Die Deutschen wollen verteidigungsfähiger werden

13 Februar, 2024

Repräsentative Bevölkerungsbefragung von PwC Deutschland zur äußeren und inneren Sicherheit: Klare Mehrheit für bessere Verteidigungsfähigkeit / Großteil sieht Deutschland mit Zuwanderung überfordert – und blickt kritisch auf politisches Krisenmanagement

Frankfurt am Main, 13. Februar 2024

In Krisenzeiten setzen die Deutschen auf Sicherheit: 68 Prozent befürworten den Ausbau der Verteidigungsfähigkeit Deutschlands. Mehrheitlich positiv blicken die Deutschen außerdem auf die NATO und die Bundeswehr – knapp zwei Drittel finden allerdings, dass die im März 2022 angekündigte „Zeitenwende“ noch nicht umgesetzt worden ist. Dies und mehr ergab eine bevölkerungsrepräsentative Umfrage zur äußeren und inneren Sicherheit von der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland und Strategy&, der globalen Strategieberatung von PwC. Die aktuellen Ergebnisse vergleicht PwC auch mit den Ergebnissen einer vergleichbaren Befragung aus dem Sommer 2022.

Mehrheit sieht „Zeitenwende” noch nicht umgesetzt

Im März 2022, kurz nach Ausbruch des Kriegs in der Ukraine, hat Bundeskanzler Olaf Scholz eine „Zeitenwende“ für die Bundeswehr angekündigt. Durch sie soll mehr Geld, eine bessere Ausstattung und eine schnellere Einsatzbereitschaft der Bundeswehr sichergestellt werden. Die meisten Deutschen meinen, dass diese Zeitenwende aber noch nicht bei der Bundeswehr angekommen ist (63 Prozent).

„In der Befragung vom Sommer 2022 konnten wir feststellen, wie sehr die Bevölkerung unter dem Schock des russischen Überfalls auf die Ukraine stand und wie deutlich sich ein Sinneswandel in Verteidigungsfragen vollzog. Die Ergebnisse aus 2024 unterstreichen, dass die Menschen noch immer in großer Sorge sind und mehr Anstrengungen zur Stärkung der Sicherheit wünschen.“

Dr. Wolfgang Zink,Partner Public Sector Consulting bei PwC Deutschland und Teil des Autorenteams

Die dafür nötigen Investitionen hält die Mehrheit für notwendig: 57 Prozent befürworten die Absicht der Bundesregierung, künftig zwei Prozent oder mehr des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung zu investieren. 31 Prozent sehen dies kritisch. Die Frage, ob es sinnvoll sei, für den Ausbau der Verteidigung sogar die Schuldenbremse auszusetzen, spaltet die Deutschen: Für eine Aussetzung sprachen sich insgesamt 40 Prozent der Befragten (eher) aus; (tendenziell) dagegen waren 42 Prozent.

„Die Bevölkerung nimmt die Verschärfung der sicherheitspolitischen Lage augenscheinlich sehr ernst. Ihrem Wunsch nach einer stärkeren Verteidigungsfähigkeit sollte durch eine kraftvollere und schnellere Umsetzung der Zeitenwende nachgekommen werden. Dafür müssen politische Prozesse und Strukturen der Bundeswehr angepasst werden. Erfolge der Zeitenwende sind aber derzeit noch nicht ausreichend sichtbar.“

Dr. Germar Schröder,Partner und Leiter des Bereichs Öffentlicher Sektor bei Strategy& in Europa

Die Deutschen stehen überwiegend positiv zur NATO und zur Bundeswehr

In einer PwC-Befragung kurz nach dem Beginn des Kriegs in der Ukraine äußerten insgesamt 65 Prozent der Befragten eine positive Einstellung zur NATO. Aktuell sind es noch 52 Prozent – davon nannten 36 Prozent ein unverändert positives Bild des Verteidigungsbündnisses, und 16 Prozent gaben an, dass sie inzwischen ein positiveres Bild des Verteidigungsbündnisses hätten. Dem stehen insgesamt 30 Prozent gegenüber, die unverändert negativ bzw. negativer auf die NATO blicken.

Auch den Ausbau der Verteidigung an der NATO-Ostflanke, insbesondere mit der vorgesehenen deutschen Kampfbrigade in Litauen, halten insgesamt 58 Prozent für (eher) notwendig. Und nach ihrer Einstellung zur Bundeswehr befragt, äußerten sich insgesamt 45,5 Prozent positiv. Im Jahr 2022 nahmen 54 Prozent die Bundeswehr positiv wahr.

„Die Einstellung der Bevölkerung gegenüber der NATO und der Bundeswehr ist mehrheitlich positiv, wenngleich die positive Haltung gegenüber 2022 etwas rückläufig ist.“

Dr. Nils Förster,Partner bei Strategy& Deutschland

Das überrasche nicht. Denn: „Weltanschauungen sind mittel- und langfristig recht stabil, Änderungen sind meist anlassbezogen.” Dr. Germar Schröder von Strategy& ergänzt: „Die Ergebnisse zeigen für mich auch: Die Bevölkerung trägt das Engagement grundsätzlich mit, vermisst aber offenbar das angekündigte Deutschlandtempo.”

Bevölkerung sieht langfristige Widerstandsfähigkeit der Ukraine skeptisch

Bei der Frage, ob sich die Ukraine mit der Unterstützung des Westens erfolgreich gegen Russland behaupten kann, sind die Deutschen skeptisch: 39 Prozent sehen Chancen. 48 Prozent betrachten die langfristige Widerstandsfähigkeit der Ukraine (eher) skeptisch: Deutschland hat laut Bundesregierung im Jahr 2023 Waffen an die Ukraine im Wert von 5,4 Milliarden Euro geliefert  und will sein Engagement 2024 verdoppeln.  „Es ist enorm wichtig, der Bevölkerung solche Maßnahmen und auch deren Zusammenhänge immer wieder, mitunter auch besser, zu erklären, um das Verständnis zu erhöhen”, betont Dr. Germar Schröder.

Sehr skeptisch sind die Befragten im Hinblick darauf, dass die NATO und der Westen ihre Abschreckungspolitik gegenüber Russland unter einem wiedergewählten US-Präsidenten Donald Trump wie bisher fortsetzen würden: Lediglich sieben Prozent halten die USA diesbezüglich für verlässlich, 15,4 Prozent haben immerhin ein eher großes Vertrauen. Eine deutliche Mehrheit von 59,1 Prozent rechnet damit, dass die USA unter einer Präsidentschaft Trumps ihr Engagement für die Ukraine (deutlich) reduzieren würden.

Großteil sieht Deutschland mit Zuwanderung überfordert

Nicht nur die äußere Sicherheit beschäftigt die Deutschen: 69,5 Prozent glauben, dass sich auch die Sicherheitslage in Deutschland wegen des Kriegs im Nahen Osten verschärft hat, etwa durch Ausschreitungen im Zuge von Demonstrationen, durch Antisemitismus oder durch islamistische Anschläge. Vor diesen und ähnlichen Gefahren sieht sich etwa jede:r zweite Deutsche (52,1 Prozent) nicht hinreichend durch die Sicherheitsbehörden geschützt. 38,3 Prozent empfinden tendenziell ausreichenden Schutz. Dr. Wolfgang Zink kommentiert: „Die Bevölkerung nimmt sehr deutlich wahr, dass außenpolitische Krisen auch Folgen für das Zusammenleben in Deutschland haben. Sorgen in diesem Zusammenhang gilt es ernstzunehmen und glaubhaft zu adressieren.”

Eine große Mehrheit von 76,2 Prozent meint außerdem, Deutschland sei bereits heute mit der Zuwanderung in den aktuellen Dimensionen (tendenziell) überfordert. Und 81 Prozent sind dafür, die illegale Migration stärker einzudämmen; 11,5 Prozent sprachen sich dagegen aus. Entsprechend befürworten 76,5 Prozent verschärfte Kontrollen an den EU-Grenzen, um so illegal Einreisende und potenzielle Terroristen zurückzuhalten. Eher bzw. eindeutig gegen mehr Kontrollen sind 14,2 Prozent der Befragten.

Beinahe 7 von 10 kritisieren politisches Krisenmanagement

Überwiegend unzufrieden äußerte sich die Bevölkerung zur politischen Führung des Landes angesichts der vielen Krisen, vor allem mit Blick auf die Coronapandemie, die Flutkatastrophe im Ahrtal und den Krieg in der Ukraine: Insgesamt 68,7 Prozent hielten die Führung für eher (31 Prozent) oder gar nicht gut (37,7 Prozent). Eher bzw. sehr zufrieden äußerten sich 22,7 Prozent. Entsprechend gering ist das Vertrauen in die Robustheit Deutschlands gegenüber Krisen im Inneren: Eher bzw. sehr geringes Vertrauen haben 60,6 Prozent der Befragten, (sehr) großes Vertrauen haben 31,8 Prozent. Dr. Wolfgang Zink sagt: „Die Bevölkerung hat verstanden: Wir müssen als Gesellschaft resilient werden. Dazu gehört mehr als die militärische Verteidigung. Diesen Rückenwind aus der Bevölkerung gilt es jetzt zu nutzen.”

Über PwC:

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