02 Mai, 2023
PwC-Transaktionsmonitor Gesundheitswesen 2022/2023: Mit 186 Fusionen und Übernahmen ist trotz einiger Herausforderungen im Gesundheitswesen mehr Dynamik in dem Markt als in den Vorjahren / Wesentlicher Treiber sind Zukäufe von Praxen durch MVZ-Ketten, die von Finanzinvestoren und strategischen Investoren aus dem Ausland getätigt werden / Im Krankenhaussektor steigt die Zahl von Verkäufen aus der Insolvenz / Auch in der Pflege erschweren höhere Kosten bei Personal, Miete und Energie Transaktionen
Düsseldorf, 2. Mai 2023
Trotz der angespannten Finanzlage und der bevorstehenden Reformen im deutschen Gesundheitssektor ist viel Bewegung im Markt: Mit 186 Fusionen und Übernahmen im Jahr 2022 entwickelt sich das Transaktionsgeschehen ausgesprochen dynamisch und liegt klar über dem Vorjahr mit 172 Transaktionen. Das ist Ergebnis des Transaktionsmonitors Gesundheitswesen 2022/2023 der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland. Die meisten Transaktionen verzeichnet der Bereich der niedergelassenen Leistungserbringer mit 57 Übernahmen, gefolgt von Pflegebetrieben (45) sowie Pflegeimmobilien (36) und Krankenhäusern/Fachkliniken (22).
Für die Dynamik sorgt vor allem der Bereich der niedergelassenen Versorgung.
„Transaktionen in diesem Bereich haben sich gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt. Den Trend befeuern vor allem fachfremde Finanzinvestoren und strategische Investoren aus dem Ausland, die ihre Ketten von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) um Praxiszukäufe erweitern wollen. Dahinter steckt aus meiner Sicht eine Art Torschlusspanik, denn das Bundesgesundheitsministerium plant eine Verschärfung der Regulierung, die Handlungsspielräume für private Kapitalgeber potentiell stärker begrenzen könnte.“
Den Spitzenplatz nimmt dabei der Fachbereich Radiologie ein, der mit 18 Transaktionen beteiligt ist. Weitere Praxiszukäufe wurden durch verschiedene Zahnarzt-Gruppen getätigt. So wird das Transaktionsgeschehen im Jahr 2023 voraussichtlich weiter geprägt werden durch Zukäufe von existierenden MVZ Gruppen in der Hand insbesondere von Private Equity Investoren während sich neue Investoren mit dem Einstieg in den ambulanten Markt aufgrund der noch unklaren zukünftigen regulatorischen Situation vielleicht noch etwas zurückhalten.
Weitaus weniger dynamisch entwickelt sich der Krankenhaussektor mit 22 Übernahmen und Fusionen. Der Transaktionsmarkt im stationären Bereich wird vor allem durch die schlechte Finanzlage vieler Kliniken beeinflusst. Lediglich sechs Prozent der Krankenhäuser bewerteten ihre Finanzlage im Jahr 2022 als gut, während 59 Prozent laut „Krankenhaus Barometer“ des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) rote Zahlen schrieben. Vor allem kleinere Häuser sind von dieser Entwicklung betroffen. Dadurch steigt die Zahl von Verkäufen aus der Insolvenz.
„Anders als früher können notleidende Krankenhäuser nicht mehr darauf hoffen, von großen privaten Krankenhausketten übernommen zu werden. In solchen Fällen springen teilweise die Städte selbst ein, um den Fortbestand zu gewährleisten.“
Zum Teil zeigen auch Private-Equity-Investoren oder strategische Investoren aus dem Ausland Interesse an Häusern der Grund- und Regelversorgung, um MVZ-Ketten aufbauen zu können. Insgesamt ist das Käuferfeld heterogen, neben privaten Krankenhausbetreibern sind auch freigemeinnützige Träger aktiv. Dazu zählt beispielsweise der Zusammenschluss Marienhaus-Gruppe und der St. Franziskus-Stiftung im September 2022.
Auch im Bereich der Rehabilitation (ambulant und stationär) ist ein leichter Rückgang des Transaktionsgeschehens zu beobachten. Im Jahr 2022 hat sich der Markt zwar etwas erholt, aber noch nicht das Niveau aus der Zeit vor der Pandemie erreicht.
Die derzeit angespannte Lage macht sich auch im Bereich der Pflege bemerkbar – im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Transaktionen von 51 auf 45 gesunken. Dieser Trend betrifft insbesondere Transaktionen mit Beteiligung von Private-Equity-Investoren: Sie sind um rund ein Drittel zurückgegangen.
„Offenbar wirkt die derzeitige wirtschaftliche Lage mit hoher Inflation sowie steigenden Kosten bei Energie und Personal abschreckend auf potenzielle Investoren. Hinzu kommt: Wegen des Fachkräftemangels können viele Einrichtungen nicht die angestrebte Belegungsquote erreichen.“
Insgesamt hat sich die finanzielle Lage vieler Betreiber verschlechtert, sodass es im Jahr 2023 zu weiteren Insolvenzen und Restrukturierungen kommen wird – obwohl der Pflegebedarf nach wie vor hoch ist. Zurückhaltung zeigt sich auch im Bereich der Pflegeimmobilien, insbesondere in der zweiten Jahreshälfte 2022. Die Zahl der Transaktionen ist gegenüber dem Vorjahr um sechs auf 36 Transaktionen gesunken.
„Dennoch gehen wir davon aus, dass der Bedarf an Pflegeimmobilien aufgrund des demografischen Wandels weiter steigen wird und die Assetklasse für Investoren attraktiv bleibt.“
Im Bereich Telemedizin ist trotz aller zweifelsohne bestehenden Potenziale etwas „Ernüchterung“ eingetreten: Ein Teil der Anbieter von digitalen Gesundheitslösungen hat sich vom deutschen Gesundheitsmarkt zurückgezogen, weil sich dieser zu langsam entwickelt, zum Beispiel das schwedische Online-Gesundheitsunternehmen Kry. Während die Pandemie der Digitalisierung von Gesundheit einen regelrechten Schub verliehen hat, schauen die Unternehmen jetzt genauer hin. So ist die Zahl der Transaktionen 2022 nur leicht von fünf auf acht gestiegen.
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