Interview: „Deutschland steht bei den europäischen Private-Equity-Häusern 2020 ganz oben auf der Liste.“

24 Februar, 2020

Der europäische Private-Equity-Markt blieb 2019 auf sehr hohem Niveau – bei der Anzahl der Deals waren es sogar mehr als im Rekordjahr 2018. Das zeigt der aktuelle „Private Equity Trend Report 2020“ der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC).

Vor allem die Zahl der Buyouts hat im vergangenen Jahr zugelegt. Woran das liegt und welche weiteren Entwicklungen die Branche prägen, erklärt Steve Roberts, Leiter Private Equity bei PwC Deutschland.

Herr Roberts, 262,1 Milliarden Euro Volumen bei europäischen Private-Equity-Transaktionen 2018; 2019 waren es 260 Milliarden Euro Volumen, bei der Deal-Anzahl gab es sogar einen deutlichen Zuwachs von 16 Prozent. Die Rede vom „Private Equity Boom“ wirkt da kaum noch zeitgemäß. Oder?

Steve Roberts: Richtig, Private Equity ist inzwischen auch in Europa Normalität. Das Niveau der Transaktionen mit PE-Beteiligungen ist seit 2013 konstant hoch. 2019 haben wir das Boomjahr 2018 bei der Menge der Deals deutlich übertroffen, bei den Buyouts waren es sogar 26 Prozent mehr als im Vorjahr. Das ist absolut fantastisch!

Welche Folgen hat das für die europäischen Finanzinvestoren?

Roberts: Eine Mehrheit von knapp zwei Dritteln berichtet in unserer Befragung von spürbar härterem Wettbewerb um attraktive Übernahmeziele. Hinzu kommt, dass die Menge an „Dry powder“, an nicht-investiertem Kapital, nach wie vor sehr groß ist – und damit auch der Anlagedruck der Investoren. Das treibt die Preise noch mehr in die Höhe – die Multiplikatoren steigen stetig.

Was ist noch zu erwarten?

Roberts: Die meisten Finanzinvestoren rechnen damit, dass es in den nächsten drei Jahren deutlich mehr PE-Häuser in Europa geben wird – 65 Prozent der von uns befragten Investoren halten einen Anstieg für realistisch. Das liegt an der zunehmenden Verfügbarkeit von Kapital und der kontinuierlich steigenden Bereitschaft der Investoren, mehr Kapital in Private-Equity-Fonds zu investieren. 

„Das zeigt aber vor allem, dass Private Equity die Erwartungen der Investoren mehr als erfüllt. Untersuchungen und Studien zufolge ist Private Equity die am besten performende Anlageklasse – und übertrifft alle öffentlichen Märkte.“

Müssen Investoren jetzt mit höheren Preisen und sinkenden Renditen rechnen?

Roberts: Normalerweise wäre das die logische Folge gestiegenen Wettbewerbs, ja. Aber der zunehmend härtere Kampf um Übernahmeziele führt dazu, dass sich die PE-Häuser ambitionierte Pläne und Ziele für die gekauften Unternehmen setzen und diese in der jeweils festgelegten Haltedauer auch erfüllen.

Wie kann dies denn gelingen?

Roberts: Operative Verbesserungen sind noch wichtiger geworden – zwei von drei der befragten Investoren sagen, dass deren Einfluss auf die Equity Stories der Unternehmen in den vergangenen drei Jahren gestiegen ist. Die Digitalisierung von Geschäftsmodellen und -bereichen hat ebenfalls eine unterstützende Wirkung und gewinnt zunehmend an Bedeutung. Attraktive Renditen sind daher immer noch möglich und auch notwendig.

Die Exits sind 2019 in Europa auf demselben niedrigen Niveau wie 2018 geblieben, es waren jeweils weniger als 1000. Gestiegen sind vor allem Zahl und Volumen der Buyouts. Wie kommt das?

Roberts: Die Zahl an großen und Mega-Deals steigt immer mehr. Im vergangenen Jahr gab es 47 Transaktionen über einer Milliarde Euro und 34 Deals zwischen 500 Millionen und einer Milliarde Euro Transaktionswert, mehr als im Boomjahr 2018. Interessant ist, dass dabei die Zahl der Take-private-Deals zugelegt hat – der private Markt ist vergleichsweise teuer, der öffentliche Markt ist öfter von Turbulenzen politischer oder anderer Natur betroffen. Diese Volatilität führt häufig zur Unterbewertung, weshalb der öffentliche Markt stärker in den Fokus der Investoren gerückt ist.

Blicken wir einmal auf den Brexit, der nach jahrelangem Ringen beschlossene Sache ist. Verliert die Europäische Union dadurch an Attraktivität für Finanzinvestoren?

Roberts: Nein. Die von uns befragten Finanzinvestoren sehen dies eher für Großbritannien. Das meinen sechs von zehn der befragten Investoren. Für die übrigen EU-Staaten rechnen sie überwiegend damit, dass der Brexit keine schwerwiegenden Folgen hat. Im Gegenteil.

Können Sie das bitte näher erläutern?

Roberts: Fast ein Drittel der europäischen Finanzinvestoren meint, die übrigen EU-Staaten würden durch den Brexit eher noch attraktiver für PE-Investitionen. Vor allem Deutschland steht bei den Investoren für 2020 ganz oben auf der Liste.

Das überrascht. Schließlich ist der deutsche PE-Markt doch insgesamt relativ klein …

Roberts: Das ist richtig, die Märkte in Großbritannien und Frankreich sind deutlich größer. Allerdings ist in Deutschland eine deutlich veränderte Haltung zu Private-Equity-Investments spürbar. Das betrifft vor allem den nach wie vor sehr starken Mittelstand, hier gibt es viele Unternehmen mit extrem hoher Branchenexpertise. 

„Während die Märkte in Großbritannien und Frankreich schon sehr reif und gesättigt sind, birgt Deutschland noch sehr viel Potential. Die europäischen Investoren rechnen sich deshalb besonders in Deutschland hohe Chancen auf langfristige Investments aus.“

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Steve Roberts

Steve Roberts

Leiter Private Equity bei PwC Deutschland und auf EMEA-Ebene, PwC Germany

Tel.: +49 69 9585-1950

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