Von Robert Fischer und Florian Baderschneider. In einer neuen Publikation haben die Schweizer Steuerbehörden, namentlich die SSK (Schweizerische Steuerkonferenz, dem Zusammenschluss der kantonalen Steuerverwaltungen) und die ESTV (Eidgenössische Steuerverwaltung), einen umfassenden Artikel zu Verrechnungspreisen veröffentlicht.
Dieser Artikel ist insofern bemerkenswert, da es sich um die erste detaillierte Publikation der Schweizer Steuerbehörden zu Verrechnungspreisen handelt.
Zudem hat die ESTV kürzlich eine neue Website inklusive einer detaillierten Q&A-Liste publiziert, welche wertvolle Einblicke in die Sichtweise der Schweizer Steuerverwaltung zu ausgewählten Themen gibt.
Der Artikel, der am 23. Januar 2024 im Dossier Steuerinformationen auf der Website der ESTV veröffentlicht wurde, befasst sich mit einer Reihe von Aspekten der Verrechnungspreispraxis, insbesondere:
Darüber hinaus wird das Thema Verrechnungspreisdokumentation behandelt, wobei auf den dreistufigen Ansatz der OECD, bestehend aus Master File, Local File und Country-by-Country Reporting, verwiesen wird. In diesem Zusammenhang weist der Artikel darauf hin, dass es in der Schweiz zwar keine gesetzliche Verpflichtung zur Erstellung von Master und Local Files gibt, die Steuerpflichtigen jedoch eine Mitwirkungspflicht haben und daher verpflichtet sind, auf Anfrage der Behörden Nachweise für den Fremdvergleichscharakter ihrer Verrechnungspreise vorzulegen. Unsere praktische Erfahrung zeigt, dass dies am besten durch die Vorlage eines OECD-konformen Dokumentationspakets, bestehend aus Master und Local Files, erreicht werden kann.
Im Allgemeinen orientiert sich der Artikel sehr eng an den OECD-Verrechnungspreisleitlinien und bestätigt somit die seit langem angewendete Praxis der Schweizer Behörden, diese bei ihrer Beurteilung von Verrechnungspreissachverhalten anzuwenden.
Der Artikel geht auch auf die Möglichkeit ein, Verrechnungspreise im Voraus mit den zuständigen Behörden zu besprechen und mittels sogenannter Transfer Pricing Rulings zu vereinbaren, was ein klarer Vorteil des Schweizer Steuersystems im Vergleich zu den Steuersystemen der meisten anderen Länder ist. Dabei wird empfohlen, die Ruling-Anträge gleichzeitig bei den Steuerbehörden des Bundes (sprich der ESTV) und des jeweils zuständigen Kantons einzureichen. Dies ergibt sich aus der Aufteilung der Kompetenzen zwischen der ESTV (Verrechnungssteuer) und den kantonalen Steuerämtern (Gewinnsteuer). Zudem wird darauf hingewiesen, dass Anträge auf Rulings mit einer entsprechenden Verrechnungspreisstudie untermauert werden sollten.
Zuletzt geht der Artikel auch auf die Steuerfolgen von sogenannten Primär- und Sekundärberichtigungen infolge von internationalen Verständigungsverfahren ein.
Die Veröffentlichung ist zwar rechtlich nicht bindend, bietet aber interessante Einblicke und hilft den Steuerpflichtigen bei der Planung und Festlegung ihrer Verrechnungspreismodelle. Der Artikel verweist ausdrücklich auf die Ausgabe 2022 der OECD-Verrechnungspreisleitlinien und signalisiert die Absicht der Schweizer Steuerbehörden, sich weiterhin weitgehend an diesen Leitlinien zu orientieren.
Nur einen Monat nach Veröffentlichung des oben erwähnten Artikels hat die ESTV eine neue Website inklusive einer detaillierten Transfer Pricing Q&A-Liste publiziert. Dies unterstreicht die zunehmende Bedeutung, die Verrechnungspreisen in der Schweiz beigemessen wird.
Die Q&A-Liste der ESTV soll als Orientierungshilfe für Steuerpflichtige gelten und befasst sich mit vier Themenbereichen:
Bemerkenswert ist insbesondere die hohe Gewichtung der konzerninternen Finanzierungstransaktionen (v. a. Darlehen). In diesem Zusammenhang ist eine Überprüfung solcher Transaktionen vor dem Hintergrund des seit 2022 in den OECD-Verrechnungspreisleitlinien enthaltenen Kapitels X zu konzerninternen Finanzierungen ratsam, an welchem sich auch die Schweizer Behörden orientieren.
Die kürzlich erschienenen Veröffentlichungen der Schweizer Steuerbehörden geben Unternehmen detaillierte Einblicke in die Sichtweise der Schweizer Steuerverwaltung und unterstreichen die hohe Bedeutung von Verrechnungspreisen in der Schweizer Steuerpraxis. Unternehmen wird daher empfohlen, ihre Verrechnungspreismodelle vor dem Hintergrund der neuen Richtlinien zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen. Eine laufende Überprüfung auf Basis der geltenden OECD-Verrechnungspreisleitlinien ist ebenfalls empfohlen, da diese von der Schweizer Verwaltung nach wie vor als Orientierungshilfe verwendet werden.
In unserem vierteljährlich erscheinenden Newsletter informiert Sie unser internationales Expertenteam über aktuelle Entwicklungen zum Thema Verrechnungspreise.
Newsletter Transfer Pricing Perspectives DACH – Ausgabe 62