Von Sandra Staudacher und Florian Egner. Gemäß den OECD-Verrechnungspreisleitlinien ist die Bestimmung von Verrechnungspreisen keine exakte Wissenschaft, sondern erfordert vielmehr eine Urteilsbildung seitens der Steuerverwaltungen und Steuerpflichtigen. Daher besteht in Zusammenhang mit Verrechnungspreisen grundsätzlich das Risiko, dass ein bestimmter grenzüberschreitender Sachverhalt in einer Betriebsprüfung abweichend beurteilt wird und eine Verrechnungspreisanpassung folgt.
Um die Planungs- und Rechtssicherheit zu erhöhen, wurde 2011 in Österreich das Instrument des Auskunftsbescheids (sog. Advance Ruling) in die Bundesabgabenordnung (BAO) aufgenommen. Nach § 118 BAO kann ein Steuerpflichtiger eine verbindliche unilaterale Rechtsauskunft über die abgabenrechtliche Beurteilung in Zusammenhang mit Verrechnungspreisen beantragen.
Dieser Beitrag stellt das Instrument des Auskunftsbescheids näher vor und gibt einen Einblick in die praktische Herangehensweise.
Das Finanzamt hat gemäß § 118 BAO auf schriftlichen Antrag eine abgabenrechtliche Beurteilung eines noch nicht verwirklichten Sachverhalts vorzunehmen, sofern im Hinblick auf die erheblichen abgabenrechtlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse des Antragstellers besteht. Der Antrag ist in deutscher Sprache zu verfassen.
Ein Auskunftsbescheid ist auf bestimmte steuerliche Themenbereiche beschränkt. Neben Fragen zum internationalen Steuerrecht (u. a. Verrechnungspreise) können auch andere Rechtsfragen wie beispielsweise Fragen zum Umsatzsteuerrecht oder Umgründungen Gegenstand von Auskunftsbescheiden sein.
§ 118 BAO stellt gewisse Anforderungen an den Aufbau und Inhalt eines Antrags auf Erteilung eines Auskunftsbescheids.
Grundlage des Antrags ist die umfassende Darstellung des noch nicht verwirklichten Sachverhalts. Hierauf ist besonderes Augenmerk zu legen, da die Rechtswirkung des Auskunftsbescheids auf dem im Antrag dargelegten Sachverhalt basiert und das Advance Ruling bei einer wesentlichen Abweichung des später tatsächlich verwirklichten Sachverhalts keine rechtliche Bindung entfaltet.
Zusätzlich muss das besondere Interesse des Antragstellers dargestellt werden. Dieses liegt vor, sofern erhebliche abgabenrechtliche Auswirkungen zu erwarten sind, und kann dahingehend bei Verrechnungspreisthematiken regelmäßig angenommen werden.
Die Darlegung des Rechtsproblems und die Formulierung konkreter Rechtsfragen ist das zentrale Element des Antrags.
Typische Rechtsfragen für den Bereich Verrechnungspreise betreffen beispielsweise die Methodenwahl. Eine bestimmte Marge bzw. Bandbreite stellt zwar keine Rechtsfrage dar, im Auskunftsbescheid kann aber beispielsweise eine Würdigung der Suchschritte einer Datenbankstudie, die zu einer Bandbreite führen, vorgenommen werden.
Im Anschluss an die Formulierung der Rechtsfragen hat der Steuerpflichtige eine eingehend begründete rechtliche Beurteilung dieser Fragen vorzunehmen.
Schließlich müssen noch Angaben zur Bestimmung der Höhe des Verwaltungskostenbeitrags angeführt werden.
Der Steuerpflichtige hat einen Rechtsanspruch darauf, dass die im Auskunftsbescheid vorgenommene rechtliche Beurteilung bei der Abgabenerhebung zugrunde gelegt wird. Der Rechtsanspruch erlischt jedoch insoweit, wie sich in Folge einer Aufhebung oder Änderung der dem Auskunftsbescheid zugrunde gelegten Abgabenvorschriften die abgabenrechtliche Beurteilung ändert.
Die Dauer der Gültigkeit eines Auskunftsbescheids ist grundsätzlich auf einen bestimmten Zeitraum begrenzt (in der Regel drei Jahre).
Im Gegensatz zu einem bilateralen APA entfaltet das Advance Ruling als unilaterales APA seine Rechtswirkung lediglich in Österreich.
Um ein positives Advance Ruling zu erlangen, hat es sich in der Praxis bewährt, ein, bzw. falls notwendig, auch mehrere sog. Prefiling Meetings mit dem zuständigen Advance Ruling Team der Finanzverwaltung abzuhalten. Gegenstand dieser Vorabbesprechungen sind, neben den Grundzügen des Sachverhalts, die Rechtsfragen und deren rechtliche Beurteilung. Oft werden vor Einreichung des finalen Antrags auch Entwürfe mit dem zuständigen Team geteilt, um allenfalls noch notwendige Änderungen bzw. Ergänzungen vornehmen zu können.
Im Auskunftsbescheid werden dem Steuerpflichtigen Berichtspflichten auferlegt. So ist insbesondere bei Einreichung der Steuererklärung darüber zu berichten, ob und wann der dem Auskunftsbescheid zugrunde gelegte Sachverhalt verwirklicht wurde bzw. welche Abweichungen von dem im Auskunftsbescheid zugrunde gelegten Sachverhalt erfolgt sind. Es empfiehlt sich daher darauf zu achten, dass der Sachverhalt auch entsprechend umgesetzt wurde und alle Berichtspflichten bei Einreichung der Steuererklärung entsprechend erfüllt werden. Falls Abweichungen im Sachverhalt festgestellt werden, empfiehlt sich eine zeitnahe Analyse, inwieweit die Abweichungen noch als unwesentlich qualifiziert werden können. Auch sollte eine entsprechende Darstellung bei Einreichung der Steuererklärung aufgenommen werden.
Antragsteller haben für die Bearbeitung des Antrages einen Verwaltungskostenbeitrag zu entrichten. Dieser richtet sich grundsätzlich nach den Umsatzerlösen des Antragstellers in den zwölf Monaten vor dem letzten Abschlussstichtag und liegt zwischen 1.500 Euro und 20.000 Euro. Der Höchstbetrag i. H. v. 20.000 Euro greift, sofern der Antragsteller Umsatzerlöse über 40 Mio Euro erwirtschaftet oder Teil eines Konzerns ist, der nach österreichischem Recht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet ist.
Das zuständige Finanzamt ist angehalten, den Auskunftsbescheid innerhalb von zwei Monaten nach Einreichung des Antrags zu erlassen. In der Praxis ist aufgrund begrenzter Ressourcen der Steuerverwaltung zumeist mit einer Entscheidung innerhalb von drei bis sechs Monaten zu rechnen.
In Hinblick auf den zunehmenden Fokus der österreichischen Finanzverwaltung auf Verrechnungspreise stellt der Auskunftsbescheid ein hilfreiches Mittel zur Erlangung von Rechts- und Planungssicherheit dar. Insbesondere Betriebsprüfungen können schneller und kostengünstiger verlaufen, da lediglich die Umsetzung des Auskunftsbescheids, nicht aber die komplexe Rechtsfrage dahinter beurteilt werden muss.
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Newsletter Transfer Pricing Perspectives DACH – Ausgabe 62