Von Anja Anglmayer und Florian Egner. Mit der Kundmachung im Bundesgesetzblatt BGBI I 83/2024 am 17. Juni 2024 tritt das Bundesgesetz über die Veröffentlichung länderbezogener Ertragsteuerinformationsberichte (CBCR-Veröffentlichungsgesetz (CBCR-VG)) in Kraft. Mit diesem wird die Richtlinie (EU) 2021/2101 zur Änderung der EU-Bilanzrichtlinie im Hinblick auf die Offenlegung von Ertragssteuerinformationen durch bestimmte Unternehmen und Zweigniederlassungen in österreichisches Recht umgesetzt.
Der öffentlich zugängliche Ertragssteuerinformationsbericht (Public Country-by-Country-Reporting (Public CbCR)) unterscheidet sich zu dem bereits seit 2016 verpflichtenden CbCR der OECD neben der Anwendung der Schwellenwerte und einzelner Angaben insbesondere darin, dass dieser zu veröffentlichen ist.
Dieser Beitrag stellt die Grundzüge des Gesetzentwurfs näher vor.
Während das bereits seit 2016 in das österreichische Verrechnungspreisdokumentationsgesetz übernommene CbCR der OECD in erster Linie den Steuerverwaltungen zur Risikoeinschätzung dienen sollte und vertraulich behandelt wurde, zielt das öffentlich zugängliche Public CbCR auf eine erhöhte Transparenz der Tätigkeiten multinationaler Unternehmen sowie eine erhöhte öffentliche Kontrolle ab. Darüber hinaus soll das Public CbCR einerseits dazu beitragen, die Verantwortung von Unternehmern gegenüber ihren Stakeholdern zu stärken, anderseits aber auch ein Bewusstsein der Öffentlichkeit für den Umfang und die Einhaltung der Berichtspflichten schaffen.
Die Verpflichtung zur Veröffentlichung des Public CbCR für Unternehmen, die unter den Anwendungsbereich fallen, ist für alle Geschäftsjahre, die nach dem 21. Juni 2024 beginnen (d. h. bei Wirtschaftsjahren entsprechend dem Kalenderjahr erstmals für 2025) vorgesehen.
Die Vertreter eines obersten Mutterunternehmens oder unverbundenen Unternehmens haben ein Public CbCR zu erstellen und zu veröffentlichen, wenn ihr konsolidierter Umsatz in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren mindestens 750 Mio. Euro beträgt. Dabei ist zu beachten, dass das Public CbCR innerhalb von zwölf Monaten nach dem Abschlussstichtag für das letztere der beiden Geschäftsjahre, in denen dieser Schwellenwert erstmalig überschritten wird, zu erstellen ist. Die Berichtspflicht endet, wenn in der Folge der Schwellenwert in zwei aufeinanderfolgenden Wirtschaftsjahren unterschritten wird.
Das nachfolgende Beispiel soll einen besseren Überblick über Beginn und Ende der Berichtspflicht anhand der erforderlichen Umsatzgrenze geben:
Jahr | 2024 | 2025 | 2026 | 2027 | 2028 | 2029 | 2030 |
Konsolidierter Umsatz (in Mio. Euro) | 800 | 800 | 700 | 700 | 800 | 800 | 700 |
Erstellung und Veröffentlichung eines Public CbCR | - |
- |
Ja (für 2025) |
Ja (für 2026) |
Nein (für 2027) |
Nein (für 2028) |
Ja (für 2029) |
In den veröffentlichten erläuternden Bemerkungen zu dem Gesetzentwurf wird in diesem Zusammenhang angeführt, dass die Berechnung der Umsatzgrenze für Unternehmen mit Sitz in der EU oder dem EWR, die einen Abschluss nach IFRS aufstellen, ebenfalls auf IFRS-Basis zu erfolgen hat. Unternehmen innerhalb der EU oder des EWR, die keinen Abschluss nach IFRS aufstellen, unterliegen hingegen den Berechnungen der nationalen Bestimmungen (vgl. hierzu § 189a Z 5 Unternehmensgesetzbuch (UGB)).
Die Pflicht zur Erstellung und Veröffentlichung des Public CbCR obliegt grundsätzlich den Vertretern des obersten Mutterunternehmens in Österreich oder des unverbundenen Unternehmens, das über mindestens eine der folgenden Formen der Geschäftsausübung in mindestens einem anderen Staat verfügt: Tochterunternehmen, Niederlassung, feste Geschäftseinrichtungen, dauerhafte Geschäftstätigkeit.
In den Erläuterungen zu dem Gesetz wurde zusätzlich ergänzt, dass die Verpflichtung nur für Unternehmen gilt, „deren Tätigkeit in mindestens einem weiteren Steuerhoheitsgebiet der Ertragsteuer unterliegen kann, wie das etwa bei einer steuerlichen Betriebsstätte im Sinne des § 29 Bundesabgabenordnung der Fall wäre.“
Sind die Voraussetzungen zur Berichtspflicht eines Public CbCR erfüllt, ist das oberste Mutterunternehmen jedoch nicht in der EU oder dem EWR ansässig, kann die Berichtspflicht die Vertreter einer österreichischen Tochtergesellschaft treffen. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit soll die Pflicht zur Erstellung und Veröffentlichung des Public CbCR nach der EU-Richtlinie jedoch auf mittelgroße und große Tochterunternehmen gemäß § 221 UGB beschränkt werden.
Für Zweigniederlassungen besteht eine Berichtspflicht, sofern es keine berichtspflichtige oberste Muttergesellschaft oder Tochtergesellschaft in der EU oder dem EWR gibt, wenn die Zweigniederlassung die Umsatzgrenze von zehn Mio. Euro in den letzten zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren überschreitet.
Stehen einer solchen Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung die Informationen nicht zur Verfügung und werden diese vom Mutterunternehmen nicht bereitgestellt, so haben die Vertreter der Tochtergesellschaft bzw. Zweigniederlassung ein Public CbCR mit allen Angaben über die sie verfügen aufzustellen und gemeinsam mit einer Erklärung in deutscher Sprache, dass das Mutterunternehmen die erforderlichen Angaben nicht zur Verfügung gestellt hat, einzureichen.
Die Vertreter einer Tochtergesellschaft oder einer Zweigniederlassung sind von der Pflicht zur Erstellung eines Public CbCR befreit, wenn
Die Berichtspflicht gilt nicht für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen, deren Anhang die Auflistung nach § 64 Abs. 1 Z 18 Bankwesengesetz oder § 17 Wertpapierfirmengesetz enthält, wenn sich diese Angaben auf sämtliche Tätigkeiten des Kreditinstituts und gegebenenfalls aller in den Konzernabschluss einbezogenen verbundenen Unternehmen beziehen. Die Vertreter solcher Unternehmen, die diese Befreiung in Anspruch nehmen, haben diese Tatsache spätestens ein Jahr nach Ende des betreffenden Geschäftsjahres, dem Firmenbuchgericht bekannt zu geben.
Das Public CbCR hat neben allgemeinen Angaben, wie beispielsweise den Namen des obersten Mutterunternehmens oder des unverbundenen Unternehmens, das betreffende Geschäftsjahr, die verwendete Währung sowie gegebenenfalls eine Liste aller in den Konzernabschluss einbezogenen Tochtergesellschaften sowie eine kurze Beschreibung der Art ihrer Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten in Vollzeitäquivalenten, insb. ertragssteuerliche Angaben zu enthalten.
Die Daten sind grundsätzlich aufgeschlüsselt nach Ländern zu melden. Für Tätigkeiten in Ländern außerhalb der EU, die am 31. März des Berichtsjahrs nicht in der EU-Liste nicht-kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke aufgeführt sind, können aggregierte Angaben gemeldet werden.
Um zusätzlichen Verwaltungsaufwand zu vermeiden, gewährt der Gesetzgeber das Wahlrecht, die Angaben aus dem CbCR nach dem Verrechnungspreisdokumentationsgesetz (VPDG) CbCR für das Public CbCR zu übernehmen.
Das Public CbCR kann wahlweise in deutscher oder englischer Sprache eingereicht werden.
Die Erklärung an das Firmenbuchgericht, dass nicht alle Angaben seitens des obersten Mutterunternehmens bzw. unverbunden Unternehmen zur Verfügung gestellt wurden, hat jedoch ausschließlich in deutscher Sprache zu erfolgen.
Die Vertreter einer berichtspflichtigen Einheit haben das Public CbCR bis spätestens zwölf Monate nach dem Abschlussstichtag beim Firmenbuchgericht am Sitz der Kapitalgesellschaft oder der Zweigniederlassung in maschinenlesbarer elektronischer Form einzureichen. Dieses wird anschließend in die Urkundensammlung des Firmenbuchs aufgenommen und gebührenfrei öffentlich zugänglich gemacht.
Zudem ist das Public CbCR fünf Jahre lang auf der Website des berichtspflichtigen Unternehmens oder der Zweigniederlassung zur kostenfreien Abfrage zu veröffentlichen. Alternativ kann ein Hinweis aufgenommen werden, dass die Unterlagen über die Firmenbuch-Abfrage kostenfrei zugänglich sind (inkl. Link zur entsprechenden Abfragemöglichkeit).
Gemäß CBCR-VG ist die Möglichkeit zur zeitlich verzögerten Veröffentlichung (maximal fünf Jahre) einer oder mehrerer spezifischer Angaben im Public CbCR vorgesehen, wenn die sofortige Veröffentlichung dieser Angaben der Marktstellung der vom Public CbCR umfassten Unternehmen einen erheblichen Nachteil zufügen würde. Das Gesetz enthält jedoch keine Spezifikationen, für welche Fälle eine solche verzögerte Veröffentlichung in Betracht käme. In den Erläuterungen zum CBCR-VG wird lediglich klargestellt, dass der erhebliche Nachteil für die Marktposition sehr wahrscheinlich eintreten muss und eine bloße Möglichkeit eines solchen Nachteils nicht ausreicht, um eine verzögerte Veröffentlichung zu rechtfertigen. Sollte ein Unternehmen von dieser Wahlmöglichkeit Gebrauch machen, hat es dies im Public CbCR anzugeben und gebührend zu begründen.
Das Firmenbuchgericht kann bei Zweifel, ob die erforderlichen Voraussetzungen vorliegen, diese von Amts wegen prüfen. Kommt das Firmenbuchgericht in der Folge zu dem Schluss, dass die erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, kann es mit Beschluss die Veröffentlichung des Public CbCR anordnen. Darüber hinaus hat die betroffene Gesellschaft die Verfahrenskosten zu tragen sowie einen Pauschalkostenbeitrag von bis zu 20.000 Euro zu entrichten.
Der Abschlussprüfer hat im Bestätigungsvermerk darüber zu berichten, ob das Unternehmen für das vorangegangene Geschäftsjahr verpflichtet war, ein Public CbCR offenzulegen, und, falls dies zutrifft, ob der genannte Bericht offengelegt wurde. Somit ist nur eine formelle Prüfung hinsichtlich der Offenlegung der Informationen, nicht aber eine inhaltliche Prüfung durch den Abschlussprüfer vorgesehen.
Das CBCR-VG sieht zur Durchsetzung einer zeitgerechten, vollständigen und richtigen Einreichung des Public CbCR Zwangsstrafen vor. Darüber hinaus können Ordnungsstrafen verhängt werden. Der mögliche Strafrahmen ist von verschiedenen Faktoren abhängig (u. a. – z. B. bei nichterfolgter Veröffentlichung auf der Website – Unternehmensgröße, Schwere der Verfehlung, öffentliches Interesse, etc.) und kann jeweils bis zu 100.000 Euro betragen.
Gemäß den erläuternden Bemerkungen zum CBCR-VG kommt eine volle Ausschöpfung des Strafbetrags der Zwangsstrafen bei der ersten Aufforderung und Androhung allerdings nur bei besonders gravierenden Verstößen in Betracht. Als Beispiel hierfür wird ein Unternehmen angeführt, welches jahrelang trotz klarer Indizien überhaupt keinen Bericht offengelegt hat.
Die Umsetzung des Public CbCR in nationales Recht stellt einen weiteren signifikanten Meilenstein im Zeitalter der Steuertransparenz dar. Während das VPDG CbCR eine Risikoeinschätzung für Steuerverwaltungen ermöglichen soll, werden beim Public CbCR nun wesentliche Steuerinformationen der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Unternehmen sollten sich zeitnah und proaktiv mit der Datenaufbereitung und Erstellung des Public CbCR befassen und hierbei auch die Implementierung in anderen Ländern entsprechend beachten. In diesem Zusammenhang sollte auch überlegt werden, das Public CbCR um die Erläuterung der Steuerstrategie zu ergänzen, um beispielweise Fehlinterpretationen vorzubeugen.
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Newsletter Transfer Pricing Perspectives DACH – Ausgabe 63