05 Juli, 2019
Die Bundesregierung will die Digitalisierung des Planens und Bauens in der gesamten Wertschöpfungskette Bau vorantreiben. Diese Forderung steht auch im Koalitionsvertrag 2018: Building Information Modeling soll baldmöglichst bei allen neu zu planenden Verkehrsinfrastrukturprojekten zur Anwendung kommen.
Was das für die Baubranche bedeutet und worauf es bei der Einführung der digitalen Planungsmethodik ankommt, erläutern Rebekka Berbner und Christian Elsholz, PwC-Experten für das digitale Bauen, im Interview.
Das Thema BIM ist derzeit in aller Munde. Können Sie kurz erklären, worum es dabei geht?
Rebekka Berbner: BIM steht für Building Information Modeling, also das digitale Planen und Bauen von Projekten. Die BIM-Methodik stellt eine neue Art des Informationsaustauschs dar. Infrastrukturprojekte werden im ersten Schritt digital modelliert. Bevor die physische Infrastruktur entsteht, wird also ein digitaler Zwilling erzeugt. In der finalen Realisierungsstufe kann das Modell sowohl digital als auch real mit allen relevanten Informationen an den Betrieb übergeben werden. Das bringt viele Vorteile: Von einer höheren Kosten- und Terminsicherheit über die Reduktion von Risiken bis hin zu einer Verbesserung von Qualität und Arbeitsschutz.
Wieso hat das Thema einen solchen Schub bekommen?
Christian Elsholz: Die häufigen Kosten- und Zeitüberschreitungen in großen Infrastrukturprojekten quer durch Deutschland sorgen ja schon länger für Diskussionen über die Zuwendung öffentlicher Mittel und haben das Image der Baubranche negativ beeinflusst. Eine von der Bundesregierung eingesetzte Reformkommission zum „Bau von Großprojekten“ hat die BIM-Methodik in ihrem Abschlussbericht als geeigneten Ansatz beschrieben, um die strukturellen Defizite bei der Planung und Realisierung von Bauprojekten abzustellen. Im Koalitionsvertrag 2018 ist BIM sogar als Forderung festgehalten. Darin heißt es, dass die Bundesregierung die Digitalisierung des Planens und Bauens in der gesamten Wertschöpfungskette Bau vorantreiben will. BIM soll deshalb baldmöglichst bei allen neu zu planenden Verkehrsinfrastrukturprojekten zur Anwendung kommen.
Was bedeutet das für die Baubranche?
Berbner: Aus meiner Sicht vor allen Dingen eine riesige Chance. Das digitale Bauen ist eine hervorragende Gelegenheit, die Produktivität weiter zu steigern. Zum anderen bedeutet es aber auch einen Kulturwandel, der nicht von heute auf morgen gelingt. Auf diese Reise müssen die Unternehmen ihre Mitarbeiter mitnehmen und sie behutsam auf eine Technologie-gestützte und partnerschaftliche Zusammenarbeit vorbereiten.
Was sind aus Ihrer Erfahrung die kritischen Erfolgsfaktoren im BIM?
Elsholz: Um das digitale Bauen erfolgreich einzusetzen, braucht es weit mehr als nur eine Software. Alle Beteiligten müssen zuerst ihre Geschäftsprozesse und ihr Projektmanagement digitalisieren. Es müssen geeignete Konzepte entwickelt werden, um alle Projektpartner einzubinden. In den Projektteams sind sowohl Fähigkeiten und Kenntnisse in der IT gefragt, aber auch ein Verständnis für die Zusammenarbeit. Dafür sind eine Kultur der Veränderung und ein neues Rollenverständnis unentbehrlich. Nicht zuletzt müssen natürlich auch die technischen Voraussetzungen erfüllt sein: Eine integrierte IT-Infrastruktur, definierte technische Standards, ein gemeinschaftlicher Workflow sowie ein BIM-kompatibles Rahmenwerk für das Management.
An welchen Stellen können Sie mit Ihrem Team Unternehmen aus der Branche unterstützen?
Berbner: Wir unterstützen beispielsweise bei der Konzeption und Definition einer übergreifenden BIM-Strategie, führen einen Readiness-Check durch oder beurteilen den Reifegrad des digitalen Bauens. Aber natürlich leisten wir auch punktuelle Unterstützung bei der Initiierung von Projekten und der Umsetzung Leutturmprojekte oder Einführung digitaler Lösungen für abgegrenzte Probleme. Nicht zuletzt sind wir in der Lage, ein umfassendes BIM-Programm umzusetzen. Dabei übernehmen wir beispielsweise die Rolle des BIM-Koordinators oder leiten das BIM-Support-Büro.