Transfer Pricing Perspectives DACH – Ausgabe 60

Region DACH – Deutschland: Finanzgericht München: Keine Berücksichtigung finaler Währungskursverluste einer ausländischen Betriebsstätte im DBA-Freistellungsfall

München bei Sonnenaufgang
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  • 30 Nov 2023

Von Lukas Bühl und Alisa König. Über die steuerliche Berücksichtigung finaler ausländischer Betriebsstättenverluste wurde bereits in etlichen Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) und des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) kontrovers entschieden, wie das untenstehende Schaubild verdeutlicht.

Mit Urteil vom 10. Juli 2023 hat das Finanzgericht (FG) München (7 K 3340/18) beschlossen, dass die steuerliche Nichtberücksichtigung finaler Währungskursverluste in Deutschland im Zusammenhang mit der Aufgabe einer ausländischen Betriebsstätte nicht zu einem Verstoß gegen die unionsrechtliche Niederlassungsfreiheit führt, sofern im Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) die Freistellungsmethode vereinbart wurde. Allerdings hat das FG die Revision zugelassen.

Bisherige Urteile

Infografik zu bisherigen Urteilen zur Berücksichtigung finaler Betriebsstättenverluste

Sachverhalt

Die Klägerin ist (körperschaftsteuerlich) Organträgerin einer GmbH in Deutschland. Diese unterhielt in Irland eine Betriebsstätte, die sie mit Wirkung zum 1. Januar 2007 veräußerte. In den Wirtschaftsjahren 2007 und 2008 wurden teilweise noch Abwicklungsarbeiten der irischen Betriebsstätte vorgenommen. 

Bis 1999 hat die irische Betriebsstätte ihr Dotationskapital in irischen Pfund ausgewiesen. Danach in Euro. Das deutsche Stammhaus hatte hingegen insbesondere das der irischen Betriebsstätte zur Verfügung gestellte Dotationskapital bis 1999 in Deutsche Mark (DM) bilanziert. Seit der Gründung der Betriebsstätte im Jahr 1972 bis einschließlich 1998/1999 ergaben sich Änderungen der Währungsparität irisches Pfund/DM, welche beim Stammhaus zu Währungskursverlusten bis in das Jahr 2000 führten, die der irischen Betriebsstätte zugeordnet wurden, sich jedoch in dieser steuerlich nicht auswirken konnten. Die handelsrechtliche Buchung der Verluste erfolgte beim Stammhaus zu Lasten der Kapitalrücklage. 

Zum 1. April 2007 berücksichtigte das Stammhaus die Fremdwährungsverluste gewinnmindernd, woraufhin das Finanzamt die Körperschaftsteuer 2007 der Klägerin mit dem entsprechenden unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid festsetzte.

Auffassung der Finanzverwaltung

Im Rahmen der im Jahr 2011 durchgeführten Betriebsprüfung kam die Finanzverwaltung unter anderem zu dem Ergebnis, dass die Währungsverluste im Zusammenhang mit der irischen Betriebsstätte nicht berücksichtigt werden können. Folglich wurde die Körperschaftsteuer 2007 geändert und der verbleibende Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer festgestellt. Auch im Körperschaftsteuerbescheid 2008 wurden die Währungsverluste nicht berücksichtigt. Die gegen die Bescheide 2007 und 2008 eingelegten Einsprüche wurden als unbegründet zurückgewiesen. 

Die Finanzverwaltung beantragte die Klage abzuweisen und hilfsweise die Revision zuzulassen. Auch wenn der EuGH in seinen Entscheidungen zur Nichtberücksichtigung finaler Verluste insbesondere mit seinen Urteilen vom 22. September 2022 („W AG“ C-538/20) sowie vom 12. Juni 2018 („Bevola“ C-650/16) nicht nach der Natur der dort entstandenen Verluste unterschieden habe, handle es sich bei Währungskursverlusten ebenfalls um Betriebsstättenverluste. Sie unterlagen der Freistellungsmethode und konnten demnach in Deutschland steuerlich nicht berücksichtigt werden.

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Entscheidungsgründe des FG

Das FG München hält die Klage für unbegründet. Die Klägerin habe Sitz und Ort ihrer Geschäftsleitung im Inland und sei demnach gemäß § 1 Abs. 1 des Körperschaftssteuergesetztes mit ihren sämtlichen Einkünften unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Die dem Stammhaus durch die irische Betriebsstätte entstandenen Verluste seien aufgrund der im DBA Deutschland-Irland geregelten Freistellungsmethode von der Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer ausgenommen (sogenannte Symmetriethese). 

Ferner verstoße die steuerliche Nichtberücksichtigung der Verluste nicht gegen die unionsrechtliche Niederlassungsfreiheit. Der Senat folge insoweit den Ausführungen im BFH-Urteil vom 22. Februar 2023 (I R 35/22). Der BFH habe hierbei dargelegt, dass die Art. 49 und 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) dahin auszulegen sind, dass sie einer Steuerregelung eines Mitgliedstaats nicht entgegenstehen, nach der eine dort gebietsansässige Gesellschaft die finalen Verluste ihrer in einem anderen Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätte von ihrem steuerpflichtigen Gewinn aufgrund der im DBA festgelegten Freistellungsmethode nicht abziehen kann. Nach Auffassung des EuGH sei im Fall der auf einem DBA beruhenden Freistellung der ausländischen Einkünfte im Sitzstaat wegen der fehlenden Besteuerungsbefugnis bei der Prüfung eines Verstoßes gegen die Niederlassungsfreiheit schon tatbestandlich eine Vergleichbarkeit mit der Behandlung reiner Inlandsfälle nicht gegeben. Der BFH führe weiter aus, dass der EuGH für die Frage der Vergleichbarkeit der Verhältnisse dahingehend differenziert hat, ob der symmetrische Ausschluss der Berücksichtigung der gebietsfremden Betriebsstättenverluste auf einer bilateralen Vereinbarung (DBA) mit dem Betriebsstättenstaat beruht oder ob der Ausschluss seine Grundlage in einer (unilateralen) Entscheidung des nationalen Steuerrechts hat. Auch im Streitfall handle es sich bei der die Verlustberücksichtigung ausschließenden Symmetriethese um einen abkommensbasierten (DBA) und nicht um einen unilateralen Ausschluss des Verlustabzugs.

Fazit und Ausblick

Nach Auffassung des FG München sei hinsichtlich der Berücksichtigung finaler ausländischer Betriebsstättenverluste ausschließlich darauf abzustellen, ob es sich um einen bilateralen (DBA) oder unilateralen Ausschluss des Verlustabzugs handelt. Eine Differenzierung nach der Art der entstandenen Verluste sei bislang weder durch den BFH noch durch den EuGH vorgenommen worden. Dies ist vermutlich auch der Grund, warum das FG München die Revision zugelassen hat. Es bleibt abzuwarten, wie in diesem Fall über die Berücksichtigung finaler ausländischer Betriebsstättenverluste entschieden wird. Für die Zukunft wäre jedenfalls eine konsistentere Rechtsprechung wünschenswert, um eine höhere Rechtssicherheit für die Steuerpflichtigen zu schaffen.

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