Wieso die Kreislaufwirtschaft zur neuen Normalität wird

Das aktuell dominierende, lineare Wirtschaftsmodell ist nicht nachhaltig. Es sollte besser heute als morgen durch das Prinzip der Kreislaufwirtschaft ersetzt werden. Um ihre Umsätze auch langfristig zu sichern, müssen Unternehmen aktiv werden, ihre Geschäftsmodelle hinterfragen und sich dabei Mechanismen aus der Kreislaufwirtschaft zu eigen machen. Dafür plädiert PwC in seinem Whitepaper „The road to circularity“. Die Analyse gibt Anregungen und Handlungsempfehlungen, wie dieser Übergang gelingen kann.

„Für Unternehmen gibt es zahlreiche Gründe, das Prinzip der Kreislaufwirtschaft in ihre Geschäftsmodelle zu integrieren. Fortschritte in Richtung Circular Economy werden allerdings erst dann möglich, wenn Unternehmen bereit sind, ihre Geschäftsmodelle umfassend zu hinterfragen und Kreislaufwirtschaft als Teil einer ganzheitlichen Strategie zu berücksichtigen.“

Hendrik Fink, Leiter Sustainability Services bei PwC Deutschland

Was ist Kreislaufwirtschaft?

Die Kreislaufwirtschaft (Circular Economy, CE) orientiert sich an der Natur als Vorbild. Das Ziel ist ein geschlossener Materialkreislauf, in dem es keine oder kaum Abfälle gibt. Drei Prinzipien sind charakteristisch:

  1. Ressourcen effizient einsetzen und erneuerbare Materialien, wo immer möglich, priorisieren. 
  2. Nutzung und Lebensdauer von Produkten maximieren.
  3. Auf Neben- und Abfallprodukte setzen, um Neues herzustellen.

Das Problem

Die weltweite Nachfrage nach Ressourcen übersteigt das, was die Erde selbst erneuern kann. Das führt zu Ressourcenengpässen. Deutschland benötigt aktuell beispielsweise das doppelte seiner verfügbaren Biokapazität. Der globale ökologische Fußabdruck könnte Analysen zufolge bis 2020 um 75 Prozent übersteigen, was die Natur selbst regenerieren kann.

Der ökologische Fußabdruck ausgewählter europäischer Länder

Grafik: Der ökologische Fußabdruck ausgewählter europäischer Länder

Gleichzeitig schreitet der Verfall der Umwelt durch menschliche Aktivitäten voran. Mit der wachsenden Mittelschicht wird sich dieses Problem weiter verschärfen. Ein Beispiel ist die Problematik mit Plastikabfällen: 2015 wurden mehr als 300 Millionen Tonnen an Plastikabfällen produziert. 2050 könnte mehr Plastik im Meer schwimmen als Fische. 

Finanzieller Anreiz für Unternehmen meist zu gering

Die Märkte sind kaum in der Lage, dieses Problem alleine zu lösen, denn der finanzielle Anreiz für Unternehmen ist meist zu gering. Die globale Recyclingquote für Plastik liegt beispielsweise lediglich bei 14 bis 18 Prozent. Der Anteil des Einsatzes von recyceltem Plastik ist noch deutlich geringer. In Deutschland liegt die Einsatzquote von Rezyklat nur bei 5-6 Prozent. Denn bei den niedrigen Ölpreisen ist es meist günstiger, neues Plastik aus Petroleum herzustellen als aus recyceltem Kunststoff. 

„Häufig wird der Kreislauf aus geringer Nachfrage und geringem Angebot erst durchbrochen, wenn eine gewinnbringende Menge wiederverwertet werden kann, Regulierung Anreize schafft oder sogar Quoten vorgibt. Auf der anderen Seite eröffnen Circular-Economy-Ansätze Geschäftschancen durch neue Second-Hand-Märkte und Geschäftsmodelle der Sharing Economy. Das wird in naher Zukunft zum Beispiel bei elektronischen Geräten, Mobilität und im Bereich Mode/Textilien zu veränderten Märkten führen und nicht nur Ressourcenschonung fördern, sondern auch neue Business Cases entstehen lassen.“

Hendrik Fink,Leiter Sustainability Services bei PwC Deutschland

Weitere Treiber der Kreislaufwirtschaft

Ressourcenknappheit: Die Kreislaufwirtschaft kann den Einsatz knapper Ressourcen effektiver gestalten und die Wertschöpfungskette von Unternehmen dadurch widerstandsfähiger machen. 

Wünsche der Verbraucher: Die Konsumenten belohnen immer häufiger Unternehmen, die in ihren Geschäftsmodellen auf Nachhaltigkeit setzen – und sie bestrafen diejenigen, die das nicht tun. Konsumenten bevorzugen nachhaltige Marken und beziehen „grüne“ Erwägungen verstärkt in ihre Kaufentscheidungen ein.  

Digitalisierung: Die Digitalisierung ist ein wichtiger Katalysator für die Kreislaufwirtschaft, denn neue Technologien eröffnen neue Wege, um Strategien der Kreislaufwirtschaft umzusetzen.

Die Macht innovativer Technologien

PwC hat acht Technologien identifiziert, die bereits heute einen entscheidenden Einfluss auf Geschäftsprozesse und Produkte haben. Diese „Essential Eight“ werden unser Leben in Zukunft spürbar beeinflussen. Für die Kreislaufwirtschaft haben Sie großes Potenzial:

1. Künstliche Intelligenz (KI)

KI mach Systeme effizienter, indem sie den Verbrauch von Ressourcen wie Energie oder Wasser optimiert. KI beschleunigt zudem den Prozess des Lernens und unterstützt damit schnellere wissenschaftliche Erkenntnisse.

2. Internet of Things

Das Internet der Dinge hilft Herstellern dabei, Daten zu sammeln, um die Produktivität zu steigern. IoT kann auch die Grundlage bilden für Sharing-Plattformen.

3. 3D-Druck

3D-Druck kann dazu beitragen, das nachhaltige Design eines Produkts zu verbessern und den Ressourcenbedarf bei der Produktion zu minimieren.

4. Robotik

Robotik kann Abfälle in der Produktion reduzieren, indem menschliche Fehler minimiert und der Lebenszyklus eines Produkts verlängert werden.

5. Blockchain

Blockchain erhöht die Transparenz im Produktionsprozess und entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Alle Stakeholder der Wertschöpfungskette haben jederzeit alle Details im Blick – was dazu beiträgt, Sortier- und Recyclingpotentiale zu heben.

6. Drohnen

Drohnen können die CO2-Emissionen bei der Lieferung kleiner Pakete reduzieren. Sie kommen auch im landwirtschaftlichen Bereich zum Einsatz und bei der vorausschauenden Wartung.

7. Augmented Reality (AR) und 8. Virtual Reality (VR)

AR und VR können Reparaturprozesse maßgeblich vereinfachen, sodass sich der Produktlebenszyklus verlängert. Darüber hinaus ermöglichen diese Technologien ein tieferes Verständnis der Funktionsweise.

10 Prinzipien und Strategien der Kreislaufwirtschaft

Viele Unternehmen verstehen das Konzept der Kreislaufwirtschaft, haben jedoch Mühe, es in ihr Geschäft zu integrieren. Voll integrierte zirkuläre Geschäftsmodelle gehen bei der Wertschöpfung über den kurzfristigen finanziellen Wert hinaus. Sie konzentrieren sich auf eine Wertschöpfung im weiteren Sinn und ziehen den Wert für den Verbraucher, die Umwelt und die Gesellschaft mit in Betracht.  

Die folgenden zehn Prinzipien helfen bei der Umsetzung der Kreislaufwirtschaft: 

Schwerpunkt auf erneuerbarem und kreislauffähigen Input

1. Kreislaufwirtschaft beim Materialinput
Endliche Ressourcen und Materialien mit erneuerbaren, bio-basierten oder wiederverwertbaren Materialien im Produktionsprozess ersetzen.

2. Nachhaltiges Design
Produkte so gestalten, dass sie effektiv zerlegt, repariert und wiederverwendet werden können.

3. Effizienz der Ressourcen
Den Einsatz von Rohmaterialien und Ressourcen im Produktionsprozess optimieren, Abfälle minimieren.

Die Produktnutzung maximieren

4. Product as a Service
In Bereichen, in denen traditionell Produkte verkauft werden, eignen sich zunehmend auch Dienstleistungsmodelle. Dadurch lässt sich der Produktlebenszyklus erhöhen.

5. Teilen und Virtualisieren
Langlebige Wertgegenstände wie Autos gemeinsam nutzen; Gegenstände wie Bücher oder CDs digitalisieren, um ihre Lebenszeit zu verlängern.

6. Optimierung der Nutzung und Wartung
Die Leistung und Effizienz von Produkten steigern und ihre Lebensdauer über vorausschauende Wartung erhöhen.

7. Wiederverwendung/Umverteilung
Gegenstände aus zweiter Hand kaufen und verkaufen, um den Produktlebenszyklus zu verlängern.

Nebenprodukte und Abfälle nutzen  

8. Up-Cycling
Produkte oder Komponenten aus gebrauchten Gegenständen für eine neue Nutzung aufbereiten.

9. Recycling aus dem Herstellungsprozess
Den Abfall oder die Nebenprodukte, die im Produktionsprozess anfallen, für die Herstellung neuer Produkte nutzen.

10. Recycling nach Gebrauch
Weggeworfene Materialien nach dem Ende des Gebrauchszyklus wiederverwerten (stofflich oder thermisch recyceln) und biochemische Rohstoffe extrahieren.

Der Übergang zur Kreislaufwirtschaft beginnt mit einer robusten Strategie, die in vielen Fällen auch eine Transformation des Geschäftsmodells beinhaltet. Dafür braucht es Entscheider, die bereit sind, eine langfristige Sichtweise einzunehmen – und Investitionen, die sich eventuell erst mittel- oder langfristig auszahlen.

„Unternehmen, denen es gelingt, sich neu zu erfinden und innovative Geschäftsmodelle auf Basis der Circular Economy zu etablieren, werden die Gewinner von morgen sein. Die Kreislaufwirtschaft wird zur neuen Normalität.“

Hendrik Fink, Leiter Sustainability Services bei PwC Deutschland

Contact us

Hendrik Fink

Hendrik Fink

Partner, Sustainability Services, PwC Germany

Follow us