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Christiane Conrads
Partner und Global Real Estate ESG Leader bei PwC Deutschland
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Die Bau- und Immobilienwirtschaft ist einer der Hauptverursacher des Artensterbens und der Zerstörung natürlicher Ökosysteme, insbesondere durch ihre Flächenversiegelungen und ihren Ressourcenverbrauch. Allein in Deutschland werden täglich etwa 30 Hektar Boden mit Asphalt, Beton oder Pflastersteinen bebaut, um neue Wohn- und Gewerbegebiete, Straßen und Parkplätze zu schaffen. Die Folge: Im urbanen Raum wirkt sich der Biodiversitätsverlust bereits massiv aus und ist deutlich spürbar.
Ohne die Immobilienwirtschaft wird die Umkehrung des Biodiversitätsverlusts nicht möglich sein. Die PwC-Studie „Biodiversität: Ein unterschätztes Thema in der Immobilienwirtschaft?“ nennt Risiken und Chancen von Biodiversität im urbanen Raum und zeigt zahlreiche Maßnahmen auf, die wirksam zum Erhalt der biologischen Artenvielfalt und ihrer Ökosysteme beitragen können. Bereits einfache Maßnahmen wie die Entsiegelung von Flächen, das Anlegen von Sickermulden, die Begrünung von Fassaden und strukturreiche Grünflächen können Biodiversität im urbanen Raum fördern und den Wert von Immobilien steigern.
Obwohl die Bedeutung von Biodiversität für die Immobilienwirtschaft wächst und die Branche dies auch zunehmend erkennt, wird das Thema strategisch bislang kaum berücksichtigt. Dafür fehlen auch regulatorische Guidelines und Vorgaben.
„Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Immobilienwirtschaft künftig aus der Verantwortung genommen wird. Bereits jetzt ist eine Tendenz zur Verschärfung der Vorschriften erkennbar. Außerdem muss sich die Immobilienwirtschaft mit zunehmendem Biodiversitätsverlust zunehmend mit verschiedenen Risikofaktoren auseinandersetzen. Gleichzeitig können hierbei Wertsteigerungspotenziale identifiziert und nutzbar gemacht werden.“
Seit 2009 würdigt der Immobilien Manager Verlag die besten Immobilienprojekte, Deals, Dienstleistungen und Köpfe der Immobilienwirtschaft. Wir freuen uns darüber in diesem Jahr mit unserer Studie „Natur ist unser Kapital“ für den immobilienmanager Award nominiert zu sein!
Mehr als 80 Prozent der befragten Experten der deutschen Immobilienwirtschaft erklären, dass Biodiversität im urbanen Raum ein sehr wichtiges Thema für die Branche ist. Der Großteil der Befragten erwartet zudem, dass die Bedeutung künftig noch steigen wird. Vor allem, wenn Themen wie die Dekarbonisierung oder die Energiekrise soweit bewältigt wurden, dass auf der Agenda Platz für neue Themen ist.
Trotz des dringenden Handlungsbedarfs ergreift die Immobilienwirtschaft bislang nur wenige Maßnahmen, um den laufenden Biodiversitätsverlust zu begrenzen. Für die Mehrzahl der Befragten (54 %) spielt Biodiversität im täglichen Geschäft bislang eine untergeordnete bis gar keine Rolle.
Als Haupthindernis für die Implementierung von Maßnahmen zum Schutz von Biodiversität auf Gebäudeebene nennen 86 Prozent entgegenstehende Mieterinteressen. Demnach können die Anlage einer Wildblumenwiese oder das Liegenlassen von Totholz zu Beschwerden und Unzufriedenheiten der Mieter führen. Daher sollten solche Projekte bereits im Vorfeld offen kommuniziert werden. Grundsätzlich sollten bei den möglichen Maßnahmen zum Erhalt von Biodiversität die Besonderheiten von Gebäude und Standorten berücksichtigt werden. Je nach Objekt und geplanter Maßnahme können verschiedene Aspekte wie Statik, Brandschutz, aber auch Denkmalschutz und Architektenurheberrechte relevant werden.
Kosten und nicht erkennbare Wertsteigerungen (jeweils 43 %) sind ebenfalls wesentliche Hemmschwelle, um Maßnahmen bei Immobilien zum Erhalt von Lebensräumen, Arten und genetischer Vielfalt zu implementieren. Die geringe Berücksichtigung von Biodiversitätsstrategien in der Immobilienwirtschaft beruht vor allem auf einem häufig geringen Informationsstand zu Risiken und Chancen. Da Biodiversität kaum messbar ist und größtenteils KPIs zur Maßnahmenkontrolle fehlen, bleiben Zusammenhänge häufig unklar.
73 Prozent sehen vor allem den Gesetzgeber in der Pflicht, durch eine verbindliche Regulatorik die Bedeutung der Biodiversität in der Immobilienwirtschaft zu erhöhen. Zudem sind vorhandene Vorschriften zu wenig harmonisiert, kaum praxisorientiert und lassen keinen Auslegungsspielraum zu, was zu einer unterschiedlichen Rechtsanwendung führt.
Sowohl in der EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 als auch in dem Global Biodiversity Framework (GBF) wurden jedoch klare Vorgaben zur Begrenzung des Flächenverbrauchs festgelegt. Diese Ziele könnten verfehlt werden, wenn bestehende Vorschriften nicht nachgeschärft und zusätzliche verbindliche Vorgaben geschaffen werden. So dürften auch die Vorgaben der EU-Taxonomie für die Immobilienwirtschaft künftig verschärft werden. Zudem sollten die Anforderungen an die Berichterstattung weiter steigen. Im Rahmen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) müssen Unternehmen bereits offenlegen, wie sich ihre Geschäftstätigkeit auf die Biodiversität und Ökosysteme auswirkt. Die notwendigen Datengrundlagen dafür müssen allerdings noch geschaffen werden.
Der Verlust von Biodiversität erhöht die transitorischen, physischen, rechtlichen und systemischen Risiken für die Immobilienwirtschaft. So können Unwetter und extreme Niederschläge die Gebäudesubstanz schädigen und hohe Sanierungskosten nach sich ziehen. Auf dem Immobilienmarkt kann eine vernachlässigende Berücksichtigung von Biodiversitätsstrategien zur Verringerung der Immobilienqualität und unter Umständen auch zu einem Wertverlust der Immobilie führen.
Eine ganzheitliche Berücksichtigung möglicher Folgen eines Biodiversitätsverlustes auf die Umwelt, Gesellschaft und Unternehmensführung (ESG) bietet der Immobilienwirtschaft zahlreiche Chancen. Eine Nachhaltigkeitsstrategie trägt nicht nur dazu bei, potenzielle Risiken wie regulatorische Verstöße oder Greenwashing zu reduzieren. Vielmehr können Unternehmen dadurch langfristig wachsen.
Die ESG-Vermögenswerte im europäischen Immobilienmarkt haben sich seit 2015 mehr als verdoppelt – Prognosen zufolge dürfte der Aufschwung anhalten. Demnach haben Immobilien ein enormes Potenzial, zu einer erfolgreichen ESG-Strategie beizutragen. Das gilt für Immobilienunternehmen und Investmentgeschäfte in Immobilien ebenso wie für Niederlassungsgebäude von Firmen.
Zu den vier Grundprinzipien einer ganzheitlichen Transformation zählen:
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Wie kann die Transformation des Immobiliensektors zum Erhalt der Biodiversität beitragen? Schauen Sie sich die wichtigsten Ergebnisse unserer Studie im diesem Video an.
„Biodiversitätsfördernde Maßnahmen können eine Immobilie erheblich aufwerten. Auf dem Büroimmobilienmarkt steigt bereits die Nachfrage nach Objekten mit Biodiversitätskonzepten.“
Christiane Conrads,Partner und Global Real Estate ESG Leader bei PwC DeutschlandBiodiversität: Ein unterschätztes Thema in der Immobilienwirtschaft?
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Die Basis der Studie bildet eine umfangreiche Literatur- und Internetrecherche zum Thema Biodiversität. Zudem wurden im Oktober und November 2022 Interviews mit Projektentwicklern, Architekten und einer Stiftung für Nachhaltigkeit geführt. Unterstützung findet sie zudem von namhaften Vertretern des RICS und des WWF Deutschland. Eine Umfrage bei elf Stakeholdern und Asset Managern der deutschen Immobilienwirtschaft beleuchtet außerdem, wie das Thema Biodiversität aktuell im Tagesgeschäft berücksichtigt wird. Durch den Einbezug von Sprecher:innen großer Branchenakteure mit zahlreichen AUM (Assets under Management) sowie insgesamt weitgehenden Unternehmensstrukturen ist die Anzahl der Befragungen unserer Auffassung nach umfassend und repräsentativ.
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