Von Caroline Wies und Simon Hoof. Die Regelungen zur globalen Mindestbesteuerung (Pillar Two) enthalten u. a. die sogenannten Transitional CbCR Safe Harbour Rules, die in einem Übergangszeitraum von drei Jahren die Anwendung der komplexen Pillar Two-Vorschriften teilweise vereinfachen können.
Die Erleichterungen ergeben sich insbesondere daraus, dass die von Pillar Two betroffenen Unternehmensgruppen im Wesentlichen auf die Daten aus dem länderbezogenen Bericht (Country-by-Country-Reporting (CbCR)) zurückgreifen können und keine vollumfängliche Pillar Two-Berechnung der effektiven Steuerquote (Detailkalkulation) vornehmen müssen.
Die CbCR Safe Harbour Rules bestehen aus drei Tests, von denen mindestens einer je Jurisdiktion bestanden werden muss, um von den Erleichterungsvorschriften Gebrauch machen zu können.
Der sog. De-Minimis Test gilt als bestanden, wenn die Umsatzerlöse in einer Jurisdiktion gemäß CbCR weniger als zehn Millionen Euro und das EBT (Gewinn vor Steuern) gemäß CbCR weniger als eine Million Euro beträgt.
Der sog. Effective Tax Rate Test gilt als bestanden, wenn der vereinfacht berechnete effektive Steuersatz oberhalb von 15 Prozent (für Wirtschaftsjahre, die in 2024 beginnen) liegt. In den beiden folgenden Jahren liegt der Schwellenwert bei 16 Prozent bzw. 17 Prozent.
Der sog. Routine Profit Test, auch Substanztest genannt, gilt als bestanden, wenn der substanzbasierte Freibetrag (Summe aus der anteiligen Berücksichtigung von berücksichtigungsfähigen Vermögensgegenständen und Lohnkosten) mindestens dem EBT laut CbCR entspricht.
Voraussetzung, um das CbCR für die Kalkulation der Safe Harbour Tests zugrunde zu legen, ist die Verwendung eines qualifizierten Konzernabschlusses als Datengrundlage. Diese kann gemäß den deutschen Regelungen (§ 87 Mindeststeuergesetz (MinStG)) durch die folgenden Alternativen sichergestellt werden:
Im Dezember 2023 hat die OECD eine Agreed Administrative Guidance (im Folgenden AAG) veröffentlicht, die zahlreiche Klarstellungen, Hinweise und Beispiele u. a. hinsichtlich der CbCR Safe Harbour-Regelungen, insb. auch zur Datengrundlage enthält. Zudem ergeben sich aus dem AAG zusätzliche Anforderungen, die zu einer erhöhten Komplexität bei der Datenbeschaffung und im Zweifel zu niedrigeren Steuerquoten im Rahmen des Effective Tax Rate Test führen werden. Die wesentlichen Punkte sind:
Bislang war (im deutschen MinStG) ausgeschlossen, dass Kaufpreisallokationen (Purchase Price Allocations (PPA)) in der Datengrundlage Berücksichtigung finden dürfen, wenn der Beteiligungserwerb nach dem 1. Dezember 2021 stattgefunden hat.
Nach den Erläuterungen der AAG soll es nun möglich sein, die PPA-Effekte zu berücksichtigen, wenn i) diese im Rahmen des steuerlichen CbCRs (in Deutschland gemäß §138a Abgabenordnung (AO)) einbezogen wurden (sog. Consistent Reporting Condition) und ii) die Abschreibungen in Bezug auf betroffene Geschäfts- und Firmenwerte dem EBT wieder hinzugerechnet werden (sog. Goodwill Impairment Adjustment).
Für die Anwendung der Safe Harbour Rules ist eine qualifizierte Datengrundlage zu verwenden, d. h. etwaige Vereinfachungen im Rahmen der Konsolidierung müssen für die Bestimmung der Safe Harbour Rules korrigiert werden. Die AAG stellen klar, dass die relevanten CbCR-Daten für eine bestimmte Jurisdiktion grundsätzlich (mit einzelnen Ausnahmen) aus den gleichen qualifizierten Datengrundlagen für alle Geschäftseinheiten der jeweiligen Jurisdiktion stammen müssen und somit eine Konsistenz sichergestellt werden kann (z. B. Umsatzerlöse, EBT, Ertragsteueraufwand und Lohnkosten).
Eine bislang nicht vorhandene Regelung, die durch die AAG neu eingeführt wird, ist das Anpassungserfordernis zur Korrektur von sog. hybriden Vereinbarungen im EBT, die nach dem 15. Dezember 2022 eingegangen wurden. Die Regelungen sind in verschiedenen Konstellationen einschlägig (bzgl. sog. i) Deduction / Non-Inclusion Arrangements, ii) Duplicate Loss Arrangements und iii) Duplicate Tax Recognition Arrangements) und führen u. U. zu einer Begrenzung des Abzuges von Aufwendungen im EBT bzw. zu einer Minderung des Steueraufwands. Auch unterschiedliche Behandlungen von Transaktionen zwischen Rechnungslegung und Steuerrecht können zu Anpassungserfordernissen führen.
Die AAG von Dezember 2023 bringen an vielen Stellen Klarheit und geben Orientierung bei einigen Themenkomplexen.
In Bezug auf die zusätzlichen Anforderungen (insb. hybride Vereinbarungen) ergibt sich jedoch ein deutlich erhöhter Aufwand bei der Datenbeschaffung für den Steuerpflichtigen. Es ist zu überprüfen, inwieweit sich die effektiven Steuersätze im Effective Tax Rate Test der betroffenen Jurisdiktionen verändern.
Die Umsetzung in das MinStG bzw. die Klarstellung im Rahmen eines Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen ist für 2024 geplant. Wie und in welchem Umfang diese Ausführungen tatsächlich umgesetzt werden, bleibt abzuwarten.
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Newsletter Transfer Pricing Perspectives DACH – Ausgabe 62