In dieser Rubrik informieren wir Sie über aktuelle Entwicklungen in Belgien, Frankreich und Ungarn.
Von Karoline Heil-Plaksa und Hugo Knab. In Belgien gelten für Geschäftsjahre, die ab dem 1. Januar 2025 beginnen, zusätzliche Anforderungen an die Verrechnungspreisdokumentation. U. a. müssen nun, sofern verfügbar, das Local File und bestimmte Verträge eingereicht werden. Das Master File betreffende zusätzliche Informationen gehen über die Anforderungen der OECD hinaus.
Bereits am 15. Juli 2024 wurden dazu drei königliche Erlasse im belgischen Staatsblatt veröffentlicht und ersetzen jene vom 28. Oktober 2016, die sich auf die Verrechnungspreisdokumentation beziehen. Belgische Konzernunternehmen oder -betriebsstätten müssen bereits seit 2016 ab bestimmten Schwellenwerten die Formulare 275.LF (Local File), 275.MF (Master File) und 275.CBC.NOT (Country-by-Country-Reporting) zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach Ende eines Wirtschaftsjahres einreichen.
Die neuen Anforderungen an das Master File-Formular beinhalten eine detaillierte Analyse der Wertschöpfungskette und der Funktionen, mit Fokus auf Gewinnverteilung und Abgleich mit den Verrechnungspreisergebnissen. Zudem wird ein umfassender analytischer Rahmen für die Development, Enhancement, Maintenance, Protection and Exploitation (DEMPE)-Funktionen von immateriellen Vermögenswerten beschrieben. Informationen zu schwer zu bewertenden immateriellen Vermögenswerten, die während des Berichtszeitraums übertragen oder genutzt wurden, müssen bereitgestellt werden. Schließlich werden Mindeststandards für die Berichterstattung zur Verrechnungspreispolitik bezüglich Finanzierungsvereinbarungen festgelegt. Diese Informationen können entweder im Formular oder als lesbare PDF-Anlage in Form des eigentlichen Master Files bereitgestellt werden.
Änderungen beim Local File-Formular erfordern u. a. eine länderspezifische Aufschlüsselung konzerninterner Transaktionen für jede Geschäftseinheit mit grenzüberschreitenden Transaktionen über 1 Million Euro – anstatt wie bisher aggregiert für alle Länder. Erforderlich ist nun die Einreichung von Anhängen in lesbarer PDF-Form, darunter u. a. verfügbare Verrechnungspreisdokumentation, grenzüberschreitende Rahmen- oder Musterverträge, Kostenumlageverträge, Vorabverständigungsvereinbarungen (APAs), Rulings sowie interne Versicherungspolicen. Zudem müssen die Steueridentifikationsnummern (TIN) der Wettbewerber der belgischen Gesellschaft und ihrer ausländischen Betriebsstätten angegeben werden.
Beim CbCR-Formular ist anzugeben, ob das eingereichte Formular eine erstmalige CbC-Meldung, eine Änderung einer vorherigen CbC-Meldung oder eine Beendigung der Meldepflicht aufgrund des Ausscheidens aus einer Unternehmensgruppe darstellt.
Zu prüfen ist also für Geschäftsjahre ab 2025, ob die im bisherigen Master File enthaltenen Informationen den belgischen Anforderungen entsprechen. Zudem könnte die Nichteinreichung des Local Files das Risiko erhöhen, in den Fokus von Betriebsprüfungen zu geraten.
Von Karoline Heil-Plaksa und Hugo Knab. Ein am 13. Dezember 2024 veröffentlichtes Urteil des Pariser Verwaltungsberufungsgerichts (CAA Paris) gibt zahlreiche Hinweise zum Umgang mit verlustträchtigen verbundenen Vertriebsgesellschaften in Frankreich.
Roger Vivier Paris SAS, eine französische Vertriebsgesellschaft von Luxusartikeln und Schuhen, die zur italienischen Modegruppe „Tod’s“ gehört, war Gegenstand einer Steuerprüfung für die Jahre 2012 bis 2014. Während dieser Zeit berechnete Roger Vivier Paris zwei Gruppengesellschaften nur 30 bis 75 Prozent der Kosten für die Markenentwicklung (z. B. Miete für prestigeträchtige Standorte, Geschenke und Werbeveranstaltungen) ohne Aufschlag. Nicht verkaufte Produkte wurden an Tod’s mit einem Rabatt von 65 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises zurückverkauft. Roger Vivier Paris argumentierte, dass die Wiederverkaufspreismethode die Funktion des Unternehmens als Distributor am besten widerspiegele. Allerdings reichte das Unternehmen weder eine Verrechnungspreisdokumentation noch eine Benchmarking-Studie ein und akkumulierte ab 2006 bis zum Prüfungszeitraum etwa 11 Millionen Euro an Verlustvorträgen.
Das CAA Paris bestätigte mit Urteil Nr. 1904469 vom 17. Januar 2023 das Urteil der Vorinstanz. Darin wurde der Auffassung der Steuerbehörde gefolgt, die die fehlende Weiterbelastung von Teilen der Markenentwicklungskosten, den fehlenden Aufschlag und die Preissetzung für den Warenrückkauf mittels Wiederverkaufspreismethode abgelehnt hatte. Die Steuerbehörde stellte fest, dass die anhaltenden Verluste des Unternehmens auf fremdunübliche Preisgestaltungen mit den verbundenen Gesellschaften zurückzuführen seien, was gegen Artikel 57 des französischen Steuergesetzbuchs verstoße. Das CAA Paris hob hervor, dass ein verlustbringender Gruppendistributor für die französischen Steuerbehörden und Gerichte inakzeptabel sei, insbesondere nach einer Markteintrittsphase von drei Jahren, in der Verluste toleriert wurden.
Die Steuerbehörde erhöhte nach einer Überprüfung der Verlustvorträge die steuerliche Bemessungsgrundlage für 2014. Die Steuerbehörde korrigierte dafür die Verlustvorträge aus den früheren Jahren, da diese Verluste die Steuerbemessungsgrundlage der geprüften Jahre beeinflusst hatten. Dies gelte auch dann, wenn die ursprünglichen Verlustjahre bereits verjährt seien. Die Berufungsinstanz wies zudem den Vorschlag der Gesellschaft zur Anwendung des Medianwerts einer von der Steuerbehörde erstellten Benchmarking-Studie (anstatt des hier angewendeten Mittelwertes) zurück. Die Steuerbehörde musste zudem nicht die spezifischen Auswahlkriterien offenlegen, die zur Auswahl der 43 Vergleichsunternehmen führten oder Details zu den abgelehnten Unternehmen bereitstellen. Das CCA Paris bestätigte auch eine Strafgebühr von 40 Prozent auf die zusätzlichen Steuern plus Zinsen für die verspätete Zahlung gemäß dem französischen Steuerverfahrensgesetz.
Von Karoline Heil-Plaksa. Ab dem 1. Januar 2025 treten in Ungarn bedeutende Änderungen im Bereich der Verrechnungspreis-Compliance in Kraft. Auch für unilaterale Vorabverständigungsverfahren (APA) gibt es Änderungen. Diese Änderungen wurden durch das Herbststeuerpaket 2024 eingeführt.
Erstmals werden Verrechnungspreissachverhalte explizit als eigenständiges Prüfungsgebiet im Rahmen von sogenannten Compliance-Reviews aufgenommen. Compliance-Reviews finden zusätzlich zu Betriebsprüfungen statt. Die Prüfungsdauer für Verrechnungspreis-Compliance-Reviews wurde auf regulär 60 Tage verlängert. Dies ermöglicht den Steuerbehörden eine gründlichere Überprüfung der Einhaltung der Aufzeichnungs- und Auskunftspflichten sowie der Richtigkeit und Plausibilität der aufgezeichneten Daten.
Die ungarischen Steuerbehörden legen besonderes Augenmerk auf die Überprüfung der im Rahmen der Steuererklärung eingereichten Daten und vergleichen deren Inhalt mit den Daten in der Verrechnungspreisdokumentation. Die in der Steuererklärung bereitgestellten Daten im Verrechnungspreisdatenblatt fassen die Schlussfolgerungen aus der Verrechnungspreisdokumentation für die Steuerbehörden zusammen. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Verrechnungspreisdokumentation, die in der Steuererklärung eingereichten Daten und die Jahresabschlüsse miteinander übereinstimmen.
Unternehmen, deren grenzüberschreitende Transaktionen die Schwelle von 100 Millionen Ungarischen Forint (HUF) (ca. 240.000 Euro) überschreiten, müssen eine umfangreiche Verrechnungspreisdokumentation (Local File und Master File) vorlegen. Die Sanktionen für unvollständige oder fehlerhafte Dokumentationen wurden stetig verschärft. Bußgelder können inzwischen bis zu 5 Millionen HUF (ca. 12.000 Euro) pro Transaktion betragen und bei wiederholten Verstößen auf bis zu 10 Millionen HUF steigen. Eine fortgesetzte Nichteinhaltung kann zu einer Vervierfachung der Strafe führen.
Im Herbststeuerpaket 2024 wurde auch die Bearbeitungsfrist für unilaterale APA von zweimal 60 Tagen auf zweimal 90 Tage verlängert, was eine maximale Verfahrensdauer von 300 Tagen ergibt. Die Gebühren für diese Verfahren wurden ebenfalls erhöht, zuletzt im August 2023 auf 8 Millionen HUF (ca. 19.400 Euro).
In unserem vierteljährlich erscheinenden Newsletter informiert Sie unser internationales Expertenteam über aktuelle Entwicklungen zum Thema Verrechnungspreise.
Newsletter Transfer Pricing Perspectives DACH – Ausgabe 65