken. Teilweise ist sogar eher eine Intensivierung des Fleischkonsums zu beobachten.

Enormes Wachstum im Sektor Fast Food

Laut einer Analyse von PwC China verzeichnet der Fast-Food-Sektor in China ein enormes Wachstum. Im Jahr 2023 haben sich gleich mehrere chinesische Burger-Unternehmen eine Finanzierung gesichert, und die Zahl der westlichen Fast-Food-Restaurants, die sich „China Burger“ oder „Chinese Burger“ nennen, hat sich von 1.772 im August 2022 auf 3.533 im Jahr 2023 verdoppelt. Der westliche Fast-Food-Markt hat sich nach der Pandemie bemerkenswert erholt und wird voraussichtlich im Jahr 2023 einen Umsatz von 368,78 Milliarden RMB erreichen, was einem jährlichen Wachstum von 15 Prozent entspricht.

Chinas Fleischindustrie im Wandel

China deckt seinen Bedarf an Fleisch größtenteils durch Importe. Das Land ist aber nicht nur der größte Fleischmarkt, sondern auch der größte Fleischproduzent der Welt. Insgesamt sind mehr als 500.000 Unternehmen in der Fleischproduktion, -verarbeitung und -distribution in China tätig. Im Jahr 2022 wurden rund 92 Millionen Tonnen Fleisch produziert. Große Konglomerate wie die WH Group, Muyuan Foods und New Hope Group decken die gesamte Wertschöpfungskette von Futtermitteln, Aufzucht, Schlachtung bis hin zur Verarbeitung eigener Fleischprodukte ab.

Fleischproduktion in China
in Millionen Tonnen*

Nahrungsmittel 2020 2022  Veränderung in Prozent
Fleisch gesamt, darunter:
77,5

92,3 19,1
Schweinefleisch 41,1

55,4 34,8
Geflügel 24,7

24,4 -1,2

* Erfasst sind Unternehmen mit einem Jahresmindestumsatz von 3 Millionen US$.
Quelle: Nationales Statistikamt NBS 2023

Ausländische Unternehmen sind in der Regel über Joint Ventures oder Firmenübernahmen in der chinesischen Fleischindustrie vertreten, um ihre Lieferketten so lokal wie möglich aufzustellen. Diese Unternehmen stammen hauptsächlich aus den USA und Australien.

Die chinesische Fleischindustrie strebt jedoch eine effizientere, modernere und nachhaltigere Produktion an. Dies eröffnet Geschäftschancen für europäische Zulieferer, insbesondere wenn sie vor Ort in China präsent sind. Die Fleischindustrie in China muss beispielsweise Umweltschutzbestimmungen und Vorgaben zur CO2-Reduzierung umsetzen. Daher rüsten Unternehmen mit Solaranlagen oder Anlagen zur Weiterverarbeitung von Gülle auf. Die staatlichen Anforderungen an den Umweltschutz bei Zuchtanlagen stellen jedoch insbesondere Kleinbetriebe vor große Herausforderungen, da sie oft nicht über die finanziellen Mittel verfügen. Eine weitere Konsolidierung der Wertschöpfungsketten in der chinesischen Fleischwirtschaft wird daher erwartet.

Steigende Anforderungen an Hygiene und Tierschutz

Seit der Eindämmung der Schweinepest sind die staatlichen Anforderungen an die Hygienebedingungen in den Ställen gestiegen. Dies erhöht die finanzielle Belastung der Unternehmen, die ohnehin unter hohem Wettbewerbsdruck stehen. In der bisher stark fragmentierten Branche setzen sich daher zunehmend Großunternehmen durch. Die führenden 20 Unternehmen decken bereits rund 25 Prozent der gesamten Schweinefleischproduktion des Landes ab. Experten gehen von einer weiteren Konsolidierung aus, sodass sich ihr Marktanteil in den nächsten fünf Jahren weiter deutlich erhöhen dürfte.

In der Schweinezucht entfallen etwa 65 bis 75 Prozent der Kosten auf Futter, das zu einem signifikanten Anteil importiert werden muss. Es bestehen Geschäftsmöglichkeiten für europäische Unternehmen für Futterzusatzstoffe wie Vitamine und Mineralien sowie Tier-Pharmazeutika.

Modernisierung erforderlich

Um eine nachhaltige Tierhaltung zu gewährleisten, müssen Ausrüstung und Gebäude sowohl bei Neubauten als auch bei Modernisierungen bestimmte Anforderungen erfüllen. Zuchtbetriebe müssen daher verstärkt in moderne Anlagen investieren. Die Ausrüstung für die Aufbereitung von Gülle, Lüftungsanlagen und Zuchtanlagen wird jedoch größtenteils von lokalen Herstellern bezogen. Etwa 80 Prozent der Ausrüstung stammen laut Vertretern deutscher Zulieferer aus lokaler Produktion.

Reduzierung der Abhängigkeit von Futtermittelimporten

China strebt an, selbst mehr Futtermittel zu produzieren, um unabhängiger von führenden Getreideherstellern aus den USA, Australien und der Ukraine zu werden. Hierfür sind moderne Agrarmaschinen und Ausrüstung für Zuchtbetriebe erforderlich. Dazu gehört auch eine effizientere Verteilung des Futters an die Tiere. Deutsche Unternehmen sind bereits mit der Produktion von Futterpremix für Schweine und Rinder in China vertreten. Die Rohstoffe werden dabei fast ausschließlich aus China bezogen, während Zusatzstoffe zur Weiterverarbeitung aus Deutschland importiert werden. Insgesamt benötigt China umfangreiche Mengen an Ölen und Fetten für die Futtermittelproduktion.

Fazit

Die chinesische Agrarindustrie steht vor einem großen Wandel und erheblichen Herausforderungen. Modernisierung ist erforderlich, wird aber zu 80 Prozent lokal abgedeckt.

Aufgrund der Industrialisierung und der niedrigen Geburtenrate stehen weniger Arbeitskräfte zur Verfügung, Familienbetriebe werden aufgegeben und die effektive Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen ist möglicherweise nicht mehr gewährleistet. Dies erhöht jedoch potenziell die Abhängigkeit von Futtermittelimporten, Abhängigkeiten, die China eigentlich reduzieren möchte. Es bleibt abzuwarten, wie sich der Markt entwickelt und ob sich interessante Geschäftsfelder auch für europäische Anbieter ergeben.

Weitere Informationen

Der vorliegende Text ist ein aktualisierter und überarbeiteter Beitrag der GTAI. Den Originalbeitrag hat die GTAI im April 2024 veröffentlicht: „China hat Hunger auf Fleisch

Robert Herzner ist Chief Representative Hongkong der GTAI Germany Trade & Invest.

Robert Herzner

Robert Herzner ist Chief Representative Hongkong der GTAI Germany Trade & Invest. Neben der wirtschaftlichen Entwicklung in Hongkong und Südchina liegt sein Fokus auf der Berichterstattung für deutsche Unternehmen in den Bereichen Handel und Lieferketten, Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) sowie Finanzwirtschaft. Wie zuvor in Shanghai begleitet er ausländische Unternehmen bei der Ansiedlung in Deutschland.

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Jan Jovy ist Director Inbound/Outbound Services bei PwC in China.

Jan Jovy

Jan Jovy ist Director Inbound/Outbound Services bei PwC in China. Als Teil der European Business Group unterstützt er Unternehmen, speziell aus Europa und China, bei internationalen Markteinstiegs-, Expansions- und Transformationsvorhaben. Jan Jovy war sieben Jahre als General Manager bei Auslandshandelskammern in Greater China an der Schnittstelle von Wirtschaft und Politik tätig und leitete davor fünf Jahre die Greater-China-Aktivitäten eines mittelständischen deutschen Unternehmens.

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Marc Tedder

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