Nur jede:r Fünfte findet, dass die Gesundheitsversorgung sehr gut auf das eigene Geschlecht abgestimmt ist / Bei 45 Prozent der Patient:innen kommen Gender-Aspekte in der Behandlung nicht zur Sprache / Die Verunsicherung beim Thema ist groß, nicht einmal jede:r Zweite kennt den Begriff Gendermedizin / Mehrheit fordert, dass der Gesetzgeber klare Vorgaben machen sollte und Gendermedizin in der Lehre verankert wird
Düsseldorf, 3. Mai 2024
Frauen sind anders krank, Männer auch. Doch dieser Unterschied ist im medizinischen Versorgungsalltag noch nicht angekommen: Lediglich zehn Prozent der Patient:innen werden in ärztlichen Gesprächen zuverlässig immer darauf aufmerksam gemacht, dass es geschlechterspezifische Gesundheitsfaktoren gibt, Frauen und Männer etwa unterschiedlich auf Medikamente ansprechen oder verschiedene Krankheitssymptome zeigen. Bei 45 Prozent wird das gar nicht zum Gesprächsgegenstand gemacht, bei 36 Prozent geschieht dies manchmal. Nur jede:r Fünfte findet entsprechend, dass die Versorgung in der Arztpraxis oder im Krankenhaus sehr gut auf das eigene Geschlecht abgestimmt ist. Beim Thema Gendermedizin, der geschlechterspezifischen oder -sensiblen Gesundheitsversorgung, ist der Aufklärungsbedarf in der Bevölkerung ebenso hoch wie die Verunsicherung. Das sind zentrale Ergebnisse einer repräsentativen Befragung der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC unter rund 1.000 Bürger:innen.
„Das biologische Geschlecht hat – ebenso wie soziokulturelle Einflüsse – großen Einfluss auf die Gesundheit von Menschen. Kurz: Das Geschlecht macht den Unterschied, auch und gerade in der Medizin. In der Forschung geht man mittlerweile davon aus, dass etwa 13 bis 15 Prozent der Gesundheit auf Aspekte von Geschlecht und Gender zurückzuführen sind. Das spiegelt sich noch nicht angemessen im Versorgungsalltag wider. Doch wenn wir uns eine individualisierte Medizin wünschen, dürfen wir diese Aspekte keinesfalls vernachlässigen.“
Darauf muss sich die Medizin künftig in Prävention, Diagnose und Behandlung einstellen. In der Praxis besteht beim Thema Gendermedizin allerdings noch Nachholbedarf, wie die Studie zeigt: So sagen 30 Prozent, dass die medizinische Versorgung nicht angemessen auf das eigene Geschlecht abgestimmt ist. Hingegen finden 21 Prozent, dass sich die Behandlung optimal an ihrem Geschlecht orientiert, und 50 Prozent bejahen dies zumindest teilweise. Frauen werten das noch leicht kritischer als Männer.
„Diese Zahlen zeigen, dass die geschlechtersensible Medizin zwar prinzipiell ins Bewusstsein gerückt, aber noch nicht zum Standard bei Diagnose und Behandlung geworden ist. Noch immer wird bei Frauen ein Herzinfarkt später diagnostiziert, noch immer werden psychische Erkrankungen bei Männern später erkannt, noch immer orientiert sich die Forschung vorwiegend am männlichen Geschlecht. Damit sind Gesundheitsgefahren verbunden, die vermeidbar wären.“
Sowohl in Forschung und Lehre als auch in der Aufklärung der Bevölkerung ist es notwendig, dem Thema Gendermedizin mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Gerade unter Patient:innen ist mit dem Begriff noch viel Unsicherheit verbunden. Lediglich 38 Prozent wissen, dass sich hinter dem Begriff die geschlechterspezifische Erforschung und Behandlung von Krankheiten verbirgt. 20 Prozent können gar nichts mit dem Begriff anfangen und 34 Prozent vermuten dahinter die Diskrepanz zwischen dem biologischen Geschlecht und der Geschlechtsidentität. Entsprechend unsicher sind die Befragten, wenn es um die individuellen Krankheitsrisiken, wie Herzinfarkt- oder Suizidrate unter Frauen und Männern geht.
Auch wenn viele Menschen unsicher bei dem Begriff sind – die Berücksichtigung von Genderaspekten in Forschung, Prävention und Behandlung halten sie für wichtig, wie 41 Prozent bestätigen. Gerade unter diesem Aspekt oder weil sie wenig Informationen zum Thema finden, wünschen sich insgesamt 68 Prozent der Befragten mehr Informationen zu geschlechterspezifisch zugeschnittenen Behandlungen. Nur 24 Prozent sagen, dass sie sich bereits ausreichend aufgeklärt fühlen.
Offenbar haben die Befragten aber wenig Vertrauen, dass die geschlechterspezifisch zugeschnittene Behandlung von allein Einzug in den Versorgungsalltag hält. Vielmehr wünscht sich die Mehrheit mit 54 Prozent, dass der Gesetzgeber dazu klare Vorgaben macht. Ebenso findet die Hälfte, dass die geschlechtersensible Medizin zum Bestandteil der medizinischen Ausbildung werden sollte.
„Mit der Ankündigung im Koalitionsvertrag, die Gendermedizin zu stärken, und verschiedenen Projekten ist die Gesundheitspolitik erste Schritte gegangen. Jetzt ist es notwendig, die geschlechtersensible Medizin auch konsequent in Lehre und Weiterbildung zu verankern und die Geschlechterunterschiede in der Forschung aufzuarbeiten.“
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