Von Vanessa Schilling und Alisa König. Im letzten Jahr wurden die Vorlagepflichten für Verrechnungspreisdokumentationen in Deutschland aufgrund von Änderungen innerhalb der Abgabenordnung (AO) deutlich verschärft. Konkret sollten Steuerpflichtige durch verkürzte Vorlagefristen faktisch dazu verpflichtet werden, ihre Verrechnungspreisdokumentationen für abgelaufene Wirtschaftsjahre sehr zeitnah zu erstellen.
Im Rahmen des Vierten Gesetzes zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Demokratie (sog. Viertes Bürokratieentlastungsgesetz), das der Bundestag am 26. September 2024 verabschiedet hat und dem anschließend der Bundesrat am 18. Oktober 2024 zugestimmt hat, ergeben sich nunmehr weitere Neuerungen. So gibt es ab Januar 2025 eine erneute Änderung der Vorlagefristen für Verrechnungspreisdokumentationen und es wird eine neue Übersicht über die zu dokumentierenden Geschäftsvorfälle eingeführt.
Zur Beschleunigung von Außenprüfungen wurden die Mitwirkungspflichten nach § 90 AO durch das am 1. Januar 2023 in Kraft getretene DAC7-Umsetzungsgesetz verschärft. So wurden nach dem neuen § 90 Abs. 4 AO Steuerpflichtige spätestens ab dem 1. Januar 2025 dazu verpflichtet, ihre Verrechnungspreisdokumentation nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung ohne gesondertes Verlangen durch die Außenprüfung innerhalb von 30 Tagen vorzulegen. Zudem kann auch außerhalb einer Außenprüfung die Verrechnungspreisdokumentation künftig jederzeit mit einer Vorlagefrist von 30 Tagen durch die Finanzverwaltung angefordert werden. Vor dieser Neuregelung musste die Verrechnungspreisdokumentation in der Regel nur innerhalb von Betriebsprüfungen und nur auf Anfrage mit einer Frist von 60 Tagen vorgelegt werden (für die Dokumentation von außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen galt eine verkürzte Vorlagefrist von 30 Tagen).
Gemäß den künftigen Erleichterungen aufgrund des Bürokratieentlastungsgesetzes sind nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung ohne gesondertes Verlangen zukünftig nicht mehr alle (Verrechnungspreis-)Aufzeichnungen innerhalb der 30-Tage-Frist vorzulegen, sondern nur noch
Diese Neuregelung stellt insofern eine gewisse Erleichterung dar, da nach Prüfungsanordnung nicht mehr innerhalb von 30 Tagen automatisch die gesamte deutsche landesspezifische Verrechnungspreisdokumentation (Local File) vorgelegt werden muss, sondern „nur“ die Transaktionsmatrix.
Laut Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 20/13015) soll die Transaktionsmatrix Folgendes enthalten:
a. Gegenstand und Art der Geschäftsvorfälle,
b. die an den Geschäftsvorfällen Beteiligten unter Kennzeichnung von Leistungsempfänger und Leistungserbringer,
c. das Volumen und das Entgelt der Geschäftsvorfälle,
d. die vertragliche Grundlage,
e. die angewandte Verrechnungspreismethode,
f. die betroffenen Steuerhoheitsgebiete und
g. ob Geschäftsvorfälle nicht der Regelbesteuerung im betreffenden Steuerhoheitsgebiet unterliegen.
Die in der Transaktionsmatrix geforderten Angaben sollen in der Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung (GAufzV) noch näher spezifiziert werden.
Wird eine Transaktionsmatrix nicht vorgelegt, ist ein Zuschlag von mindestens 5.000 € festzusetzen (vgl. neuer § 162 Abs. 4 S. 1 AO).
Generell soll die Transaktionsmatrix eine risikoorientierte Prüfung der grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen (Verrechnungspreise) – insbesondere im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung – fördern.
Somit sollen im Rahmen einer Außenprüfung nicht mehr automatisch die vollständigen Verrechnungspreisdokumentationen vorgelegt werden müssen, sondern lediglich die Dokumente, die einen ersten Überblick über die wesentlichen Auslandssachverhalte im Unternehmen geben, damit schnell und effizient relevante Prüffelder identifiziert werden können. Die Finanzverwaltung hat weiterhin das Recht, im Rahmen der Außenprüfung jederzeit die Vorlage der vollständigen Verrechnungspreisdokumentation sowie weiterer Aufzeichnungen mit einer Frist von 30 Tagen zu verlangen.
Daneben soll die Finanzverwaltung wie bisher die Verrechnungspreisdokumentation auch außerhalb von Außenprüfungen anfordern können, zum Beispiel bei Beantragung eines Vorabverständigungsverfahrens (APA). Auch hier soll der Steuerpflichtige nach wie vor die vollumfängliche Dokumentation innerhalb von 30 Tagen nach Anforderung der Finanzbehörde vorlegen.
Die Regelungen sind ab dem 1. Januar 2025 anzuwenden.
Die Erleichterungen hinsichtlich der Vorlagepflichten durch das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz sollen im Allgemeinen zu einer Entlastung der Wirtschaft führen. Faktisch wird jedoch durch die Neuregelung der Mitwirkungspflichten lediglich der Umfang der ohne gesonderte Anforderung vorzulegenden Verrechnungspreisunterlagen im Rahmen einer Außenprüfung reduziert. Es ist zu befürchten, dass im Regelfall in den Außenprüfungen trotz der Vorlage der Transaktionsmatrix anschließend dennoch die vollständige Verrechnungspreisdokumentation verlangt wird. Insofern stellt sich die Frage, inwiefern die neuen Regelungen tatsächlich zu Erleichterungen führen.
In unserem vierteljährlich erscheinenden Newsletter informiert Sie unser internationales Expertenteam über aktuelle Entwicklungen zum Thema Verrechnungspreise.
Newsletter Transfer Pricing Perspectives DACH – Ausgabe 64