01 November, 2018
Unternehmen, die zuvor im Besitz von Private-Equity-Investoren waren, entwickeln sich an der Börse deutlich besser als andere Parkettneulinge, zeigt die PwC-Analyse „European Private Equity IPO Report 2018“. Warum das so ist, erklären Nadja Picard, Leiterin des Bereichs Capital Markets, und Steve Roberts, Leiter Private Equity, im Interview.
Frau Picard, Herr Roberts, für den „European Private Equity IPO Report“ haben Sie mehr als 600 europäische Börsengänge seit Anfang 2009 ausgewertet. Eines der Ergebnisse lautet, dass sich der Aktienwert der insgesamt 243 Unternehmen, die zuvor im Besitz von Private-Equity-Fonds waren, seit dem jeweiligen Listing um 49,6 Prozent verbessert hat. Die übrigen 364 Firmen verbuchten hingegen Kurssteigerungen von „nur“ durchschnittlich 44,4 Prozent. Wie ist das zu erklären?
Steve Roberts: Das Ergebnis zeigt, dass die überwiegende Mehrzahl der Private-Equity-Investoren heutzutage völlig andere Ansätze verfolgt, als das teilweise vor der Finanzkrise der Fall war. Damals ging es vielen Fonds in erster Linie um eine kurzfristige Steigerung der Erträge.
„Heute hingegen richten Private-Equity-Investoren ihre Strategien darauf aus, die Portfoliofirmen langfristig zu stärken – auch wenn das bedeutet, erst einmal investieren zu müssen. Die Folge: Der reale Wert der Beteiligungen steigt, wovon nach dem Börsengang dann die neuen Eigentümer profitieren.“
Was allerdings auffällt: In den ersten Monaten nach dem Börsengang hingen die früheren Private-Equity-Beteiligungen den anderen Parkettdebütanten erst einmal hinterher.
Nadja Picard: Das stimmt. Einen Monat nach dem Börsenstart lagen die 243 Unternehmen, die sich zuvor unter dem Dach eines Finanzinvestors befunden hatten, im Schnitt nur 5,7 Prozent im Plus – während die anderen Firmen auf eine Wertsteigerung von 9,0 Prozent kamen. Auch nach sechs Monaten (11,6 Prozent gegenüber 13,7 Prozent) und sogar nach zwölf Monaten (16,9 Prozent gegenüber 20,9 Prozent) zeigte sich das gleiche Bild. Erst danach holten die ehemaligen Private-Equity-Beteiligungen langsam auf und ließen die übrigen Unternehmen schließlich hinter sich.
Warum starten die früheren Portfoliofirmen nicht sofort durch?
Picard: Offensichtlich schaffen es Private-Equity-Fonds besser als andere Eigentümer, einen angemessen IPO-Preis zu realisieren – was unmittelbar nach dem Börsengang dann erst einmal eine bescheidenere Performance zur Folge hat.
„Ich glaube, das hat vor allem damit zu tun, dass PE-Gesellschaften schon beim Kauf eines Unternehmens den späteren Exit im Blick haben. Entsprechend intensiv bereiten sie sich auf dieses Szenario vor und haben klare Vorstellungen, welchen Preis sie letztlich aufrufen können.“
Darüber hinaus verfügen Private-Equity-Manager meist über ein sehr gutes Verständnis, wie institutionelle Investoren auf ein Unternehmen schauen. Das wiederum berücksichtigen sie frühzeitig bei der strategischen Ausrichtung.
Ihre Studie ging auch der Frage nach, was mit den Erlösen passiert, wenn ein Private-Equity-Fonds ein Beteiligungsunternehmen an die Börse bringt. Was haben sie da herausgefunden?
Roberts: Unserer Auswertung zufolge landeten 54 Prozent der IPO-Einnahmen bei den PE-Gesellschaften, während 46 Prozent in die Unternehmen selber flossen. Diese wiederum verwendeten den größten Anteil in aller Regel, um Schulden zurückzuzahlen (40 Prozent). Nur in jeweils 8 Prozent der Fälle dienten die Mittel zur Expansion bzw. als Working Capital – und sogar noch weniger waren für Investitionen (3 Prozent) bzw. F&E (2 Prozent) reserviert. In meinen Augen bedeutet das aber nicht, dass die Unternehmen diese Bereiche vernachlässigen. Stattdessen werden die Mittel hierfür aus anderen Quellen generiert.
Nadja Picard ist Partnerin und leitet die Capital Markets Group von PwC Europa und Deutschland. Darüber hinaus ist sie Partnerin im PwC International IPO Centre. Sie verfügt über weitreichende Erfahrung in der Beratung von Unternehmen, die den Weg an den deutschen oder an internationale Kapitalmärkte suchen, von der frühen internen Vorbereitung bis zur Handelsaufnahme. Außerdem berät sie bei der externen Berichterstattung.
Steve Roberts leitet den Bereich Private Equity bei PwC Deutschland. Nachdem er acht Jahre für PwC in Großbritannien tätig war, wechselte er 2001 an den PwC Standort in Frankfurt. Als ausgewiesener Experte für grenzüberschreitende Transaktionen mit langjähriger, branchenübergreifender Erfahrung begleitet Steve Roberts sowohl Private Equity Investoren als auch Unternehmen – mal auf der Käufer-, mal auf der Verkäuferseite. Er ist seit 2005 Partner und zudem Mitglied des PwC Global Private Equity Bords.
Steve Roberts
Leiter Private Equity bei PwC Deutschland und auf EMEA-Ebene, PwC Germany
Tel.: +49 69 9585-1950