Von Marlies Ursprung-Steindl und Anja Anglmayer. Eine in Österreich ansässige Person ist im Rechnungswesen einer in Deutschland ansässigen geschäftsleitenden Holding AG beschäftigt. Sie arbeitet dauerhaft drei Tage in der Woche in den Räumlichkeiten der AG in Deutschland.
Die restlichen zwei Tage geht sie ihrer Tätigkeit in ihrer Privatwohnung in Österreich nach. Fraglich war, ob die deutsche Holding AG dadurch eine Homeoffice-Betriebsstätte in Österreich begründet.
Gemäß dem österreichischen Bundesministerium für Finanzen (öBMF) liegt keine Betriebsstätte vor, wenn:
Eine Tätigkeit kann nur als bloße Hilfstätigkeit qualifizieren, sofern sie nicht das Kerngeschäft der Gesellschaft bildet. Im konkreten Fall zählen die Tätigkeiten im Rechnungswesen nach Ansicht des öBMF zu den üblichen Tätigkeiten einer geschäftsleitenden Holding, die im Konzern an andere Gesellschaften erbracht werden. Die Ausnahme für Hilfstätigkeiten greift folglich nicht.
Bei einer Nutzung des Homeoffice an zwei Tagen in der Woche wird nach Ansicht des öBMF die Schwelle der bloß gelegentlichen Ausübung der Tätigkeit überschritten, womit nach der österreichischen Verwaltungspraxis eine faktische Verfügungsmacht über die feste Einrichtung Homeoffice grundsätzlich fingiert und das Vorliegen einer Homeoffice-Betriebsstätte bejaht wird.
Im konkreten Fall verneint hingegen das öBMF, in Anlehnung an den OECD-Musterkommentar 2017, das Vorliegen einer faktischen Verfügungsmacht und damit einer Betriebsstätte, da die deutsche Holding das Arbeiten im Homeoffice von ihrer Mitarbeiterin nicht verlangt. Dies wird damit begründet, dass die Holding ihrer Mitarbeiterin einen eigenen Arbeitsplatz zur ständigen Nutzung in Deutschland zur Verfügung stellt und die Mitarbeiterin ihrer Tätigkeit an diesem Arbeitsplatz drei Tage pro Woche nachgeht. Mangels Verlangens des Arbeitgebers und der damit verbundenen faktischen Verfügungsmacht liegt eine Betriebsstätte in Österreich nach Ansicht des öBMF folglich nicht vor.
Für leitende Angestellte soll nach Auffassung des öBMF hingegen ein ledigliches Nicht-Verlangen der Tätigkeit im Homeoffice keine Bedeutung für die Qualifikation als Betriebsstätte haben.
Für die Praxis stellt es eine wesentliche Erleichterung dar, dass das öBMF nun bestätigt, dass keine Betriebsstätte für jene Praxisfälle vorliegt, in denen nicht-leitende Mitarbeiter ihrer Tätigkeit zwei Tage im Homeoffice und drei Tage am Arbeitsplatz im Büro des Arbeitgebers nachgehen, vorausgesetzt es gibt kein Verlangen zur Homeoffice-Tätigkeit seitens des Arbeitgebers. Wesentlich dafür ist, dass die Unternehmen den Nachweis erbringen, dass der Arbeitsplatz im Büro des Arbeitgebers auch tatsächlich genutzt wird.
Alle anderen Fälle, wie bei der Homeoffice-Tätigkeit von leitenden Angestellten und Führungspersonal oder überwiegender Ausübung der Tätigkeit im Homeoffice, werden in der Praxis weiterhin einzelfallbezogen analysiert und beurteilt werden müssen.
Bevor Unternehmen dem Wunsch ihrer Mitarbeiter nach (mehr) Homeoffice-Tagen entsprechen, sollte daher jedenfalls vorab genau überprüft werden, welche steuerrechtlichen Auswirkungen auf den ersten Blick unwesentliche Änderungen im Set-up nach sich ziehen. Wesentlich ist dabei auch, wie das Nicht-Verlangen der Homeoffice-Tätigkeit seitens des Arbeitgebers dokumentiert werden kann. Auch die vertraglichen Regelungen zum Homeoffice, beispielsweise direkt im Dienstvertrag oder in Homeoffice-Leitlinien, können als mögliche Dokumentation dienen. Dabei ist aus dem arbeitsvertraglichen Blickwinkel auch auf mögliche Ansprüche des Dienstnehmers zu achten.
Sollte durch die Tätigkeit des Mitarbeiters dennoch eine Betriebsstätte begründet werden, ist sicherzustellen, dass die entsprechende Betriebsstättengewinnaufteilung den Maßstäben des Fremdvergleichsgrundsatzes entspricht.
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Newsletter Transfer Pricing Perspectives DACH – Ausgabe 60