14 Februar, 2024
52 Prozent der Deutschen zählen ihr Gesundheitswesen zu den Top-3-Systemen der Welt / Nur acht Prozent sind sehr zuversichtlich, dass Reformen das Gesundheitssystem verbessern / Für drei Viertel der Deutschen ist der Fachkräftemangel die größte Herausforderung / Die Bereitschaft ist hoch, Daten für die Forschung zu teilen / Bei der elektronischen Patientenakte (ePa) herrscht Unsicherheit
Düsseldorf, 14. Februar 2024
Die Gewissheit, dass Deutschland eines der besten Gesundheitssysteme der Welt hat, ist ins Wanken geraten – zumindest unter denen, die es betrifft: Nur noch 52 Prozent der Deutschen zählen ihr Gesundheitswesen zu den Top-3-Systemen der Welt. Gegenüber dem Vorjahr ist der Wert um fünf Prozentpunkte gesunken, gegenüber 2020 – zur Hochphase der Pandemie – sogar um 20 Prozent. Die Hoffnung, dass die geplanten Reformen im Gesundheitswesen daran etwas verändern können, ist nur schwach ausgeprägt: Lediglich acht Prozent sind sehr zuversichtlich, dass die Reformen das Gesundheitswesen voranbringen werden; 25 Prozent bezeichnen sich als eher zuversichtlich. Das sind wichtige Ergebnisse des „Healthcare-Barometers 2024“, einer repräsentativen Befragung der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland unter 1.000 Bürger:innen. PwC veröffentlicht die Befragung bereits zum zehnten Mal in Folge.
„Das Vertrauen der Deutschen in die Leistungs- und Reformkraft des Gesundheitssystem schwindet. Darin spiegelt sich die Unsicherheit in der deutschen Bevölkerung wider. Erfahrungen wie Engpässe in der Medikamentenversorgung, Fachkräftemangel und Ärztestreiks schüren die Unzufriedenheit. Auffällig ist, dass die Zuversicht unter jüngeren Menschen ausgeprägter ist als in der älteren Generation ab 55 Jahren. Offenkundig macht sich bei älteren Menschen eine Art Reformmüdigkeit bemerkbar.“
Ein wesentlicher Faktor für die Unzufriedenheit könnte die Personalknappheit sein, die im Bewusstsein der Öffentlichkeit angekommen ist: Drei Viertel der Deutschen zählen den Fachkräftemangel zu den größten Herausforderungen des Gesundheitswesens – weit vor der Sicherung der Versorgungsqualität (51 Prozent) und vor Defiziten im ländlichen Raum (47 Prozent). Gegensteuern lässt sich aus Sicht der Bevölkerung nur dann, wenn die Rahmenbedingungen in der Branche verändert werden, etwa durch höhere Gehälter.
Personalknappheit und Zeitdruck machen sich auch in der Bewertung der ärztlichen Behandlungen bemerkbar. Die Zufriedenheit mit der Behandlungsqualität ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich leicht gesunken und liegt aktuell bei 35 Prozent (Vorjahr: 37 Prozent). Der wesentliche Kritikpunkt: Ärzt:innen nehmen sich zu wenig Zeit, wie 40 Prozent bemängeln. Offenbar hat der Zeitdruck zugenommen, denn dieser Wert ist gegenüber dem Vorjahr um vier Prozentpunkte gestiegen. Weitere Kritikpunkte betreffen den Umgang mit den Patient:innen und die Öffnungszeiten der Praxen, die insbesondere Berufstätige bemängeln. Auswege könnten telemedizinische Sprechstunden sein, denn die Offenheit dafür ist groß: 72 Prozent würden sich den Weg zum Arzt gerne sparen und 57 Prozent würden auf jeden Fall Video-Sprechstunden nutzen.
Die Zufriedenheit mit der Krankenhausversorgung hingegen hat sich gegenüber dem Vorjahr minimal verbessern können und liegt aktuell bei 52 Prozent (Vorjahr: 51 Prozent). Damit haben sich die Werte wieder auf das Niveau vor der Covid19-Pandemie eingependelt. Mit der bevorstehenden Krankenhausreform wird auch eine stärkere Spezialisierung der Krankenhauslandschaft verbunden sein. Das ist ein Teil der Reform, den die Bürger:innen offenbar unterstützen. So wären 77 Prozent bereit, für einen komplexen oder aufwändigen Eingriff weite Strecken in Kauf zu nehmen.
„Wenn wir die Menschen bei den Reformbemühungen mitnehmen möchten, brauchen wir jetzt ein Zukunftskonzept für unsere Krankenhausversorgung, das den Namen wirklich verdient hat. Die wesentlichen Eckpfeiler: eine stärkere Verzahnung des stationären und ambulanten Sektors und die Schaffung von flächendeckenden Gesundheitsstandorten.“
Die höchsten Zufriedenheitswerte bringen die Bürger:innen den Krankenkassen entgegen. Diese können sich wie im Vorjahr mit 87 Prozent Zustimmung behaupten. Ähnliche viele Befragte bestätigen mit 83 Prozent, dass ihnen alle wichtigen Leistungen gewährt werden. Ebenso ist das Vertrauen in die Transformationskraft von Krankenkassen vergleichsweise hoch – mehr als die Hälfte halten sie in puncto Digitalisierung und Innovation für fortschrittlich.
„Die eigentliche Bewährungsprobe in Sachen Digitalisierung steht für die Krankenkassen aber noch aus: die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePa) ab Anfang 2025, in der alle Gesundheitsinformationen gebündelt sein werden.“
Ebenso wie die Krankenhäuser konnte auch die Pharmaindustrie während der Pandemiezeit einen Imagegewinn verbuchen. Ihr ist es gelungen, diesen Zuwachs zu halten: 31 Prozent bewerten sie als innovative Unternehmen, die einen Beitrag zur Heilung von Krankheiten leisten. Zum Vergleich: Im Jahr 2019 lag dieser Wert bei 19 Prozent. Die Erwartung an weitere Innovationen ist hoch – so erwarten 59 Prozent, dass die Unternehmen neue Medikamente entwickeln. Eine wichtige Rolle spielt auch die Herkunft der Produkte: 57 Prozent wünschen sich eine Produktion innerhalb Europas. „Offenbar spielt dabei auch die Erfahrung von Lieferengpässen auf dem globalen Markt eine Rolle, denn die Sorge um die mangelnde Verfügbarkeit von Arzneimitteln ist hoch, wie zwei Drittel der Menschen angeben“, sagt Roland Werner.
Ein Zukunftsfeld für Forschung und Entwicklung in der Gesundheitsbranche liegt im Einsatz von Daten. Das unterstützen die Bürger:innen: Acht von zehn wären bereit, persönliche Informationen zu teilen. Die Hälfte wünscht sich dazu aber eine Gegenleistung in Form eines Mehrwerts oder Entgelts. Den Datenschutz halten nur sechs Prozent für eine Herausforderung.
Eng verknüpft mit dem Datenschutz ist die elektronische Patientenakte (ePa). Beim ab 2025 geltenden Opt-Out-Verfahren, bei dem die Versicherten einer Nutzung ihrer Daten aktiv widersprechen müssen, herrscht allerdings noch großer Aufklärungsbedarf: Bisher unterstützen nur 35 Prozent das Verfahren uneingeschränkt.
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