29 März, 2023
Der Global Economic Crime Survey 2022, die alle zwei Jahre von PwC durchgeführte Umfrage zu aktuellen Trends bei Täuschung, Bestechung und anderen Wirtschaftsdelikten in Unternehmen, hat bestätigt: Betrug bedroht die Wirtschaft weiterhin weltweit.
46 Prozent der weltweit Befragten gaben an, sie seien in den letzten 24 Monaten in irgendeiner Form von Betrug oder sonstiger Wirtschaftskriminalität betroffen gewesen. Parallel zur stetig steigenden Bedeutung von Hackeraktivitäten in den letzten Jahren war Cyberkriminalität die häufigste und einschneidendste Art von Betrug, mit der Unternehmen in den meisten Branchen konfrontiert wurden. Darüber hinaus gaben 21 Prozent der Befragten an, sie hätten Cyberkriminalität infolge der durch COVID-19 verursachten Störungen als neue Betrugsart erlebt.
Statt Cyberkriminalität überwiegen in China jedoch nach wie vor die traditionellen Betrugsfälle: Täuschungen bei der Rechnungslegung und der Erstellung von Finanzberichten wurden von den befragten Chinesen als die häufigste Art von Betrug und die Veruntreuung von Vermögenswerten als die belastendste genannt. Der in China häufig anzutreffende Finanzbetrug bedroht die Integrität der Jahresabschlüsse und des lokalen Managements nach wie vor. Daher werden Verdachtsfälle von externen Wirtschaftsprüfern und anderen Interessengruppen sehr genau geprüft. Kommt es zu einem Betrugsfall, sind neben den direkten Auswirkungen auf die Jahresabschlüsse vor allem vier Fragen zu klären: Wie verbreitet sind die Fälle? Wurden alle Probleme aufgedeckt? Hat die interne Kontrolle Mängel? Sind die Maßnahmen, die zur Abhilfe ergriffen wurden, geeignet, die Ursachen zu beseitigen?
Betrug und Korruption infolge von geheimen Absprachen mit Dritten sind in China nach wie vor besonders häufig. Nicht weniger als 50 Prozent der Befragten gaben an, der stärkste Betrugsfall, den sie erlebt hätten, sei auf Absprachen zwischen internen und externen Parteien zurückzuführen (zwei Jahre zuvor waren es nur 40 Prozent). Nur 24 Prozent der Befragten in China teilten mit, der schwerwiegendste Betrugsvorfall sei auf einen externen Täter zurückzuführen (ohne Absprache mit internen Parteien). Zum Vergleich: In Europa sagen das 56 Prozent und 43 Prozent weltweit. Das Problem in China ist: Viele Unternehmen sind bei ihren Geschäften in hohem Maße auf Dritte angewiesen. Die Gefahr geheimer Absprachen mit Dritten ist nach wie vor ein wichtiges Thema bei Risikobewertungen und steht daher bei vielen Risiko- und Compliance-Verantwortlichen ganz oben auf der Tagesordnung.
Legt man die bei multinationalen Unternehmen eingegangenen Meldungen von Whistleblowern zugrunde, stechen vor allem zwei Ergebnisse ins Auge: Der Prozentsatz der Befragten in China, die angeben, in den letzten 24 Monaten von Betrug oder anderen Wirtschaftsdelikten betroffen gewesen zu sein, ist von 60 Prozent im Jahr 2020 auf 48 Prozent im Jahr 2022 gesunken. Unabhängig davon aber scheint Betrug in China nicht abzunehmen. Das könnte darauf hindeuten, dass die Unternehmen bei der Aufdeckung von Betrug weniger erfolgreich waren und sich der Betrugsproblematik kaum bewusst sind. In China gaben weniger Befragte an, sie hätten in den letzten zwei Jahren routinemäßige interne Prüfungen durchgeführt. Das könnte zum Teil auf die Beschränkungen des grenzüberschreitenden Reiseverkehrs infolge von COVID-19 zurückzuführen sein.
Unternehmen sollten sich bewusst machen, dass jede wirtschaftliche Störung automatisch zu mehr Betrug führt. Solche Situationen verleiten dazu, Ressourcen und Kontrollen zur Minderung des Betrugsrisikos zu ändern oder gar zu lockern, um Geschäftsprozesse zu beschleunigen, Kosten zu senken und in einem instabilen Markt agil zu bleiben. Darüber hinaus können massive Einschränkungen beim Erreichen von Zielen oder ein erhöhter finanzieller Druck Anreize für Betrug schaffen.
Die Erscheinungsformen von Betrügereien wandeln sich mit dem Umfeld und den Technologien. Eines aber ist gewiss: Betrug wird nie verschwinden. Deshalb bleibt es für Unternehmen wichtig, sich über neue Trends auf dem lokalen Markt im Klaren zu sein und wachsam auf alle Anzeichen von Wirtschaftsdelikten zu achten.
Paul Tan ist Partner im Bereich Forensic Services von PwC in China. Seit 2004 unterstützt er Firmenkunden bei der Bewältigung ihrer Geschäftsrisiken in China. Er verfügt über umfangreiche Erfahrung in der Durchführung interner Untersuchungen bei Bilanzbetrug, Veruntreuung von Vermögenswerten oder Bestechung und Korruption. Darüber hinaus hilft er Unternehmen, Probleme aufzudecken und sich wirksam zu schützen. Zu seinen Fachgebieten gehören die Beratung bei Programmen zur Compliance, die Bewertung von Betrugsrisiken, die Überprüfung der Einhaltung von Vorschriften zur Bekämpfung von Bestechung sowie die Überwachung der Compliance. Paul ist Fellow der Association of Chartered Certified Accountants und arbeitet in Shanghai.
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