Selbst wenn alle Staaten ihre Zusagen von der UN-Klimakonferenz aus dem Jahr 2021 einhalten, droht eine Erderwärmung von 2,4 Grad Celsius. Vor diesem Hintergrund stellen innovative Klimatechnologien ein wichtiges Instrument dar, um die weltweite Dekarbonisierung schneller voranzutreiben.
In vielen Branchen werden aktuell unter Hochdruck bahnbrechende Technologien entwickelt, die dazu beitragen sollen, die Reduktionsziele zu erreichen und die Welt auf den 1,5-Grad-Pfad zurückzubringen. Während die Herausforderungen des Klimawandels also immer dringlicher werden, setzen sich Climate-Tech-Firmen dafür ein, die CO2-Emissionen zu reduzieren und die Dekarbonisierung zu beschleunigen.
PwC hat den schnell wachsenden Climate-Tech-Sektor in zwei Studien analysiert. Die Studie „The PwC Net Zero Future50“ stellt 50 innovative Startups mit Sitz im Vereinigten Königreich vor, die das Potenzial haben, mit smarten Technologien einen echten Unterschied im Kampf gegen den Klimawandel zu machen.
Die Analyse „The State of Climate Tech 2021“ untersucht, wie Wagniskapitalgeber durch ihre Investitionen in Climate-Startups die Auswirkungen des Klimawandels abfedern und sich gleichzeitig gute Renditen in dieser aufstrebenden Anlageklasse sichern können.
„Technologien sind kein Allheilmittel. Sie können aber als wichtiger Verstärker wirken und leisten einen signifikanten Beitrag, um die Emissionskurve abzuflachen und uns zurück auf den 1,5-Grad-Pfad zu bringen.“
Climate-Tech-Unternehmen tragen zur Bekämpfung von einer der größten Herausforderungen unserer Zeit bei. Unter Climate-Tech werden alle Technologien zusammengefasst, die explizit auf die Vermeidung oder Reduzierung von Treibhausgasemissionen abzielen oder dabei helfen, uns an die Auswirkungen der globalen Erwärmung anzupassen beziehungsweise unser Verständnis für Klimafragen zu verbessern. Bei Climate-Tech stehen Produkte und Dienstleistungen im Fokus, die innovative Lösungen für eine klimaneutrale Welt beisteuern.
Wagniskapitalgeber haben das riesige Potenzial von Klima-Startups längst erkannt und sind zunehmend bereit, Startups aus dem Climate-Tech-Sektor bereits in einer frühen Phase zu finanzieren. In der ersten Jahreshälfte 2021 erreichten die weltweiten Investitionen in Climate-Tech-Startups die Rekordsumme von 48 Milliarden Pfund. Das ist eine Steigerung von 300 Prozent im Vergleich zur vorherigen Jahreshälfte.
Großbritannien ist nach den USA und China der drittgrößte Markt für diesen Sektor und im Bereich Venture Capital für Climate-Techs europaweit führend. Zwischen 2013 und der ersten Jahreshälfte 2021 haben in keinem anderen Land in Europa mehr Climate-Tech-Startups Wagniskapital erhalten als im Vereinigten Königreich. Zwischen der zweiten Jahreshälfte 2020 und der ersten Hälfte des Jahres 2021 lagen die Risikokapitalinvestitionen in britische Climate-Tech-Startups bei über zwei Milliarden Pfund.
Deutschland liegt auf Platz 6 der zehn führenden Länder mit Risikokapitalinvestitionen in Höhe von 2,7 Milliarden US-Dollar zwischen 2016 und der ersten Jahreshälfte 2021. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die der auf Startups fokussierte Datenanalyst Dealroom gemeinsam mit der Agentur London & Partners erstellt hat.
Das deutsche Climate-Tech-Startup Volocopter erhielt eine der bis 2021 größten Investitionen in Europa. Das Luftfahrtunternehmen, das elektrische Flugtaxis für Passagiere sowie Lastendrohnen entwickelt, konnte demnach 241 Millionen US-Dollar an Investitionen eintreiben.
Die Investitionen sind dabei nicht gleichmäßig verteilt: Der Bereich Mobilität und Transport erhält beispielsweise knapp 46 Prozent der Investitionen, obwohl der Sektor nur für rund 27 Prozent der Treibhausgasemissionen im Vereinigten Königreich verantwortlich ist. Das Baugewerbe verursacht geschätzte 17 Prozent der Emissionen, erhält aber nur fünf Prozent der Finanzierung.
Die Studie „Net Zero Future50“ wirft einen Blick auf 50 vielversprechende Climate-Tech-Startups aus dem Vereinigten Königreich aus sechs Sektoren: Energie, Baubranche, Finanzdienstleistungen, Nahrungsmittel und Landwirtschaft, Industrie und Fertigung sowie Mobilität und Transport.
Eine weitere PwC-Analyse „The State of ClimateTech 2021“ thematisiert die weltweite Climate-Tech-Landschaft und untersucht die Investitionen, die in dieses vielversprechende Segment fließen. So verzeichnete der Sektor zwischen Juli 2020 und Juni 2021 ein Wachstum des Investitionsvolumens um 210 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. In der zweiten Jahreshälfte 2020 und der ersten Hälfte des Jahres 2021 flossen weltweit rund 87,5 Milliarden US-Dollar in Startups, die sich explizit auf Technologien zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen und der Auswirkungen der globalen Erwärmung fokussieren.
Der Transport- und Mobilitätssektor ist für 16 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Seit 1990 sind die Emissionen um 71 Prozent gestiegen. Um die Emissionen zu senken, spielt der Übergang zur Elektromobilität eine zentrale Rolle.
Setzt sich das gewohnte Wachstum im Passagier- und Frachtverkehr weiter fort, macht dies jedoch alle Anstrengungen zur Reduktion von Emissionen zunichte. Deshalb muss die Branche auch in Zukunft Investitionen in innovative Technologien anwerben. Nur so lassen sich die Dekarbonisierungsziele erreichen. Das gilt insbesondere für die Reduktion der Treibhausgasemissionen in der Schiff- und Luftfahrt.
Die Energiebranche ist für rund 14 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Um die Emissionen in diesem Bereich zu reduzieren, müssen Energien mit niedrigen Emissionen massiv gefördert werden.
Die Investitionen in diesem Sektor fallen vergleichsweise niedrig aus, weil es in den Bereichen Solar- und Windenergie bereits eine gewisse Sättigung im Venture-Capital-Bereich gibt. Die Kosten für erneuerbare Energien sinken weiter, während sich die Energieeffizienz verbessert hat.
Der Nahrungsmittel- und Landwirtschaftssektor ist für 20 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Der größte Beitrag kommt aus der Landwirtschaft und der Landnutzung.
Weltweit haben sich die Investitionen in Climate-Techs aus diesem Bereich seit 2019 fast verdoppelt. Lebensmittelverschwendung und Viehzucht sind jedoch nach wie vor erhebliche Netto-Null-Barrieren. Gute Wachstumschancen bieten deshalb Bereiche wie Präzisionslandwirtschaft und die Produktion von pflanzenbasierten Fleisch- und Milchprodukten.
Die Industrie und Fertigung ist für 29 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. In diesem Bereich sind Reduktionen besonders herausfordernd, weil das bestehende Equipment und die damit verbundenen Wertschöpfungsketten angepasst oder ersetzt werden müssen, um Emissionen einzusparen.
Um die Emissionen in diesem Sektor deutlich zu reduzieren, müssen deshalb mehrere Strategien gleichzeitig zum Einsatz kommen: vom effizienteren Einsatz der Ressourcen über effizientere Prozesse bis hin zu einer optimierten Energieeffizienz.
Die Baubranche ist für 21 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Investitionen in Climate-Techs aus dem Baugewerbe sind nur langsam gewachsen. Die Amortisationszeiten werden als zu lang empfunden und es gilt als schwierig, die alte Infrastruktur zu modernisieren.
Um die Emissionen zu reduzieren, müssen sowohl Gebäude als auch Materialien effizienter, smarter und günstiger werden. Dabei kommt es auch auf Verbesserungen in Bereichen wie Heizung und Beleuchtung an. Wachstumschancen bieten technologische Innovationen rund um fortschrittliche Materialien und Künstliche Intelligenz.
Bis vor Kurzem fokussierten sich Finanzinstitute bei der Veröffentlichung ihrer CO2-Emissionen auf Scope-1 und 2-Emissionen. Die Veröffentlichung indirekter Emissionen ist nach wie vor häufig lückenhaft. Das ist problematisch, weil die finanzierten Emissionen der Finanzinstitute rund 700-mal höher ausfallen als die direkten Emissionen.
Dennoch spielt der Finanzsektor längst eine tragende Rolle bei der Dekarbonisierung, weil er eine große Bandbreite an Innovationen bietet – von Tools, die Klimarisiken bewerten, bis hin zur Übernahme von ESG-Kriterien ins Asset Management. Auch die Verbraucher:innen fordern zunehmend grüne Finanzprodukte. Dadurch haben sich neue Wettbewerber auf dem Markt etabliert, die beispielsweise Lösungen bieten, um den Fußabdruck der Anlagen im Detail nachzuverfolgen.
„Auf dem Weg zur Netto-Null spielen klimatechnische Lösungen eine entscheidende Rolle. Aus diesem Grund ziehen innovative Klimatechnologien ein wachsendes Interesse der Investoren auf sich.“
Die Liste der PwC Net Zero Future50-Unternehmen wurden aus dem Climate Tech Investment Index ausgewählt, einer PwC-Datenbank mit 3.000 Startups aus dem Bereich Climate-Tech.
Für die Studie fokussiert sich PwC auf 50 Beispiele von Firmen im Vereinigten Königreich, anhand derer sich die Chancen der Dekarbonisierung in verschiedenen Sektoren illustrieren lassen. Future50 stellt kein Ranking dar, sondern zielt darauf ab, die große Bandbreite der Climate-Tech-Innovationen darzustellen.
Die Analyse „State of Climate Tech 2021“ basiert ebenfalls auf dem Climate Tech Investment Index von PwC, einer Datenbank von Climate-Tech-Startups und -Investoren, die PwC auf der Basis von Machine-Learning-Modellen in Kombination mit menschlicher Expertise erstellt hat und regelmäßig aktualisiert. Der Index wird auf der Grundlage von Investitionsdaten von Dealroom.co, einer globalen Datenplattform, erstellt, die Informationen über Startups, Investoren und Deals sammelt.
Gunther Dütsch
Partner, Sustainability Services & Climate Change, PwC Germany
Tel.: +49 160 3739019