Folgen des Ukraine-Kriegs für die deutsche Industrie

PwC-Studie 2022: Welche Konsequenzen ziehen Unternehmen, um sich strategisch sicher aufzustellen?

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Christian Muth ist Partner, Forensic Services bei PwC Deutschland

Christian Muth
Partner, Leiter Joint Crisis Center bei PwC Deutschland
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Der Krieg in der Ukraine belastet die deutsche Industrie massiv

Die deutsche Industrie bekommt die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine stark zu spüren. Gestörte Lieferketten, horrende Energiekosten, vermehrte Cyberattacken und Störungen im Zahlungsverkehr belasten die Wirtschaft extrem.

So berichten drei Viertel der deutschen Industrieunternehmen, dass sich die Folgen des Krieges auf ihr operatives Geschäft deutlich bemerkbar machen würden. In der Automobilindustrie und bei großen Unternehmen mit einem Jahresumsatz von über 500 Millionen Euro sind sogar rund 80 Prozent nach eigenen Angaben stark betroffen.

Kurzfristig sehen die befragten Führungskräfte insbesondere die hohen Energie- und Rohstoffpreise sowie Lieferkettenprobleme als die größten Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung ihres Unternehmens. Aber auch steigende Transportkosten, die aktuelle Inflationsrate und Engpässe bei der Energieversorgung machen den Unternehmen zu schaffen. Die gute Nachricht: Fast drei Viertel der Unternehmen sehen sich gut aufgestellt, um Maßnahmen zur Minimierung dieser Risiken durchführen zu können.

Die Umfrage wurde im Juni und Juli 2022 durchgeführt. Befragt wurden 400 Führungskräfte aus Industrieunternehmen mit mindestens 100 Mitarbeiterinnen aus den Branchen Automotive, Energy, Industrial Manufacturing und Logistik.

„Bei allen Herausforderungen stellt die Unsicherheit in der Energieversorgung für die Industrie die größte Belastung dar, denn drei Viertel der Firmen sind von Gas als Energiequelle abhängig.“

Christian Muth,Partner, Leiter Joint Crisis Center bei PwC Deutschland

Die Studie im Überblick

Der Krieg zerreißt globale Lieferketten

Sowohl der Krieg in der Ukraine als auch die Covid19 Pandemie beeinträchtigen die Lieferketten. Dies führt zu reduzierter Materialverfügbarkeit, erhöhten Rohstoff- und Energiekosten sowie reduzierten und kostenintensiven Logistikkapazitäten. Acht von zehn Führungskräften beschreiben die Auswirkungen als stark. In der Automobilindustrie berichten sogar 84 Prozent der befragten Unternehmen über spürbare Auswirkungen auf ihre Lieferketten. Allerdings ist die große Mehrheit der Unternehmen (86 Prozent) in der Lage, ihre Wertschöpfungskette neu zu gestalten; in zwei von drei Unternehmen sogar innerhalb von zwölf Monaten.

Infografik: Wie schnell können Lieferketten neu gestaltet werden?

Die Aussage der überwiegenden Anzahl von Unternehmen, dass sie ihre Wertschöpfungsketten innerhalb von 12 Monaten neu gestalten können, überrascht doch sehr, führt man sich die Komplexität der geopolitischen Herausforderungen im Sinne einer ‚Zeitenwende‘ vor Augen.

Sanktionen gegen Russland treffen vor allem Einkauf und Logistik

Von den Sanktionen gegen Russland sind die Unternehmensbereiche unterschiedlich stark betroffen. In erster Linie wirken sich die Sanktionen auf die Bereiche Einkauf (68 Prozent) und Logistik (67 Prozent) aus. 63 Prozent der Unternehmen spüren die Auswirkungen auf die Produktion, 62 Prozent beim Umsatz.

Infografik: Wie stark sind die Unter-nehmen von den Sanktionen gegen Russland betroffen?

Unternehmen befürchten Entlassungen und Kurzarbeit

Bei knapp zwei Dritteln der Unternehmen (63 Prozent) hat der Krieg in der Ukraine Auswirkungen auf die Beschäftigung. Jeweils knapp 40 Prozent befürchten Entlassungen und/oder Kurzarbeit. Nur 37 Prozent geben an, dass sie in Folge des Krieges keinerlei Auswirkungen bei der personellen Auslastung sehen. Am stärksten betroffen vom Ukraine-Krieg sind die Beschäftigten der Automobilindustrie (70 Prozent).

„Die Tatsache, dass die große Mehrheit der Unternehmen entschieden hat, ihre russischen Betriebsstätten aufzugeben, zeigt die geopolitischen Dimensionen dieses Krieges deutlich.“

Jens Paulus,Partner, Leiter Geopolitical Risk Advisory, Joint Crisis Center bei PwC Deutschland

Die deutsche Industrie kehrt Russland den Rücken

44 Prozent der befragten Firmen haben oder hatten Betriebsstätten bzw. Geschäftseinheiten in Russland. Fast die Hälfte dieser Unternehmen hat ihre Russland-Einheit bereits abgegeben; 48 Prozent planen noch den kompletten Rückzug aus Russland. Lediglich neun Prozent der befragten Firmen wollen ihre russische Geschäftseinheit aufrechterhalten.

Als Rückzugsoptionen kommen in erster Linie eine Liquidierung der Einheiten oder eine temporäre Niederlegung der Geschäftstätigkeiten in Betracht (jeweils 46 Prozent). Die kommissarische Übertragung der Geschäfte auf Dritte favorisiert hingegen nur rund ein Drittel der Befragten (34 Prozent).

Infografik: Welche Zukunft haben Betriebsstätten in Russland?

Die Zahl der Cyberattacken steigt

Die Angriffe auf deutsche Industrieunternehmen aus dem Cyberspace häufen sich: So berichtet ein Viertel der Unternehmen, seit Kriegsausbruch Opfer von Cyberattacken geworden zu sein. Im Schnitt registrierten die betroffenen Unternehmen 2,8 Angriffe seit Kriegsbeginn. Die Attacken haben bei mehr als der Hälfte der betroffenen Betriebe (56 Prozent) große Schäden verursacht.

Die Mehrheit der Unternehmen hat die wachsende Gefahr von Cyberattacken jedoch erkannt: Sieben von zehn Betrieben planen in den nächsten zwölf Monaten verstärkte Investitionen in Maßnahmen zur Verbesserung der Cybersicherheit. Bei großen Unternehmen mit einem Jahresumsatz von über 500 Millionen Euro sind es sogar 79 Prozent.

Die Mehrheit der Unternehmen hat die wachsende Gefahr von Cyberattacken erkannt und will in die Verbesserung ihrer Cybersicherheit investieren.

Auswirkungen auf Finanzdienstleistungen und Zahlungsverkehr

Bei drei von zehn Unternehmen wurden Zahlungen wegen des Krieges blockiert. Bei drei Viertel aller Betroffenen führte dies zu einer starken Beeinträchtigung des Geschäfts.

Zahlungen von und nach Russland werden in erster Linie durch Vertragsanpassungen (41 Prozent), aber auch durch Vorkasse (35 Prozent) abgesichert. 28 Prozent setzen auf eine Abwicklung über Drittländer.

Unternehmen fühlen sich durch Behörden nicht gut informiert

Informationen zu aktuellen Veränderungen und möglichen Handlungsoptionen sind in diesen unruhigen Zeiten besonders wichtig. In diesem Zusammenhang fühlen sich die Befragten am besten durch Fachveranstaltungen von Beratungsunternehmen (69 Prozent) und die Medien (63 Prozent) informiert. Nicht einmal die Hälfte der Befragten fühlt sich durch Regierung und Behörden gut informiert.

„Wir als PwC verstehen die Bedürfnisse unserer Kund:innen. Seit Kriegsbeginn stehen wir ihnen mit dem Joint Crisis Center unterstützend zur Seite, informieren über aktuelle Entwicklungen und geben Orientierung.“

Christian Muth,Partner, Leiter Joint Crisis Center bei PwC Deutschland
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