Länderbeiträge: Vereinigtes Königreich, Südkorea, China und Brasilien

28 Februar, 2023

In dieser Rubrik informieren wir Sie über aktuelle Entwicklungen im Vereinigten Königreich und in Südkorea, China und Brasilien.

Vereinigtes Königreich

Neue Regel für die Verrechnungspreisdokumentation

Von Valentina Telushkina. Im Dezember 2022 veröffentlichte die für Steuer und Zollfragen in Großbritannien zuständige Behörde His Majesty’s Revenue and Customs (HMRC) einen Entwurf zu neuen Verrechnungspreisregelungen im Vereinigten Königreich. Die neuen Regelungen treten ab dem 01. April 2023 in Kraft.

Bisher lag der Fokus des HMRC anders als bei anderen Steuerbehörden nicht auf den Formalitäten einer Verrechnungspreisdokumentation, weshalb keine konkreten Vorgaben für eine standardisierte Verrechnungspreisdokumentation bestanden. Mit den neuen Regelungen werden nun jedoch einheitliche Dokumentationsvorschriften in Einklang mit den OECD-Vorgaben eingeführt.

Eine Dokumentationspflicht (d.h. Erstellung eines Master Files + Local Files) soll nun grundsätzlich für alle Steuerpflichtigen bestehen, die Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe sind, deren konsolidierter Konzernumsatz mindestens 750 Millionen Euro beträgt. Die Verrechnungspreisdokumentation ist dem HMRC auf Anfrage binnen einer Frist von 30 Tagen zur Verfügung zu stellen und muss inhaltlich den OECD-Vorgaben entsprechen. Die Nichteinhaltung der Vorlagefrist kann negative Folgen wie Strafzahlungen zur Folge haben.

Der in vorherigen Konsultationspapieren vorgesehene Summary Audit Trail (SAT), in welchem dargestellt werden sollte, auf welcher Grundlage die Steuerpflichtigen zu den Darstellungen in der Verrechnungspreisdokumentation gekommen sind, ist in dem im Dezember veröffentlichten Entwurf nicht länger enthalten. 

Eine Besonderheit der britischen Verrechnungspreisregeln stellt die Anwendung von fremdüblichen Preisen auch bei nicht grenzüberschreitenden Transaktionen zwischen lokalen verbundenen Unternehmen dar. Allerdings bedürfen diese Transaktionen keiner Verrechnungspreisdokumentation. Steuerpflichtige, die keine grenzüberschreitenden Transaktionen mit verbundenen Unternehmen oder lediglich inländische Transaktionen mit verbundenen Unternehmen aufweisen, sind somit von der Dokumentationspflicht befreit.

Deutschen Unternehmen mit britischen Tochtergesellschaften ist zu empfehlen, die bisherige Praxis der Erstellung von lokalen Verrechnungspreisdokumentationen zu überprüfen und ggf. im Hinblick auf die neuen Regelungen im Vereinigten Königreich anzupassen. Zu beachten ist ferner, dass die Verrechnungspreisregeln keine Wesentlichkeitsgrenze vorsehen und somit die Dokumentationspflicht für alle britischen Konzerngesellschaften zutrifft, die Teil einer Unternehmensgruppe mit konsolidiertem Konzernumsatz von mindestens 750 Millionen Euro sind.

Südkorea

Südkorea übernimmt als erstes Land Pillar Two Regeln in nationale Gesetzgebung

Von Sandra Zerull und Lorraine Berg. Der am 23. Dezember 2022 vom Parlament verabschiedete Haushaltsentwurf Südkoreas für das Jahr 2023 enthält die koreanischen Regeln für eine globale Mindestbesteuerung (die sog. Global Anti-Base Erosion Proposal- (GloBE-)Regeln), die eng mit den OECD-Musterregeln des Pillar Two übereinstimmen. Die Regeln umfassen die sog. Income Inclusion Rule (IIR) und „Ergänzende Regeln zur Income Inclusion“ (in den OECD-Musterregeln als Undertaxed Payments Rule (UTPR) bezeichnet). Beide Regeln gelten für Wirtschaftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2024 beginnen.

Die GloBE-Regeln von Pillar Two sollen sicherstellen, dass multinationale Unternehmen einen effektiven Mindeststeuersatz von 15 Prozent zahlen. Die OECD veröffentlichte im Dezember 2021 die Musterregeln von Pillar Two und im März 2022 den Kommentar, um legislative Leitlinien bereitzustellen. Seitdem haben viele Länder, darunter Südkorea, die EU-Mitgliedstaaten, das Vereinigte Königreich, die Schweiz, Japan und Australien, nationale Gesetzgebungsverfahren zur Einführung der globalen Mindestbesteuerungsregeln eingeleitet.

Die südkoreanischen GloBE-Regeln erfassen alle Gesellschaften, die zu einem Konzern mit einem konsolidierten Jahresumsatz von mindestens 750 Millionen Euro in mindestens zwei der vier Wirtschaftsjahre, die dem geprüften Wirtschaftsjahr unmittelbar vorausgehen, gehören. Liegt der effektive Steuersatz in einem Land unter 15 Prozent, wird eine Aufstockungssteuer (sog. Top-up Tax) für den Fehlbetrag berechnet und von anderen Unternehmen der Gruppe gezahlt. Die Aufstockungssteuer ist gemäß IIR primär von der obersten Muttergesellschaft zu zahlen. Sekundär kommen mit der UTPR alternative Verteilungsschlüssel zwischen anderen zu zahlenden Gruppengesellschaften zur Anwendung. Die südkoreanischen GloBE-Regeln geben als Fälligkeitsdatum für die Zahlung 15 Monate nach dem letzten Tag des geprüften Wirtschaftsjahres vor (bzw. 18 Monate für das erste Jahr).

Mit Inkrafttreten der neuen GloBE-Regeln ist Südkorea das erste Land, das die globalen Mindestbesteuerungsregeln in seiner nationalen Gesetzgebung kodifiziert hat. In Anbetracht der kurzen Zeitspanne bis zum Inkrafttreten sollten nicht-koreanische multinationale Unternehmen mit einer koreanischen Tochtergesellschaft oder Betriebsstätte die Auswirkungen der neuen Regeln prüfen und sich über die zusätzlichen Compliance- und Berichtspflichten informieren.

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China

Chinas APA-Statistik 2021

Von Karoline Heil-Plaksa. Die chinesische staatliche Steuerverwaltung (STA) hat am 21. November 2022 ihren Jahresbericht zu statistischen Daten und Analysen von Vorabverständigungsverfahren (sog. Advance Pricing Agreements (APAs) von 2005 bis 2021 veröffentlicht.

Im Jahr 2021 unterzeichnete China neun unilaterale APAs (davon eine Verlängerung) sowie elf bilaterale APAs (davon drei Verlängerungen). Die Mehrzahl der unterzeichneten APAs entfiel auf das produzierende Gewerbe. Damit ist die Zahl der abgeschlossenen APAs im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken, bleibt aber historisch betrachtet auf einem hohen Niveau. Hinsichtlich der Bearbeitungsdauer wurden 88 Prozent der unilateralen APAs und 50,5 Prozent der bilateralen APAs innerhalb von zwei Jahren abgeschlossen. Der Einreichung eines förmlichen APA-Antrags ist jedoch eine spezielle Voranalyse vorausgegangen, um die Qualität der APA-Anträge zu gewährleisten.

Bezogen auf den Zeitraum 2005 bis 2021 ergibt die APA-Statistik folgendes Bild:

  • Insgesamt wurden 125 unilaterale und 101 bilaterale APAs unterzeichnet.
  • Hinsichtlich der Verrechnungspreismethode gab es die meisten Vereinbarungen zur transaktionsbezogenen Nettomargenmethode (TNMM) mit 82 Prozent.
  • Asien ist nach wie vor die Region, in der China die meisten bilateralen APAs unterzeichnet hat (67 Fälle), gefolgt von Europa (20 Fälle).
  • Der Verkauf oder die Überlassung von materiellen Gütern machten 57 Prozent der erfassten Transaktionsarten aus, gefolgt von Dienstleistungen (24 Prozent) und der Übertragung von Nutzungs- oder Eigentumsrechten an immateriellen Gütern (19 Prozent).

Die chinesischen Steuerbehörden arbeiten zudem kontinuierlich an der Verbesserung des APA-Verfahrens und der Zusammenarbeit mit den chinesischen Zollbehörden. So gibt es seit 2021 vereinfachte Verfahren für unilaterale APAs, in dem es für jede Phase einen klaren Zeitrahmen gibt. Zudem erfolgt der Review der APA-Anträge durch die STA inzwischen auf einem strengeren und technisch höheren Niveau. Zusätzlich wurde in 2022 ein Pilotprogramm zwischen den Steuer- und Zollbehörden von Shenzhen initiiert, mit dem Ziel einheitlicher Stellungnahmen der Zoll- und Steuerbehörden für Wareneinfuhren, die wiederum die Grundlage für APA-Verhandlungen bilden sollen.

Die Umsetzung der neuen Initiativen wird mehr multinationalen Unternehmen dabei helfen, ihre Verrechnungspreisrisiken in China effizienter und effektiver zu steuern und die Gesamtzahl der unterzeichneten APAs in China dürfte stetig steigen.

Brasilien

Angleichung der Verrechnungspreisregeln an die OECD

Von Sandra Zerull und Lorraine Berg. Am 29. Dezember 2022 hat die brasilianische Regierung den Gesetzentwurf Nr. 1.152 zur Einführung neuer Verrechnungspreisvorschriften verabschiedet. Dieser Schritt verfolgt die Angleichung der Verrechnungspreisregeln an die OECD-Verrechnungspreisrichtlinien und erfolgte im Rahmen des von Brasilien angestrebten OECD-Beitritts.

Mit den neuen Verrechnungspreisregeln werden unter anderem der Fremdvergleichsgrundsatz sowie eine Definition der verbundenen Unternehmen eingeführt. Darüber hinaus werden grenzüberschreitende Transaktionen bezüglich immaterieller Wirtschaftsgüter, Dienstleistungen und Finanztransaktionen adressiert. Außerdem werden die in den OECD-Verrechnungspreisrichtlinien genannten Verrechnungspreismethoden an die Stelle der bisher in Brasilien anwendbaren Methoden treten.

Weitere Änderungen durch die neuen Verrechnungspreisregeln umfassen die Einführung von Verrechnungspreisdokumentationen und Regeln für deren Inhalt sowie Sanktionen bei deren Nicht- oder unvollständiger Vorlage. Des Weiteren eröffnen die neuen Verrechnungspreisvorschriften die Möglichkeit für Vorabverständigungsverfahren (APAs) sowie Verständigungsverfahren (MAPs) und schließen Unternehmensumstrukturierungen in die Thematik der Verrechnungspreise ein.

Während die zuvor genannten Aspekte der Angleichung der brasilianischen Verrechnungspreisregeln an die OECD-Verrechnungspreisrichtlinien dienen, gibt es auch abweichende Regelungen. Commodities (homogene Rohstoffe) spielen für die brasilianische Wirtschaft eine wichtige Rolle und werden innerhalb der neuen Verrechnungspreisregeln mit expliziten Vorgaben bedacht. Außerdem beinhalten die neuen Verrechnungspreisregeln von den OECD-Verrechnungspreisrichtlinien abweichende Vorgaben bezüglich konzerninterner Darlehen sowie finanzieller Garantien.

Insgesamt zielen die neuen Verrechnungspreisvorschriften darauf ab, den Fremdvergleichsgrundsatz für grenzüberschreitende konzerninterne Transaktionen einzuführen sowie Doppelbesteuerung und doppelte Nicht-Besteuerung zu vermeiden. Viele Teile des Gesetzentwurfs bedürfen der Auslegung und spezifischer Anleitungen im Rahmen von Verwaltungsgrundsätzen seitens der brasilianischen Bundessteuerbehörde.

Auch wenn es sich derzeit um einen Gesetzesentwurf handelt, wird erwartet, dass das Gesetz von der neuen Regierung und dem neuen Parlament unterstützt wird. Sollten die neuen Verrechnungspreisregeln in Brasilien in Kraft treten, so sind diese ab dem 1. Januar 2024 anzuwenden.

Für deutsche Steuerpflichtige, die Tochtergesellschaften in Brasilien haben, stellen die neuen Verrechnungspreisregeln eine positive Entwicklung dar, auch wenn dadurch zusätzlicher Compliance-Aufwand entstehen kann. Die Angleichung an die OECD-Verrechnungspreisrichtlinien ermöglichen in Zukunft die Anwendung eines gruppenweit einheitlichen Verrechnungspreissystems auch in Brasilien und zusätzlich ergibt sich zukünftig die Möglichkeit zur Durchführung von APAs und MAPs. Vor diesem Hintergrund sollte bereits jetzt geprüft werden, inwieweit die bestehenden Verrechnungspreise an die zukünftigen Regelungen angepasst werden könnten.

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