Ihr Experte für Fragen
Uwe Rittmann
Leiter Familienunternehmen und Mittelstand,
Mitglied der Geschäftsführung bei PwC Deutschland
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Sie sind die Jobmotoren, das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, oftmals Weltmarktführer und erwirtschaften Milliardenumsätze: Keine Frage, Familienunternehmen prägen die deutsche Unternehmenslandschaft. Aber ist das den Deutschen eigentlich bewusst? Wie schätzen sie die Familienunternehmen als Arbeitgeber, in puncto Wirtschaftlichkeit, Innovationskraft oder nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit ein?
Insgesamt zeigt die Studie „Das Image deutscher Familienunternehmen 2021“, dass diese einen guten Ruf genießen. Aber ausgerechnet in der Zielgruppe der 18- bis 29-Jährigen – weltweit stark umworben in Zeiten des Fachkräftemangels – haben Familienunternehmen ein schlechteres Image als bei den älteren Generationen.
Fazit: Familienunternehmen brauchen die Digital Natives, damit ihnen die permanente Transformation in den Bereichen Digitalisierung und Nachhaltigkeit gelingt – egal, ob sie nationale Hidden Champions oder Weltmarktführer sind.
Die 18- bis 29-Jährigen, die Generation Z oder Digital Natives, sind auf dem Arbeitsmarkt begehrt – gerade in Zeiten des Fachkräftemangels. Doch ausgerechnet bei den jungen Konsument:innen und Arbeitnehmer:innen haben Familienunternehmen ein schlechteres Image als in der Generation ihrer Eltern oder Großeltern. Während im allgemeinen Bundesdurchschnitt 80 Prozent sagen, dass sie Familienunternehmen für das Rückgrat der deutschen Wirtschaft halten, trifft das unter den jungen Talenten nur auf 61 Prozent zu. Sie beurteilen auch die Innovationskraft von Familienunternehmen, ihre Nachhaltigkeit und ihr gesellschaftliches Engagement sowie ihre Resilienz kritischer. Für Familienunternehmen stellt das ein hohes Risiko dar, denn sie brauchen die jungen Talente dringend, um die digitale Transformation erfolgreich zu meistern.
Familienunternehmen werden als Arbeitgeber durchaus geschätzt, wie 89 Prozent der Deutschen bestätigen. Das gilt zumindest für ihr allgemeines Arbeitgeber-Image. Schaut man jedoch auf die einzelnen Faktoren, werden Unternehmen von Familien eher mit konservativen Werten wie regionaler Verwurzelung, Wertschätzung und Fairness verbunden. Bei den Schlagworten der modernen Arbeitswelt wie Digitalisierung, Agilität und Innovation schneidet der Mittelstand schlechter ab als Konzerne, etwa im Bereich Digitalisierung und Technologie: Hier halten 40 Prozent der Deutschen die Konzerne bereits für top aufgestellt – aber nur acht Prozent sagen das von den Hidden Champions.
Vielfach zu Unrecht unterschätzt wird die wirtschaftliche Stärke von Hidden Champions. Sie stehen nach Angaben der Stiftung Familienunternehmen für knapp 60 Prozent der Arbeitsplätze in Deutschland und mehr als 50 Prozent des gesamten Umsatzes. Dennoch unterliegen sie aus Sicht der Bürger:innen gegenüber Konzernen in fast allen Bereichen: etwa beim Thema Profitabilität (zwölf versus 53 Prozent), Marktmacht (sieben versus 62 Prozent), weltweite Wettbewerbsfähigkeit (sechs versus 61 Prozent) und Krisensicherheit (zwölf versus 33 Prozent). Diese Diskrepanz zwischen öffentlicher Wahrnehmung und Wirklichkeit zeigt, dass Mittelständler noch immer zu defensiv in der Öffentlichkeit auftreten. Sie sollten insbesondere gegenüber der jungen Generation deutlicher herausstellen, wie erfolgreich sie agieren, teilweise als Weltmarktführer mit hohen Umsätzen.
Anders sieht es bei Fairness und Engagement aus – wo Familienunternehmen stark abschneiden. Gerade bei der Förderung regionaler Projekte wie (Sport-)Vereine, bei der Fairness gegenüber Lieferanten und Geschäftspartnern und beim Sichern guter Arbeitsbedingungen betrachten die Bürger:innen die Hidden Champions als top. Und beim Einsatz von mehr Umweltschutz liegen Familienunternehmen mit NGOs gleichauf. In Zukunft gilt es, diese vielfach punktuellen Initiativen weiter auszubauen und in einer übergreifenden ESG-Strategie (Environmental Social Governance) miteinander zu verzahnen.
Familienunternehmen werden trotz des fehlenden Bewusstseins für ihre wirtschaftliche Bedeutung als beliebter Arbeitgeber angesehen. Laut der Studie stehen sie bei 30 Prozent der Deutschen auf Nummer eins der Wunschliste. Noch etwas besser schneidet nur die öffentliche Hand ab (31 Prozent). Im Vergleich zu einer ähnlichen Imageumfrage von 2019 haben die öffentliche Hand und die Hidden Champions leicht zugelegt und bleiben weiterhin Spitzenreiter. Konzerne haben dagegen eingebüßt und rangieren mittlerweile sogar nur auf Platz vier, nach den Start-ups.
„Es gibt eine große Lücke zwischen Wahrnehmung und Wirklichkeit. Denn Familienunternehmen sind ausgesprochen krisenfest und wirtschaftsstark. Offenbar ist es notwendig, dass die Unternehmen diese Wirtschaftsstärke auch selbstbewusst und offensiv nach außen verkaufen – Hidden war definitiv gestern.“
Im Sommer 2021 haben wir für diese repräsentative Umfrage 1.000 Bürger:innen ab 18 Jahren nach ihrer Sicht auf Familienunternehmen online befragt.