03 November, 2023
Nur 34 Prozent der Gründer:innen bewerten das Startup-Ökosystem in Hessen als gut oder sehr gut – versus 58 Prozent bundesweit / Zentraler Kritikpunkt ist die mangelnde Vernetzung in der Region / Zu den größten Hürden zählt Zugang zu Kapital / Unternehmergeist ist stark: 88 Prozent würden wieder gründen – aber nur jede:r Zweite in Hessen
Frankfurt, 3. November 2023
Der Standort Hessen verliert für Gründer:innen stark an Anziehungskraft: Nur 34 Prozent der Startups bewerten das Ökosystem ihres Bundeslandes als gut oder sehr gut. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zufriedenheit in Hessen damit um 20 Prozentpunkte eingebrochen. Auch im bundesweiten Vergleich ist Hessen weit abgeschlagen – die Zustimmung liegt innerhalb Deutschlands bei 58 Prozent (2022: 68 Prozent). Die zentralen Kritikpunkte: Den Jungunternehmer:innen fehlen starke Netzwerke ebenso wie wirtschaftspolitische Initiativen und der Zugang zu Kapital. Das sind zentrale Ergebnisse des 11. Deutschen Startup Monitors (DSM), herausgegeben von Startup-Verband und PwC Deutschland. Für die Regionalauskopplung Hessen wurden 123 Startups befragt.
Besonders schlecht in der Zufriedenheitsskala schneidet Frankfurt ab. Der Zustimmungswert liegt mit 32 Prozent unter dem Durchschnitt von Hessen. Darmstadt ist mit einem Zufriedenheitswert von 56 Prozent hingegen beliebt bei Gründer:innen.
„Insgesamt sind die Ergebnisse alarmierend. Sie zeigen, dass Hessen und insbesondere die größte hessische Stadt Frankfurt ihr Startup-Ökosystem in Form von Vernetzungsmöglichkeiten dringend stärken muss. Wir brauchen Startups als Motor für Innovation und digitale Transformation. Umso wichtiger ist es, dass unser Bundesland seine wirtschaftspolitischen Initiativen ausbaut und gleichzeitig die Sichtbarkeit des hessischen Startup-Ökosystems erhöht.“
„Wir verfügen über zahlreiche Angebote für Gründer:innen, die aber kaum gebündelt beziehungsweise untereinander vernetzt sind und kein sichtbares Zentrum haben, wie auch die hessische Landesregierung in ihrem Whitepaper ‚Start-up-State Hessen‘ jüngst erkannt hat“, führt Bernd Roese aus.
Die mangelnde Vernetzung ist auch der zentrale Kritikpunkt der Studienteilnehmer:innen: Lediglich 49 Prozent sind mit dem Netzwerk zu anderen Startup-Gründer:innen zufrieden – versus 70 Prozent bundesweit „Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass Hessen an der stärkeren Vernetzung innerhalb der Gründungslandschaft arbeiten muss. Zentrale Plattformen wie der StartHub Hessen sind gute erste Ansätze, aber es bedarf ebenso analoger Räume, in denen Gründer:innen gerade in der Startphase mit Partnern netzwerken können“, erklärt Daniel Spengemann, Ansprechpartner für Startups und Scaleups bei PwC in Frankfurt.
Neben der fehlenden Vernetzung schneidet Hessen auch bei weiteren Punkten zur Bewertung des Ökosystems schlechter ab als der Bundesdurchschnitt. Mit dem Zugang zu Kapital sind nur 23 Prozent der Startup-Gründer:innen zufrieden (bundesweit: 33 Prozent). „Die Unternehmen bewegen sich in einem ausgesprochen schwierigen Finanzierungsumfeld“, bestätigt Dr. Bernd Roese. „Investoren sind in einem wirtschaftlich wie geopolitischen schwierigen Umfeld zunehmend zurückhaltend. Wir stellen allerorten fest, dass die Investitionsbereitschaft von Investoren spürbar zurückgegangen ist.“
45 Prozent der Befragten bestätigen, dass die Kapitalbeschaffung nach der Kundengewinnung zu den größten Hürden zählt. Im Vorjahr lag dieser Wert bei nur 37 Prozent. Bei fast allen Finanzierungsarten klaffen Wunsch und Wirklichkeit weit auseinander: 51 Prozent würden ihr Unternehmen gerne über staatliche Fördermittel finanzieren, doch nur 38 Prozent haben diese erhalten (bundesweit 50 versus 45 Prozent). Eine ähnliche Lücke zeichnet sich bei anderen Finanzierungsformen ab, etwa beim Blick auf Business Angels, mit denen nur 18 Prozent kooperieren, mit denen aber 32 Prozent gerne zusammenarbeiten würden.
Was die Kooperationsbeziehungen von Startups betrifft, gibt es in Hessen und bundesweit einen Rückgang. Dabei sind Gründer:innen in Hessen mit einem vergleichsweise jungen Startup-Ökosystem besonders auf starke Beziehungen angewiesen. Insbesondere bei der Zusammenarbeit mit Universitäten gibt es noch viel Luft nach oben: Nur 38 Prozent der Startups wurden mit der Unterstützung von Hochschulen gegründet, die oft als Keimzelle für Innovationen gelten. Bundesweit liegt dieser Wert mit 49 Prozent deutlich höher. Und nur 32 Prozent haben eine Kooperation mit einer wissenschaftlichen Einrichtung (bundesweit 42 Prozent).
Weniger Kopfzerbrechen macht den Gründer:innen derzeit das Thema Personalplanung und -rekrutierung; momentan zählen nur noch 19 Prozent die Personalgewinnung zu den zentralen Herausforderungen, während es im Vorjahr noch 45 Prozent waren.
„Das ist aber nur eine Momentaufnahme, die der herausfordernden Situation zwischen Inflation, Zinswende und Wirtschaftsflaute geschuldet ist. Der Fachkräftemangel wird weiterhin eine große Hürde sein, gerade weil die hessischen Startups vergleichsweise jung sind und in den kommenden Jahren Personal brauchen.“
Denn die Jungunternehmer sind ehrgeizig und wollen wachsen. So können sich 88 Prozent der hessischen Befragten vorstellen, wieder zu gründen - obwohl sich das Geschäftsklima angesichts des schwierigen gesamtwirtschaftlichen Umfelds im Vergleich zum Vorjahr eingetrübt hat. Aktuell gehen rund 38 Prozent davon aus, dass sich die Lage in den kommenden sechs Monaten verbessern wird.
Der Unternehmergeist ist jedenfalls nicht gebremst, soweit die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht ist allerdings, dass sich unter den Befragten nur noch jeder Zweite vorstellen kann, am Standort Hessen zu gründen. 21 Prozent würden einen anderen Standort in Deutschland wählen; 29 Prozent würde es ins Ausland ziehen. „Die Gefahr der Abwanderung ist ausgesprochen groß. Das Bundesland Hessen muss daher dringend seine Attraktivität als Standort für Startups steigern“, warnt Dr. Bernd Roese. „Dazu zählen die Vereinfachung von Verwaltungsprozessen und der leichtere Transfer von Forschungsergebnissen in marktgängige Produkte und Services – vor allem aber ist Hessen gut beraten, mehr in Netzwerkangebote für die Gründerszene zu investieren“.
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