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Dezember 2024 | Faktor Personalkosten – Pensionen
Teures Personal – Pensionen als Hebel zur Kostensenkung?
Die Metallindustrie und ihre großzügigen Pensionsversprechen: Segen für ehemalige Mitarbeiter, Belastung für Bilanzen und Unternehmen
Die betriebliche Altersversorgung (bAV) spielt in der Metallindustrie eine bedeutende Rolle, insbesondere aufgrund großzügiger Pensionszusagen, die in der von einem Hochzinsumfeld geprägten Vergangenheit zur Bindung von Fachpersonal eingeführt wurden. Diese Versprechen sollten nicht nur die Loyalität der Mitarbeiter stärken, sondern auch wertvolle Fachkräfte langfristig an das Unternehmen binden.
Zu den bekanntesten Versorgungsordnungen in der Branche gehören z.B. die Leistungspläne des Essener Verbands und des Bochumer Verbands. Auch unternehmensindividuell erstellte Pensionszusagen ähneln den Verbandszusagen in wesentlichen Punkten. Insbesondere die Faktoren Dienstzeit und Endgehalt entscheiden über Höhe der späteren Betriebsrente. Mitarbeiter mit langjähriger Betriebstreue erreichten so teilweise Betriebsrenten von über 3.000 Euro monatlich, zusätzlich zur gesetzlichen Rente.
Diese tradierten Zusagen sind überwiegend rückstellungsfinanziert und führten daher zunächst nicht zu Liquiditätsabflüssen, sondern bildeten die nachgelagerte Leistungserbringung bilanzell ab.
Heute jedoch, sorgen diese „Verpflichtungen der Vergangenheit“ für erhebliche Rückstellungen in den Unternehmensbilanzen und deutliche Liquiditätsabflüsse.
Weitere Einflussfaktoren, die die Belastung aus großzügigen Pensionsversprechen erhöhen, sind die weiterhin steigende Lebenserwartung und die hohe Inflation der vergangenen Jahre.
Hohe inflationsbedinge Rentenanpassungen treffen viele Unternehmen zur „falschen Zeit“, da der Standort Deutschland derzeit von weiteren Kostenfaktoren aufgrund steigender Aufwände für Energie, Rohstoffe und Personal betroffen ist.
Wirtschaftliche Probleme bieten Chancen in der Pensionsplangestaltung
Da der Fortbestand des Unternehmens unter anderem auch für die dauerhafte Zahlung der Pensionsverpflichtungen notwendig ist, hat der Gesetzgeber den Unternehmen Möglichkeiten zur Veränderung bestehender Pensionspläne eingeräumt, wenn die wirtschaftliche Lage des Unternehmens angespannt ist.
Die wirtschaftliche Lage des Unternehmens ist im Kontext von Veränderungen an Versorgungszusagen von zentraler Bedeutung. Kenngrößen wie Eigenkapitalrendite (EK-Rendite) oder Eigenkapitalausstattung (EK-Ausstattung) sind dabei wichtige Anhaltspunkte.
In ökonomisch herausfordernden Situationen stehen insbesondere als Optionen zur Verfügung:
- Unterlassung der Rentenanpassung: In wirtschaftlich schwierigen Zeiten kann das Unternehmen die Anpassung der Betriebsrenten (nach §16 BetrAVG) unterlassen, um kurzfristige finanzielle Entlastung zu erzielen.
- Eingriffe in bestehende Versorgungsordnungen: Es besteht die Möglichkeit, bestehende Versorgungsordnungen zu verändern und so tradierte, oftmals stark risikobehaftete Versorgungszusagen in moderne Versorgungswerke zu überführen. In einer schlechten wirtschaftlichen Lage ist es ebenfalls möglich, künftige Anwartschaftszuwächse in ihrer Wertigkeit zu verringern.
Durch eine sorgfältige Prüfung der Versorgungslandschaft und gegebenenfalls anschließende Maßnahmen kann sichergestellt werden, dass das Unternehmen auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wettbewerbsfähig bleibt.

Unterlassung der Rentenanpassung
Folgendes Vorgehen ist in diesem Kontext arbeitsrechtlich vorgesehen bzw. zu empfehlen.
Das Gesetz sieht vor, dass der ehemalige Arbeitgeber seine wirtschaftliche Lage dahingehend überprüft, ob eine Rentenanpassung geleistet werden kann. Sofern eine Aussetzung der Anpassung gerechtfertigt erscheint, werden die Betriebsrentner über die geplante Nichtanpassung der laufenden Leistungen informiert. Hier ist eine angemessene Begründung für die Unterlassung der Rentenanpassung anzuführen. Ab Erhalt der Begründung hat der Betriebsrentner 3 Monate Zeit, dieser Nichterhöhung zu widersprechen.
Sofern die Rentner Einspruch einlegen und die Rentenanpassung trotzdem ausbleibt, haben die Rentner 6 Jahre Zeit, gegen die Nichtanpassung der Renten zu klagen. In einem derartigen Klageverfahren muss das Unternehmen die Grundlage für die Entscheidung der Nichtanpassung darlegen, welche vor Gericht bewertet wird.

Um eine solche Grundlage bereits im Rahmen der Anpassungsentscheidung zu schaffen, beauftragen viele Unternehmen ein Gutachten auf Basis der HGB-Bilanz- und Planzahlen, welches klaren Aufschluss über die ökonomische Wirklichkeit und damit die Zulässigkeit der unterlassenen Rentenanpassung gibt. Sofern keine Plandaten nach HGB vorliegen, können IFRS-Planzahlen in eine integrierte HGB-Planung konvertiert werden. Diverse Modifikationen sind hierbei in der ständigen Rechtsprechung gestattet bzw. sogar gefordert. Dies führt regelmäßig dazu, dass die für Zwecke der Anpassungsentscheidung erstellte Bilanz des Unternehmens schlechter aussieht als die tatsächliche HGB-Stichtagsbilanz.
Auf Grundlage dieser fundierten Gutachten können Unternehmen nicht nur über die Notwendigkeit einer Rentenanpassung entscheiden, sondern auch weitere Einsparmöglichkeiten und Anpassungen der betrieblichen Altersversorgung in Betracht ziehen, um langfristig finanzielle Stabilität zu gewährleisten.
Überführung tradierter Versorgungssysteme
Vor dem Hintergrund der starken Parameterschwankungen der nahen Vergangenheit erscheint der Zeitpunkt für viele Arbeitgeber günstig, die bestehende Versorgungslandschaft zu betrachten und deren Effizienz sowie Risiken zu evaluieren. Laut einer Studie der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba) liegen die Kosten für die bAV in Deutschland im Schnitt bei über 3,5 % der Bruttogehaltssumme des Mitarbeiters.
Um der Versorgungsleistung einen für den Mitarbeiter nachvollziehbaren Wert zu geben, sehen moderne Versorgungssysteme in der Regel zu Rentenbeginn eine ausschließliche oder ergänzende Auszahlung als Einmalkapital oder in Jahresraten vor.
Auch wenden sich viele Unternehmen von der risikobehafteten Rückstellungsfinanzierung ab und versuchen, die künftige Versorgungsleistung des Mitarbeiters an feste Beitragszahlungen (oft als Prozentsatz des Gehalts) zu knüpfen.
Oftmals nutzen Unternehmen die sich durch eine schwierige wirtschaftliche Lage ergebenden Freiheiten, um die betriebliche Altersversorgung für alle Mitarbeiter in einem zeitgemäßen und marktorientierten Neusystem zu bündeln.
Unternehmen können durch eine Neuordnung der betrieblichen Altersversorgung die wahrgenommene Attraktivität der Altersversorgung erheblich erhöhen und trotzdem die laufenden Aufwendungen um bis zu 40% reduzieren. Zudem werden Parametersensitivitäten, wie Zins- und Rententrendänderungen, verringert.
Reduzierung der Pensionsrückstellung und vollständige Enthaftung von laufenden Leistungen
Möchte ein Unternehmen nicht nur die Volatilität künftiger Verpflichtungszuwächse, sondern auch die Volatilität der zum Stichtag vorliegenden Pensionsverpflichtungen sowie die Höhe der Rückstellung signifikant verringern, kann die Abspaltung der Pensionsverpflichtungen auf eine Rentnergesellschaft mit anschließendem Verkauf der richtige Schritt sein.
Neben den oben angeführten Gründen können noch weitere Aspekte für die Abspaltung der Pensionsverpflichtungen sprechen:
- Reduzierung von Verwaltungskosten und -aufwand
- Beseitigung von auf biometrischen Risiken beruhenden Unsicherheiten (insb. der „Langlebigkeit“)
- Vermeidung oder Verringerung der Anpassungsverpflichtung gemäß § 16 BetrAVG
- Reduzierung der Beiträge zum PSVaG
- Bündelung von Versorgungsverpflichtungen bei einem externen Dritten
Bei der Gründung einer Rentnergesellschaft werden die Verpflichtungen im 1. Schritt per Spaltung auf die neu gegründete oder bestehende Rentnergesellschaft übertragen. Im 2. Schritt findet (im Falle eines vollständigen Risikotransfers / Buy-Out) die Veräußerung der Gesellschafteranteile an einen Dritten außerhalb des Konzernverbundes statt. Bei ausreichender Ausstattung der Rentnergesellschaft entfällt die Nachhaftung des abspaltenden Unternehmens mit dem Ablauf von 10 Jahren vollständig.
Bei einer oben beschriebenen Veräußerung der Rentnergesellschaft werden die Pensionsverpflichtungen in der Regel mit marktnahem Rechnungszinsen bewertet. Da die Marktzinsen aktuell sehr hoch sind, erscheint der Zeitpunkt für die Abspaltung einer Rentnergesellschaft günstig. Diese Option ist besonders interessant für Unternehmen, die einen mittel- oder kurzfristigen Verkauf oder eine Liquidierung in Erwägung ziehen.
Fazit
Industrieunternehmen stehen vor der Herausforderung, ihre Pensionsverpflichtungen in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld zu managen. Die betriebliche Altersversorgung stellt aufgrund großzügiger Pensionszusagen eine erhebliche Belastung für die Unternehmensbilanzen dar. Faktoren wie steigende Lebenserwartung, Inflation sowie weitere wirtschaftliche Rahmenbedingungen erhöhen den Druck auf Unternehmen.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, können Unternehmen verschiedene Strategien verfolgen, darunter die Anpassung oder Umgestaltung bestehender Pensionspläne, die Reduzierung von Pensionsrückstellungen oder die Übertragung von Pensionsverpflichtungen auf externe Rentnergesellschaften. Diese Maßnahmen können helfen, die finanzielle Stabilität zu sichern und die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, indem sie die betriebliche Altersversorgung effizienter gestalten und gleichzeitig die Attraktivität des Unternehmens für Fachkräfte steigern.
Ihre PwC-Kontakte zur betrieblichen Altersversorgung

Gunnar Hasselmann
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Lukas Wissing
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