Fachkräftemangel im öffentlichen Sektor

PwC-Studie 2022: Zehn Handlungsempfehlungen für Entscheider:innen

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Prof. Rainer Bernnat
Leiter des Bereichs Öffentlicher Sektor bei PwC Deutschland und Senior Partner bei Strategy&
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2030 fehlen mehr als 1 Million Fachkräfte – ohne geeignete Gegenmaßnahmen

Im öffentlichen Sektor in Deutschland arbeiten mehr als fünf Millionen Menschen. Es braucht allerdings deutlich mehr, um die Aufgaben des Gemeinwohls und der Daseinsvorsorge in Zukunft weiterhin zu erfüllen. Das Problem: Der Mangel an Fachkräften in der Verwaltung und bei kommunalen Unternehmen wächst von Jahr zu Jahr. Wird die Lücke ungebremst größer, fehlen dem öffentlichen Sektor bis 2030 mindestens eine Million Fachkräfte. Zu diesem Ergebnis kommt eine gemeinsame aktuelle Analyse der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland und seiner Strategieberatung Strategy&. Der Staat wäre dann schlimmstenfalls nicht mehr fähig, einige seiner Kernaufgaben zu erfüllen. Das beträfe wahrscheinlich auch so wichtige Felder wie Gesundheit, Bildung und Sicherheit.

„Es geht um nicht weniger als die Frage, ob der öffentliche Sektor seine Kernaufgaben in Zukunft noch erfüllen kann.“

Volker Halsch,Staatssekretär a. D. und Senior Advisor PwC und Strategy& Deutschland

Die Studie im Überblick

Maßnahmenbündel von PwC kann den Fachkräftemangel drastisch reduzieren

Wie lässt sich der Fachkräftemangel wirkungsvoll verrringern? PwC und Strategy& haben dazu 10 Handlungsempfehlungen aus ganz unterschiedlichen Bereichen für Entscheider:innen entwickelt und quantifiziert, wie sich diese Maßnahmen auswirken. Die Maßnahmen zielen auf zweierlei: darauf, mehr Kandidat:innen für die Arbeit in der Verwaltung zu gewinnen bzw. verfügbares Personal besser zu nutzen sowie darauf, den Personalbedarf in manchen Bereichen zu reduzieren, insbesondere durch verstärkte Digitalisierung des öffentlichen Sektors.

Infografik: 10 Handlungsempfehlungen gegen den Fachkräftemangel im öffentlichen Sektor

Ergebnis der Berechnung: Mit dem vorgeschlagenen Maßnahmenbündel lässt sich der Fachkräftemangel massiv reduzieren – die verbleibende Lücke im Jahr 2030 läge dann, je nach Szenario, bei circa 160.000 bis 460.000 benötigten Fachkräften. Ausgehend von mehr als einer Million zusätzlich benötigten Fachkräften im Jahr 2030 entspräche dies einer Reduktion des Bedarfs um etwa die Hälfte – oder sogar weit darüber hinaus.

Infografik: Maßnahmenbündel gegen den Fachkräftemangel im öffentlichen Sektor

„Den Fachkräftemangel deutlich zu reduzieren, wenn schon nicht zu beseitigen, ist eine Jahrhundertaufgabe. Wir halten unsere Vorschläge für umsetzbar und hochwirksam. Das Problem wächst von Tag zu Tag, wir sollten gemeinsam so schnell wie möglich handeln.“

Prof. Rainer Bernnat,Leiter des Bereichs Öffentlicher Sektor bei PwC Deutschland und Senior Partner bei Strategy&

Fachkräfteangebot erhöhen, Nachfrage nach Fachkräften reduzieren

Wie sehen die Vorschläge konkret aus? Insgesamt sechs der zehn Handlungsempfehlungen zielen darauf, den Kandidatenpool für den öffentlichen Sektor zu vergrößern beziehunsgweise den Pool an verfügbaren Kandidat:innen besser zu nutzen. Zu den Maßnahmen gehören flexiblere Renten- und Pensionseintritte, eine Stärkung des Ehrenamts und die Förderung qualifizierter Zuwanderung, außerdem die Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Sektors, erleichterte Quereinstiege aus der Privatwirtschaft und eine optimierte Personalgewinnung.

Die Nachfrage reduzieren sollen vor allem eine schnellere Verwaltungsdigitalisierung, eine Stärkung von Motivation und Arbeitskraft der Verwaltungsmitarbeitenden sowie der stärkere Austausch mit der Privatwirtschaft. Und Kooperationen sollen helfen, den Leistungsumfang des öffentlichen Sektors zu optimieren.

Flexibler Renteneintritt, leichtere Quereinsteige, größere Arbeitgeberattraktivität

Beim Renten- und Pensionseintritt sollte der öffentliche Sektor vor allem bestehende Möglichkeiten zu mehr Flexibilität stärker nutzen und ausweiten. So ließen sich, im Sinne eines Reservistenmodells, in bestimmten Berufen Pensionär:innen reaktivieren, um bei Bedarf zu unterstützen. Beispiele sind Lehrer:innen und Mediziner:innen.

Auch vereinfachte Quereinstiege für Personen aus der Privatwirtschaft können dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Dazu sollte der öffentlichen Sektor Anforderungen stärker auf die tatsächlichen Aufgaben zuschneiden und damit auch Dauer und Kosten für Umschulungen reduzieren. Auch zentral gesteuerte Imagekampagnen, analog zu denen für Handwerksberufe, könnten den öffentlichen Sektor als Arbeitgeber deutlich attraktiver machen und stärker ins gesellschaftliche Bewusstsein rücken.

Verwaltungsdigitalisierung birgt erhebliches Potenzial

Einer der wesentlichen Hebel gegen den Fachkräftemangel ist es, die Verwaltung deutlich schneller als bisher zu digitalisieren. Dazu gehören schlanke behördeninterne Prozesse, auch mithilfe von Automatisierung, ein Digital Check von Gesetzen ähnlich wie in Dänemark bis hin zu Sprunginnovationen von GovTechs, also innovativen Startup-Unternehmen mit Lösungen für die Verwaltung.

Die Autor:innen verstehen ihre zehn Handlungsempfehlungen als Impuls für eine fortgesetzte öffentliche Diskussion über den Fachkräftemangel in Deutschland und befürworten explizit einen konstruktiven Wettstreit der besten Ideen.

„Die Effekte insbesondere der verstärkten Digitalisierung haben wir eher konservativ berechnet, ausgehend vom derzeitigen Umsetzungstempo. Hier geht aus unserer Sicht deutlich mehr – das tatsächliche Potenzial dürfte daher deutlich größer sein.“

Prof. Rainer Bernnat,Leiter Öffentlicher Sektor bei PwC Deutschland

Die Methodik

Die vorliegende Studie basiert auf einem makroökonomischen Arbeitsmarktmodell des WifOR Institutes. Die mit diesem Modell berechnete Angebotsentwicklung basiert auf den Arbeitsmarktdaten der Bundesagentur für Arbeit zur quantitativen Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten im öffentlichen Sektor, außerdem auf den Zahlen zu Beamt:innen, einschließlich Zeit- und Berufssoldat:innen, die das Statistische Bundesamt erfasst.

Die Modellierung der Angebotsentwicklung stützt sich außerdem auf Daten und Hochrechnungen des Wirtschaftsforschungsinstituts Prognos für die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Die Modellierung für die Beamten haben wir in Analogie vorgenommen. Unsere Prognose unterstellt ein Szenario, bei dem die Arbeitsnachfrage in den Jahren bis 2030 konstant bei rund 5, 9 Millionen Fachkräften bleibt. Das ist etwas optimistischer als etwa das Prognos-Modell, das eher von steigender Nachfrage ausgeht, unter anderem weil der öffentliche Sektor in den kommenden Jahren weitere Aufgaben erhalten und bestehende ausbauen wird, etwa bei den Themen Infrastruktur, Energie und Sicherheit. Ausgehend von diesen Daten haben die Studienautor:innen Handlungsempfehlungen entwickelt, die einerseits das Fachkräfteangebot erhöhen, andererseits die Fachkräftenachfrage reduzieren sollen. Das Potenzial dieser Maßnahmen haben die Autor:innen quantitativ abgeschätzt.

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