Transfer Pricing Perspectives DACH – Ausgabe 64

Länderbeiträge: Großbritannien und Italien

London Finanz-Distrikt
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  • 28 Nov 2024

In dieser Rubrik informieren wir Sie über aktuelle Entwicklungen in Großbritannien und Italien.

Großbritannien

Neue HMRC-Richtlinien zur Einhaltung der Verrechnungspreisvorschriften in Großbritannien

Von Benedikt Wenzel und Yannik Schulz. Die britische Steuerbehörde HM Revenue and Customs (HMRC) hat kürzlich umfassende Leitlinien zur Einhaltung der Verrechnungspreisvorschriften veröffentlicht. Diese neuen Richtlinien sollen britischen Unternehmen mehr Klarheit und Transparenz bieten und gleichzeitig häufige Risiken und bewährte Verfahren im Bereich der Verrechnungspreise aufzeigen. Durch die Umsetzung dieser Best-Practice-Ansätze können Unternehmen ihre Compliance-Risiken signifikant verringern und gewährleisten, dass ihre Verrechnungspreispositionen den Anforderungen des HMRC entsprechen.

Zielgruppe und Inhalt: Die Leitlinien sind an Unternehmen adressiert, die den Anforderungen der Master File- und Local File-Dokumentation gerecht werden müssen, sowie an Unternehmen, die erstmals den Verrechnungspreisvorschriften unterliegen. Die Leitlinien sind in mehrere Teile untergliedert. Der erste Teil richtet sich an das interne Risikomanagement in Unternehmen, der zweite und dritte Teil an Verrechnungspreisspezialisten. Ein Anhang bietet Beispiele für unterstützende Aufzeichnungen und Informationen.

Häufige Risiken und Best-Practice-Ansätze: Das HMRC hat häufige Risiken identifiziert, darunter nicht stichhaltige Belege zum Nachweis der Fremdüblichkeit, unzutreffende Funktions- und Risikoanalysen sowie unzureichende Benchmarkstudien. Die neuen Richtlinien bieten Best-Practice-Ansätze zur Risikominimierung, die von der Planung und Durchführung bis hin zur Dokumentation und Überwachung reichen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der gründlichen Analyse und Dokumentation von immateriellen Vermögenswerten, insbesondere der sog. Development, Enhancement, Maintenance, Protection and Exploitation- (DEMPE-) Funktionen.

Korrektur von Fehlern: In den Leitlinien wird die Bedeutung der proaktiven Fehlerkorrektur hervorgehoben, um das Risiko von Anpassungen und potenziellen Strafen zu verringern. Unternehmen werden ermutigt, Fehler zu identifizieren und zu korrigieren, indem sie frühere Steuerzahlungen überprüfen und die Steuerverbindlichkeiten neu berechnen. Dabei sollte jedoch stets geprüft werden, ob die Änderung der Steuererklärung im jeweils anderen Staat entsprechend umgesetzt werden kann, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. Für eine Gegenberichtigung auf deutscher Seite ist hierbei etwa Tz. 4.6 der Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise 2023 zu beachten, wonach eine Gegenberichtigung nur dann möglich ist, wenn sie auch nach deutschem Steuerrecht materiell- und verfahrensrechtlich zulässig ist.

Obwohl die neuen Leitlinien eine umfassende Grundlage bieten, bleiben spezielle und komplexe Bereiche wie Finanztransaktionen und Profit-Split-Modelle unberücksichtigt. Davon abgesehen bieten die neuen HMRC-Leitlinien eine wertvolle Ressource für die Steuerpflichtigen. Durch die Umsetzung der beschriebenen Best-Practice-Ansätze können Unternehmen ihre Compliance-Risiken erheblich reduzieren und sicherstellen, dass ihre Verrechnungspreispositionen den Anforderungen des HMRC entsprechen.

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Italien

Oberster Gerichtshof urteilt über Verlustunternehmen in Benchmarking-Studien

Von Karoline Heil-Plaksa und Hugo Knab. Der italienische Oberste Gerichtshof hat im Urteil 19512/2024 vom 16. Juli 2024 zugunsten der Convergys Italy S.R.L. und gegen die italienische Steuerbehörde entschieden. Das Urteil stellt klar, dass bei der Anwendung der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode (TNMM) die italienische Steuerbehörde vergleichbare Unternehmen mit Verlusten nicht automatisch aus der Benchmarking-Studie ausschließen darf.

Convergys Italy S.R.L. hatte für Call-Center-Dienstleistungen an eine niederländische Schwestergesellschaft einen Kostenaufschlag von fünf Prozent berechnet. Während einer Betriebsprüfung stellte die italienische Steuerbehörde fest, dass die Benchmarking-Studie, auf der die fünf Prozent basierten, verlustträchtige Unternehmen enthielt. Durch Ausschluss dieser Unternehmen ermittelte die Behörde eine Medianmarge von 7,42 Prozent und erhöhte entsprechend den Kostenaufschlag. Die Anpassung wurde durch zwei untere Gerichte bestätigt.

Der Oberste Gerichtshof entschied jedoch, dass verlusterzielende Unternehmen nur dann aus der Benchmarking-Studie ausgeschlossen werden sollten, wenn die Verluste auf außergewöhnliche, nicht vergleichbare Umstände zurückzuführen sind. Er betonte, dass die OECD-Verrechnungspreisrichtlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen in der Fassung vom Januar 2022 (OECD-Verrechnungspreisrichtlinien) einen solchen pauschalen Ausschluss nicht unterstützten. Stattdessen müssten Unternehmensstrategien und Marktbedingungen in die Vergleichbarkeitsanalyse einbezogen werden (Tz. 1.59 ff.). Gemäß Tz. 3.43 der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien können Unternehmen nur ausgeschlossen werden, wenn durch bestimmte qualitative und quantitative Kriterien die Vergleichbarkeit nicht gegeben ist. Dies bedeutet, dass Unternehmen, die bspw. aufgrund strategischer Entscheidungen vorübergehend Verluste hinnehmen, weiterhin als vergleichbar gelten können.

Dieses Urteil markiert einen bedeutenden Wandel in Italien, da die Steuerbehörde bisher verlustträchtige Vergleichsunternehmen automatisch ablehnte, und könnte global als Präzedenzfall dienen. Unternehmen müssen nun eine umfassendere Analyse der Vergleichbarkeitsfaktoren vornehmen und diese in ihrer Verrechnungspreisdokumentation und ihren Benchmarking-Studien berücksichtigen.

Das Urteil wird zukünftige Steuerprüfungen in Italien beeinflussen und könnte zu einer harmonisierteren Anwendung der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien führen, wodurch die Rechtssicherheit für Steuerpflichtige erhöht werden könnte.

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