Von Dr. Isabel Ruhmer und Lukas Bühl. Die politischen und wirtschaftlichen Weichenstellungen der USA beeinflussen nicht nur die heimische, sondern auch die globale Wirtschaftslage. Mit Donald J. Trumps Rückkehr ins Präsidentenamt am 20. Januar 2025 sind umfassende Steuerreformen angekündigt, die weitreichende Folgen für internationale Unternehmen haben könnten. Besonders deutsche Unternehmen müssen sich auf mögliche Veränderungen einstellen, die ihre Geschäftsstrategien und Verrechnungspreispraktiken beeinflussen könnten.
Da die USA einer der wichtigsten Handelspartner Deutschlands sind, könnten Änderungen in der US-Steuerpolitik direkt die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen auf dem globalen Markt beeinflussen. Dieser Artikel untersucht die möglichen Auswirkungen von Trumps Steuerplänen auf die Standortwahl und Verrechnungspreisstrategien deutscher Unternehmen.
Die Steuerpläne des 47. Präsidenten zielen für seine zweite Amtszeit auf eine signifikante Reduzierung der Steuerlast von Unternehmen (aber auch natürlichen Personen) ab. Kernpunkte sind die Senkung der Körperschaftsteuer von derzeit 25 auf 20 Prozent, mit einem noch günstigeren Satz von 15 Prozent für Unternehmen, die in den USA produzieren. Diese Maßnahmen sollen die USA zu einem attraktiveren Standort für Direktinvestitionen machen. Weitere Reformen umfassen 100-prozentige Sofortabschreibungen von bestimmten Wirtschaftsgütern im Jahr der Anschaffung, was es Unternehmen ermöglicht, ihre Steuerlast weiter zu reduzieren. Dies könnte besonders für kapitalintensive Industrien von Vorteil sein. Zusätzlich plant Trump verstärkte Anreize für Forschung und Entwicklung, die den USA einen Vorteil im globalen Innovationswettlauf verschaffen könnten. Daneben werden auch Vereinfachungen und Vergünstigungen für die Besteuerung von Personengesellschaften angestrebt. Aber auch Reformen zur Verbesserung des Nettoeinkommens aller natürlichen Personen stehen auf dem Programm. Jedenfalls böten diese Reformen sowohl denjenigen deutschen Unternehmen Vorteile, die bereits in den USA tätig sind, als auch solchen, die eine Expansion in Betracht ziehen. Beide Gruppen müssten jedoch die einschränkenden deutschen Regelungen zu Funktionsverlagerungen i. S. d. § 1 Abs. 3b Außensteuergesetz (AStG) i. V. m. der Funktionsverlagerungsverordnung (FVerlV) in ihre Berechnungen aufnehmen.
Um die Abwanderung wirtschaftlich wertvoller Funktionen ins Ausland zu verhindern, hat Deutschland im Außensteuergesetz Regelungen im Fall einer Funktionsverlagerung eingeführt. Diese sollen sicherstellen, dass grenzüberschreitende Verlagerungen angemessen besteuert werden, um zukünftige Steuerausfälle zu kompensieren und den Wegzug insgesamt ggf. finanziell uninteressanter zu machen. Mit dem Ziel, wertschöpfende Funktionen im Inland zu (er)halten, warten die Vorschriften bekanntlich in den meisten Fällen mit einer umfassenden Transferpaketberechnung und entsprechenden Dokumentationsverpflichtungen auf. Trotz dieser Maßnahmen könnten Trumps angekündigte Steueranreize ein Anstoß für deutsche Unternehmen sein, ihre strategischen Standortentscheidungen zu überdenken. Es wäre z. B. denkbar, vorerst keine bestehenden Funktionen zu verlagern, sondern in den USA lediglich gänzlich neue Funktionen aufzubauen, z. B. eine neue Produktionslinie, Entwicklungsabteilung, Marketing-Funktion, etc. Aufgrund der in dieser Konstellation gegebenen Funktionsverdoppelung wäre aus deutscher Sicht keine steuerliche Funktionsverlagerung gegeben.
In manchen Konstellationen könnte jedoch bei tatsächlicher Umsetzung der obengenannten Steueranreize und gleichbleibenden regulatorischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland selbst eine steuerlich wirksame Verlagerung oder Reduzierung einer bestehenden Funktion und sonstiger Vorteile in Deutschland zugunsten eines Aufbaus in den USA immer noch attraktiv ausfallen.
Die steuerlichen Anreize in den USA könnten – ebenso wie wirtschaftspolitische Impulse z. B. im Bereich KI-Förderung – jedenfalls dazu führen, dass deutsche Unternehmen neue Geschäftsmodelle eher dort als in Deutschland austesten bzw. entwickeln. Ein anderes Szenario könnte sein, dass produzierende Unternehmen ihre (Routine-) Produktion in den USA ausweiten. Der günstigere Steuereffekt würde der Konzernsteuerquote zugutekommen. Zusätzlich wären Unternehmen nicht von Importzöllen bedroht und könnten ihr Image in den USA als „Made in USA“ pflegen. In diesen Szenarien würde nicht der Kern der Wertschöpfung in die USA verlagert werden, sondern nur die (Routine-) Produktion. Doch mit der Zeit könnten so auch umfassendere Wertschöpfungsprozesse in die USA verlagert werden (Stichwort schleichende Funktionsverlagerung). Die Verfügbarkeit von günstigen Energiequellen dürfte hier für deutsche Unternehmen aus energieintensiven Produktionsbereichen eine Schlüsselrolle spielen.
Die Verlagerung von Unternehmensfunktionen in die USA aufgrund von Steueranreizen oder auch nur, um (drohende) US-Importzölle zu vermeiden, könnte langfristige Auswirkungen auf die Innovationskraft und den Arbeitsmarkt in Deutschland haben. Sollte die Verlagerung von beispielsweise Fertigungs- und Entwicklungsabteilungen in die USA zunehmen, könnte dies die Innovationskraft des deutschen Marktes schwächen. Die Abwanderung hochqualifizierter Arbeitskräfte und der Verlust von Know-how könnten zu einem Innovationsdefizit führen. Zusätzlich könnte der Verlust von Arbeitsplätzen in bestimmten Branchen den deutschen Arbeitsmarkt belasten. Vor diesem Hintergrund dürfte es wichtig sein, dass eine neue Bundesregierung Strategien entwickelt, die den Standort Deutschland stärken, um seine Attraktivität sowohl als Innovations- als auch als Produktionsstandort zu bewahren und die Abwanderung wertvoller Funktionen zu verhindern. Dazu könnten auch steuerliche Anreize zur Förderung von Innovationen gehören.
Die geplanten Steuerreformen von Präsident Trump könnten spürbare Auswirkungen auf die internationale Standortwahl deutscher Unternehmen haben. Während die deutschen Regelungen zur Funktionsverlagerung versuchen, Abwanderungen zu verhindern, sind sie möglicherweise nicht ausreichend, um den attraktiven Bedingungen in den USA entgegenzuwirken. Die kommenden Jahre könnten entscheidend dafür sein, wie sich deutsche Unternehmen positionieren, um im globalen Wettbewerb erfolgreich zu bleiben. Es bleibt abzuwarten, ob die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und steuerlichen Anreize in Deutschland angepasst werden, um im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig zu bleiben.
Darüber hinaus ist allen Unternehmen, die aufgrund der sich abzeichnenden attraktiveren Rahmenbedingungen in den USA ihre dortigen Aktivitäten ausbauen oder ggf. erst aufbauen möchten, dringend zu empfehlen, sich explizit mit den deutschen Regeln zur Funktionsverlagerung bzw. Exit-Besteuerung auseinanderzusetzen und diese einzuhalten.
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Newsletter Transfer Pricing Perspectives DACH – Ausgabe 65