M&A-Insights: Verhaltenes Transaktionsgeschehen im 1. Halbjahr 2022

PwC-Studie 2022: Schwierige geopolitische Lage beeinflusst M&A-Markt in DACH-Region

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Steve Roberts

Steve Roberts
Private Equity Leader Germany & EMEA bei PwC Deutschland
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Geopolitische und wirtschaftliche Unsicherheit verpasst M&A-Aktivitäten einen Dämpfer

Im Vergleich zum 2. Halbjahr 2021 fanden im 1. Halbjahr 2022 weniger Fusionen und Übernahmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz statt. Die Anzahl der Transaktionen sank um 23,8 % von 1.884 auf 1.436. Der Transaktionswert fiel um 34,8 % von 107,4 auf 67,3 Milliarden Euro. Grund dafür waren die hohe Inflation, erschwerte Transaktionsfinanzierung und unterbrochene Lieferketten infolge des Russland-Ukraine-Kriegs, der eine Unsicherheit und Volatilität der Märkte bedingte. Trotz allem ist das Transaktionsvolumen höher als im 1. Halbjahr 2020 und den Jahren zuvor.

Insgesamt bleiben die Aussichten für M&A-Aktivitäten trotz widriger Umstände günstig. Eine Zunahme von Private-Equity-Deals ist zu erwarten aufgrund viel verfügbaren Kapitals. Die Pandemie hat bei Unternehmen zudem ein Bewusstsein für Veränderungen in den Bereichen Digitalisierung, ESG und Wertschöpfung geschaffen, welches das Transaktionsgeschehen maßgeblich antreibt.

Die Studie im Überblick

Konsumgüterindustrie prägt die Top-Deals in der DACH-Region

Das 1. Halbjahr 2022 war von mehreren großen Transaktionen in der Konsumgüterindustrie geprägt, die in Hinblick auf das Volumen rund 78 % der Top-10-Deals ausmachen. Dazu gehören vor allem die Übernahme des Schweitzer Aromen- und Duftstoffherstellers Firmenich International SA durch den niederländischen Chemiekonzern Koninklijke DSM NV für 19,3 Milliarden Euro und die Übernahme der globalen Lotteriekette Allwyn Entertainment AG durch den Finanzinvestor Cohn Robbins Holdings Corp für 6,5 Milliarden Euro. Hintergrund dieser Aktivitäten sind Konsolidierungen und Umstrukturierungen, die auf veränderte Vorlieben der Verbraucher zurückzuführen sind. Dazu gehören unter anderem  die steigende Bedeutung nachhaltiger Produkte und der anhaltende Siegeszug des Online-Handels.

Deutschland verzeichnet höchstes Transaktionsvolumen und höchsten Transaktionswert 

Die meisten Transaktionen entfielen im 1. Halbjahr 2022 mit 1.061 von 1.436 auf Deutschland – ein Anteil von 73,9 %. Österreich verzeichnete 104 und die Schweiz 271 Deals. Auch im Hinblick auf den Transaktionswert lag Deutschland mit 42,7 % vorne.

Höchste Transaktionsdichte im Segment Technologie, Medien und Telekommunikation

Fast ein Drittel der Transaktionen im 1. Halbjahr 2022 entfiel auf das Segment Technologie, Medien und Telekommunikation. Den zweiten Platz in Hinblick auf das Volumen belegt Industrielle Fertigung und Automotive mit 23,6 %. Treiber dieser Entwicklung sind Digitalisierungsinitiativen, der Fokus auf ein verändertes Verhalten der Verbraucher wie z.B. das steigende Interesse an alternativen Kraftstoffen sowie die Unterbrechung bzw. die Veränderung der Lieferketten und in Folge die Umstrukturierung von Unternehmen.

Wirtschaftliche Unsicherheit sorgt für Zurückhaltung bei den Mega-Deals 

Im Vergleich zum vorherigen Halbjahr sank die Anzahl der Deals im 1. Halbjahr 2022 in allen Größensegmenten. Vor allem sehr große Transaktionen mit einer Höhe von mindestens einer Milliarde Euro waren stark rückläufig. Ihre Anzahl sank von 22 im 2. Halbjahr 2021 auf 9 im 1. Halbjahr 2022. Die geopolitische  Unsicherheit durch den andauernden Ukraine-Krieg und die wirtschaftlichen Sanktionen, die sich negativ auf die Rohstoff- und Energiepreise und Lieferketten auswirken, sorgen dafür, dass große Transaktionen zurückgestellt wurden. Der Anteil mittelgroßer Deals zwischen 50 und 250 Millionen Euro stieg von 5,7 % des gesamten Transaktionsgeschehens im 1. Halbjahr 2021 auf 6,2 % in der ersten Jahreshälfte 2022. Kleine Transaktionen unter 50 Millionen Euro blieben in diesen Zeiträumen auf einem vergleichbaren Niveau.

M&A-Aktivitäten in den einzelnen Ländern

Deutschland

Weiterhin hohe M&A-Aktivität im Bereich Technologie, Medien und Telekommunikation

Im Vergleich zum 2. Halbjahr 2021 sank die Zahl der Transaktionen in Deutschland in der ersten Jahreshälfte 2022 um 25 %. Der Russland-Ukraine-Krieg, die Sanktionen und die dadurch explodierenden Energiepreise, hohe Inflation und Unterbrechungen der Lieferkette wirken sich negativ auf M&A-Aktivitäten aus. Obwohl das Transaktionsvolumen im Bereich Technologie, Medien und Kommunikation von 445 Deals im 2. Halbjahr 2021 auf 374 im 1. Halbjahr 2022 zurückging, zeigte der Sektor ein nennenswertes Transaktionsgeschehen. Der Transaktionswert stieg um 7,6 %. In naher Zukunft ist ein höheres Transaktionsvolumen zu erwarten – u.a. aufgrund von „Distressed Assets“ und dem zunehmenden Fokus auf ESG-konforme Geschäftsmodelle.

Österreich

Regierung fördert ESG-orientierte M&A-Aktivitäten

Auch in Österreich sind die Auswirkungen des Russland-Ukraine-Kriegs auf den M&A-Markt deutlich sichtbar. Die Zahl der Fusionen und Übernahmen sank im ersten Halbjahr 2022 im Vergleich zum vorherigen Halbjahr um 17,5 %. Die Transaktionswerte gingen um 2,4 % zurück. Besonders betroffen waren die Konsumgüterindustrie sowie der Bereich Industrielle Fertigung und Automotive, die einen Rückgang um 26 % bzw. 27 % verzeichneten. Mit dem Auslaufen der Hilfsprogramme zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie steigt voraussichtlich die Zahl der Fusionen und Übernahmen von Unternehmen in Notlagen. Ein Anstieg des Transaktionsgeschehens ist außerdem durch ESG-orientierte M&A-Aktivitäten zu erwarten, die von der österreichischen Regierung durch mehrere Initiativen gefördert werden.

Schweiz

Konsolidierungen in Konsumgüterindustrie prägen den M&A-Markt

Die Schweiz verzeichnete im 1. Halbjahr 2022 einen Rückgang des Transaktionsvolumens um 21 %. Die Anzahl der Deals sank von 342 im vorangegangenen Halbjahr auf 271. Der Gesamtwert der Transaktionen stieg jedoch um etwa ein Viertel. Grund dafür waren zwei Deals in Höhe von über 5 Milliarden Euro, die durch Konsolidierungen in der Konsumgüterindustrie motiviert waren. Der Sektor Technologie, Medien und Telekommunikation wies mit 29 % des gesamten Transaktionsvolumens die meisten Transaktionen auf. Wie sich die Transaktionsaktivität in der Schweiz weiterentwickelt, ist ungewiss. Die Regierung forciert eine stärkere Kontrolle ausländischer Investitionen, die sich negativ auf M&A-Aktivitäten auswirken könnten.

„Die Unsicherheiten aufgrund der geopolitischen Lage haben M&A-Aktivitäten in der DACH-Region einen Dämpfer verpasst. Dennoch bleibt das Transaktionsvolumen hoch – vor allem im zukunftsgerichteten Technologiesegment.“

Steve Roberts,Private Equity Leader Germany & EMEA, PwC Deutschland

Die Methodik

Dieser Report stellt eine Analyse der Transaktionsaktivitäten ausländischer und deutscher Investoren dar. Die der Analyse zugrunde liegenden Daten stammen von Unquote und Mergermarket und umfassen alle in den jeweiligen Jahren angekündigten Deals, bei denen das Zielunternehmen aus Deutschland, Schweiz oder Österreich stammt.

Unsere Analyse berücksichtigt alle Zusammenschlüsse, Unternehmenskäufe und -verkäufe, Leveraged Buyouts, Spin-offs, Privatisierungen und Übernahmen von Minderheitsanteilen, die zwischen dem 1. Januar 2022 und dem 30. Juni 2022 angekündigt wurden, mit Ausnahme derjenigen Deals, die in der Zwischenzeit abgesagt oder abgebrochen wurden.

Die Inhalte dieser Publikation sind zur Information unserer Mandanten bestimmt. Sie entsprechen dem Kenntnisstand der Autoren zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Für die Lösung einschlägiger Probleme greifen Sie bitte auf die in der Publikation angegebenen Quellen zurück oder wenden sich an die genannten Ansprechpartner. Meinungsbeiträge geben die Auffassung der einzelnen Autoren wieder. In den Grafiken kann es zu Rundungsdifferenzen kommen.

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Leiter Private Equity bei PwC Deutschland und auf EMEA-Ebene, PwC Germany

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